Der Potsdamer Platz hat sich in seiner Geschichte mehrmals vollständig verändert. Zunächst wurde er zum vornehmen Ort im Herzen der Stadt. Dann zum turbulenten Verkehrsknotenpunkt. Nach dem Krieg war er eine Trümmerwüste, eine Einöde mitten in der Großstadt. Und nach der Wende Europas größte Baustelle, auf der die berühmtesten Architekten der Welt ein neues Zentrum aus dem Nichts entstehen ließen. Der Potsdamer Platz im Wandel der Zeit: Wir nehmen euch mit auf eine Zeitreise in Bildern und Fotos.
Der Potsdamer Platz: Berlins Herzstück

Das alte Potsdamer Tor wurde um 1734 etwa an der Stelle errichtet, wo sich heute der Potsdamer Platz befindet. Im 18. Jahrhundert begann dort die Potsdamer Chaussee, die zu den wichtigsten Verbindungsachsen der preußischen Metropole gehörte. Ab 1831 bekam der bis dato „Platz vor dem Potsdamer Thor“ genannte Platz seinen heutigen Namen.
Anfänglich lag der Platz am Stadtrand, rückte aber in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit dem Bau des Potsdamer Bahnhofs immer weiter ins Zentrum der Stadt und gehörte seit der Reichsgründung 1871 zu den zentralen Verkehrsknotenpunkten Berlins.
Die pulsierende Stadt
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts siedelten sich immer mehr Büro- und Geschäftshäuser, Restaurants und Hotels am Potsdamer Platz an. Von besonderer Strahlkraft auf Besucher wie Einwohner gleichermaßen, war das Kaufhaus Wertheim.
Ab 1902 hielt zudem die erste U-Bahn-Linie an dem Platz, man konnte zum Zoologischen Garten oder bis nach Friedrichshain fahren. Das Tempo der Stadt beschleunigte sich, die Auswirkungen des rasenden Fortschritts machten sich hier früher als anderswo in der Stadt bemerkbar.
Potsdamer Zeit im Wandel: Tanz auf dem Vulkan
Nach dem Ersten Weltkrieg verwandelte sich der Potsdamer Platz in einen urbanen Moloch. Die Busse und Straßenbahnen, Fußgänger, der zunehmende Autoverkehr. Die Leute stiegen hier um, gingen einkaufen oder amüsierten sich in den Gaststätten und Varietés.
Ernst Ludwig Kirchner widmete dem Platz eines seiner berühmtesten Gemälde. Prostitution war allgegenwärtig, genauso wie die Kriminalität. Die Künstler trafen sich im Café Josty, das Aschinger-Großrestaurant bot Platz für 4000 Gäste, und der Architekt Erich Mendelsohn baute 1932 das moderne Columbushaus an den Platz.
Verkehr, Verkehr, Verkehr
Nach 1933 und der „Machtübernahme“ veränderte sich der Alltag, auch am Potsdamer Platz. Manche Künstler mussten ins Exil oder durften nicht mehr auftreten. Doch auch die Nazis hatten ein Interesse an einer funktionierenden Infrastruktur und setzten die Baupläne für einen unterirdischen S-Bahnhof fort, der 1939 eröffnet wurde. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges blieb der Platz einer der belebtesten Orte der Stadt.
Der Potsdamer Platz nach der Schlacht um Berlin
Nach den Luftangriffen und der finalen Schlacht um Berlin lag der Potsdamer Platz im Frühling 1945 in Trümmern. Nichts mehr erinnerte an das geschäftige Treiben. Nach der Teilung der Stadt lag der Platz wieder einmal am Rand, zwischen dem amerikanischen, englischen und sowjetischen Sektor.
Der Wiederaufbau erfolgte hier nur notdürftig, es wurde improvisiert und man konzentrierte sich vorerst auf andere Teile der Stadt. Die meisten Gebäude, die vom Krieg verschon wurden, standen leer. Kein Investor oder Bauherr, weder in Ost- noch in West-Berlin, interessierte sich für den einst prächtigen Standort.
Die Teilung der Stadt
Nach dem Mauerbau im August 1961 wurde der Potsdamer Platz von den Stadtverwaltungen aufgegeben. Die noch existierenden Gebäude wurden größtenteils abgerissen, selbst das legendäre Vox-Haus, das noch völlig intakt war, wurde 1971 gesprengt, weil sich keine Mieter dafür fanden. Die Mauer teilte den Platz, der bis zur Wende zu einem Unort wurde.
Der Potsdamer Platz als urbane Einöde
In West-Berlin war der Potsdamer Platzt eine urbane Einöde, von Pfützen und Schlamm durchsetztes Ackerland, auf denen in den 1980er-Jahren am Wochenende ein Flohmarkt stattfand, der übrigens erst in den Wendejahren „Polenmarkt“ genannt wurde.
