Geschichte

Potsdam in den 1990er-Jahren: Eine fotografische Zeitreise

In den 1990er-Jahren war Potsdam noch eine etwas andere Stadt. Die einstige Residenzstadt der Hohenzollern hatte gerade erst die DDR-Zeit hinter sich gelassen. Grau und unsaniert war die Altstadt, viele Wohnungen standen leer, Industrieanlagen verfielen, und Hausbesetzungen gehörten zum Alltag. Längst ist die Hauptstadt von Brandenburg auf Vordermann gebracht und ein Magnet für Tourismus und Investitionen. Ein guter Grund für eine Zeitreise: Diese 12 Fotos zeigen euch, wie Potsdam in den 1990er-Jahren aussah.


Glienicker Brücke

Glienicker Brücke – Grenzübergang in die DDR, 1990. Foto: Imago/Rüttimann
Glienicker Brücke – Grenzübergang in die DDR, 1990. Foto: Imago/Rüttimann

Die Glienicker Brücke verbindet Berlin und Potsdam und ging in die Geschichte ein: als Ort, an dem feindliche Agenten während des Kalten Krieges ausgetauscht wurden. Sie gehört zu den schönsten und berühmtesten Berliner (und Potsdamer) Brücken überhaupt.

Bevor sie zur politischen Bühne zwischen Ost und West wurde, fungierte sie brav als Bindeglied für den Post-, Güter- und Personenverkehr zwischen Potsdam und Berlin. Und noch früher, im 18. Jahrhundert, beschritten Könige und Kurfürsten den ehemaligen „Holzweg“, um von Potsdam zu den Jagdgründen im Grunewald zu gelangen.


Gaststätte zur Ratswaage

Trabis und Wartburgs vor der Gaststätte zur Ratswaage in Potsdam, April 1990. Foto: Imago/Dieter Matthes
Trabis und Wartburgs vor der Gaststätte zur Ratswaage in Potsdam, April 1990. Foto: Imago/Dieter Matthes

Heute residiert das feine Restaurant Kochzimmer in der Gaststätte zur Ratswaage und serviert dort innovative Gerichte unter dem Schlagwort „neue preußische Küche“. 1990 sah die Sache noch anders aus. Das historische Haus aus dem 18. Jahrhundert verfiel, die Tür war eingeschlagen, die Fenster beschmiert. Die Wartburgs und Trabis sind auch von den Straßen verschwunden.


Baracke des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg

Potsdam in den 1990er-Jahren: Baracke des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg (ORB) in Potsdam, November 1991. Foto: Imago/Gueffroy
Baracke des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg (ORB) in Potsdam, November 1991. Foto: Imago/Gueffroy

Im Oktober 1991 wurde der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg, kurz ORB, gegründet. Die Zentrale befand sich in Potsdam. Diese Aufnahme vom November 1991 zeigt eine Baracke des ORB und davor aufgestapelte, seltsam antiquiert wirkende Requisiten.

Bis 2003 sendete der ORB aus Potsdam ein Radio- und Fernsehprogramm, dann fusionierten SFB und ORB zu der neuen Landesrundfunkanstalt RBB. Die Geschichte des Radios begann gar nicht so weit entfernt, vor rund 100 Jahren in Königs-Wusterhausen.


Holländisches Viertel in Potsdam in den 1990er-Jahren

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Sanierung im Holländischen Viertel, Februar 1993. Foto: Imago/Detlev Konnerth
Sanierung im Holländischen Viertel in Potsdam, Februar 1993. Foto: Imago/Detlev Konnerth

Mitte des 18. Jahrhundert ließ man das pittoreske Holländische Viertel in Potsdam im Zuge einer Erweiterung der preußischen Residenzstadt nach Plänen des niederländischen Architekten Jan Bouman errichten. Die behaglichen Häuser gelten heute als eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Potsdam und dienen oft als Drehort für Film und Fernsehproduktionen, etwa für die Actionserie „Homeland“ und die Comedyserie „jerks“.


Kolonie Alexandrowka

Holzhäuser in der russischen Kolonie Alexandrowka, Juli 1994. Foto: Imago/Herb Hardt
Holzhäuser in der russischen Kolonie Alexandrowka, Juli 1994. Foto: Imago/Herb Hardt

Neben dem Holländischen Viertel gibt es in Potsdam noch eine andere landestypische Enklave, die russische Kolonie Alexandrowka. Friedrich Wilhelm III ließ die „typisch russischen“ Fachwerkhäuser für Sänger eines Soldatenchors errichten. Die zwölf Häuser wurden lange von den Familien der ersten Eigentümer bewohnt, sie gehörten bis 1926 den Hohenzollern, anschließend wurden sie vom Militär verwaltet und befinden sich seit der Wende in Privatbesitz.


Plattenbauten in der Breiten Straße

Potsdam in den 1990er-Jahren: Obelisk umgeben von Neubauten in der Breite Straße, Juli 1995. Foto: Imago/Teutopress
Obelisk umgeben von Neubauten in der Breiten Straße, Juli 1995. Foto: Imago/Teutopress

Potsdam ist nicht nur Sanssouci, preußischer Glanz und bürgerliche Behaglichkeit. Auch der real existierende Sozialismus hat Spuren im Stadtbild hinterlassen. Das Neubaugebiet an der Breite Straße etwa ist ein Beispiel für den Einzug der Platte ins Potsdamer Stadtgebiet.

Nur der Obelisk ist alt, er wurde 1753 nach Plänen Georg von Knobelsdorff, einem der großen Baumeister Preußens, errichtet und ist das letzte historische Überbleibsel, das die Zerstörung des Neustädter Tors im Zweiten Weltkrieg überstanden hat.


Nikolaikirche am Alten Markt

Nikolaikirche am Alten Markt in Potsdam, 1995. Foto: Imago/Werner Otto
Nikolaikirche am Alten Markt in Potsdam, 1995. Foto: Imago/Werner Otto

Die Potsdamer nennen den von Karl Friedrich errichteten klassizistischen Sakralbau am Alten Markt am liebsten nur Nikolaikirche. Die Kirche St. Nikolai, wie sie offiziell heißt, prägt seit 1830 das Potsdamer Zentrum. Die sowjetische Artillerie zerstörte das Wahrzeichen in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges. Zwar begann der Wiederaufbau bereits in den 1950er-Jahren, dauerten aber sage und schreibe bis 1981. Gut zehn Jahre nach der Wende musste die Kirche erneut saniert werden.


Altstadt Potsdam mit Nauener Tor

Potsdam in den 1990er-Jahren: Altstadt Potsdam mit Nauenburger Tor, 1998. Foto: Imago/Hanke
Altstadt Potsdam mit Nauener Tor, Herbst 1998. Foto: Imago/Hanke

Landtag, Nikolaikirche, Rathaus, Alter Markt und Nauener Tor. Wer Potsdam besucht, kommt an den Sehenswürdigkeiten nicht vorbei. Das Foto zeigt die Potsdamer Altstadt in den späten 1990er-Jahren.


Verfallene Industrieanlage

Verfallene Industrieanlage an der Havel, 1997. Foto: Imago/Lem
Verfallene Industrieanlage an der Havel, 1997. Foto: Imago/Lem

Die DDR-Industrie lag nach dem Mauerfall am Boden, große Betriebe meldeten Konkurs an, die Fabriken waren oft nicht wirtschaftlich. Übrig blieben alte Anlagen, gewaltige Areale und spektakuläre Architektur, die entweder modernisiert oder für die eine neue Nutzung gefunden werden musste. Dieses Foto von 1997 zeigt eine verfallene Industrieanlage am Ufer der Havel.


Potsdam Nord

Potsdam in den 1990er-Jahren: Häuser im Norden von Potsdam, 1999. Foto: Imago/Hanke
Häuser im Norden von Potsdam, 1999. Foto: Imago/Hanke

Im Norden Potsdams findet man bis heute eine geradezu dörfliche Beschaulichkeit. Die kleinen Häuschen sind ein Idyll. Überhaupt sollte man sich auch jenseits der Altstadt und der berühmten Schlösser und Gärten umschauen: In Potsdam gibt es viele tolle Orte, die man in Berlin kaum kennt.

Trotz massiver Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten und zahlreicher Neubauprojekte, kann man überall in Potsdam noch spannende Ecken finden. Potsdam lässt sich sicherlich so wie Berlin auch experimentell entdecken, zum Beispiel indem man sich den Weg durch die Stadt erwürfelt.


Am Neuen Palais

Sanierungsarbeiten an Nebengebäuden des Neuen Palais in Potsdam, 1990. Foto: Imago/Herb Hardt
Sanierungsarbeiten an Nebengebäuden des Neuen Palais in Potsdam, frühe 1990er-Jahre. Foto: Imago/Herb Hardt

Potsdam ist natürlich für die prunkvollen Schlösser und Gärten berühmt – und das in der ganzen Welt. Wer nach Berlin kommt, will meistens auch das preußische Versailles sehen: Sanssouci und Neues Palais. Dem Glanz der vergangenen Jahrhunderte nachspüren, durch die Alleen und unter alten Bäumen lustwandeln und an kleinen Pavillons innehalten. Nach dem Mauerfall mussten die historischen Bauten, die zum UNESCO-Welterbe gehören, saniert werden. Das Bild zeigt die Situation im Sommer 1990.


Hauptstadt der Hausbesetzer

Potsdam in den 1990er-Jahren: Das besetzte Haus Villa in Potsdam, 1993. Foto: imago/Seeliger
Das besetzte Haus Villa in Potsdam, 1993. Foto: imago/Seeliger

So wie in Ost-Berlin direkt nach der Wende zahlreiche Häuser in Friedrichshain, Mitte und Prenzlauer Berg besetzt wurden, war auch Potsdam in den 1990er-Jahren ein Hotspot der linken Szene und galt zeiutweilig als die Hauptstadt der Hausbesetzer in Deutschland.

Nach der Wende standen schließlich in ganz Potsdam viele Häuser leer und wurden von Aktivisten, Künstlern und Hedonisten instandgesetzt und bewohnt. Ein berühmtes Hausprojekt war die Villa (Foto), doch insgesamt waren in den 1990er-Jahren in Potsdam bis zu 70 Häuser gleichzeitig besetzt.


Mehr Berlin verstehen

12 Fotos aus einer anderen Zeit: So sah Prenzlauer Berg in den 1980er-Jahren aus. Wie war es, in der DDR jung zu sein? Wir zeigen euch die Jugend in Ost-Berlin in 12 Fotos von FDJ über Punks zu Gruftis. Noch mehr Nostalgie? Wer in den 1980er-Jahren in Ost-Berlin gelebt hat, kennt diese 12 Dinge. Ihr lebt schon immer oder zumindest seit einer halben Ewigkeit im anderen Teil der Stadt? Diese 12 Dinge kennt jeder, der in West-Berlin der 1980er gelebt hat.

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