Wim Wenders hielt die unwirkliche Stimmung des historischen Ortes in „Der Himmel über Berlin“, seinem vielleicht berühmtesten Film, fest. Zwar versuchte man auf der West-Seite mit der Wiedereröffnung des Martin-Gropius-Baus und der Errichtung der M-Bahn, den Platz etwas wiederzubeleben, aber ein neuer Wind wehte erst nach dem Mauerfall. Eine Musiklegende ließ sich von der Stimmung inspirieren: Wir blicken zurück auf David Bowies Zeit in Berlin.
Die Mauer fällt
Die berühmten Bilder vom Tag des Mauerfalls sind nicht am Potsdamer Platz entstanden, sondern einige hundert Meter weiter am Brandenburger Tor. Doch wenige Tage später wurde auch ein Grenzübergang am Potsdamer Platzt eingerichtet. Die Mauersegmente hat man kurzerhand rausgenommen, und auch auf der großen Brache begann die Stadt zusammenzuwachsen.
Roger Waters singt am Potsdamer Platz
1990 wusste noch niemand, was mit dem geschichtsträchtigen Platz passieren wird, auch wenn man es sich vielleicht hätte denken können, dass finanzkräftige Investoren den alten Standort im Herzen der Stadt wiederentdecken werden. Doch vorerst bat die Brache Platz für spektakuläre Shows.
Im Juli 1990 kam der englische Musiker und Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters (mittlerweile vor allem für sein Engagement für die antiisraelische BDS-Bewegung und weniger für seine Musik bekannt) nach Berlin und veranstaltete ein bombastisches Rockkonzert, das sich inhaltlich und musikalisch an dem Pink-Floyd-Album „The Wall“ (1979) orientierte und den Fall der Mauer und das Ende des Kalten Krieges feierte.
Der Potsdamer Platz als Europas größte Baustelle
Sehr schnell wurde klar, dass die Brache keine bleiben wird: Es begann ein Run auf die innerstädtischen Grundstücke. Potente Unternehmen wie Sony, Daimler und die Deutsche Bahn planten hier ihre Standorte, ein Casino, Luxus-Hotels und Filmpaläste sollten entstehen, daneben ein großes Einkaufszentrum, ein Filmmuseum und Gastronomie.
Die berühmtesten Architekten der Welt wurden beauftragt, den Platz „kritisch zu rekonstruieren“. Darunter Renzo Piano, Rem Koolhaas, Hans Kollhoff und Helmut Jahn. Das hat nur bedingt gut funktioniert, der Potsdamer Platz wurde nie zu dem lebendigen Ort, der er mal war. Die Architektur wirkte deplatziert, steril und zugleich kleinstädtisch und verängstigt, was zum Teil auch an den strikten Bauverordnungen des Berliner Senats lag.
Der Erbauer des Jüdischen Museums in Berlin, Daniel Libeskind, sagte einmal: „Der Potsdamer Platz ist ein Exempel dafür, dass man die besten Architekten der Welt engagieren kann und trotzdem nicht automatisch etwas Großartiges herauskommen muss“.
Die Berlinale zieht an den Potsdamer Platz
Eine Sache hat sich aber verändert, und obwohl der Platz wie ein UFO betrachtet wurde und man sich als Berliner höchstens mal in den Einkaufstempel „Potsdamer Arkaden“ verirrte, wurde der Potsdamer Platz die neue Heimat der Berlinale, und zumindest für zwei Wochen im Februar nahm und nimmt er wieder eine international gewichtige Rolle ein.
Nach Jahrzehnten am Ku’damm und den umliegenden Kinos im Westen der Stadt verlagerte das Filmfestival sein Epizentrum in das Theater am Potsdamer Platz, und mit den 75. Berliner Filmfestspielen kommen in der Nähe Spielstätten hinzu. Wir erinnern uns an besondere Momente der Berlinale im Wandel der Zeit. Und zur Festivalzeit lest ihr in unserer Berlinale-Rubrik alles Wichtige.
Was bringt die Zukunft?
Der Potsdamer Platz wurde weder ein atemberaubendes Stelldichein der modernen Architektur noch ein Berliner Manhattan mit Wolkenkratzern und dem Gefühl, man würde sich im Zentrum der Welt befinden. Irgendwie blieb alles etwas beschaulicher und langsamer als ursprünglich angenommen.
Ein Verkehrsknotenpunkt ist er wieder geworden, das schon, aber wie so oft in Berlin ist alles im Fluss. Die Potsdamer Arkaden sind zurück, heißen mittlerweile The Playce, aber dafür ist das Sony Center vorerst seinen offiziellen Namen los und heißt nur noch „Center am Potsdamer Platz“. Wie es unter dem doch recht spektakulären Dach in Zukunft weitergehen wird, sehen wir dann.
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Auch der Alexanderplatz ist berühmt: Eine fotografische Zeitreise ins turbulente Zentrum der Stadt. Hier widmen wir uns der Geschichte der Friedrichstraße sowie der Müllerstraße in Wedding und haben uns die historische Sonnenallee angeschaut. Außerdem haben wir die berühmteste Straße in Kreuzberg porträtiert: Viele Veränderungen hat die Oranienstraße erlebt – die Geschichte einer Straße. Immer spannende Texte über Berlins Vergangenheit lest ihr in unserer Geschichts-Rubrik.