Berliner Straßen

Rykestraße Berlin: 12 Fotos erzählen die Geschichte einer Sanierungswelle

Die Rykestraße im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg war nicht immer so prunkvoll, wie sie heute zu sein scheint. In den 90er Jahren fanden hier viele junge Kreative Zuflucht, die von leerstehenden Häusern und günstigen Mieten profitierten. Heute steht die Straße mitten im hochglanzsanierten Kollwitzplatz vor allem unter Kritik. Die Mieten sein zu teuer, die Menschen wohlhabend und soziale Schichten nicht durchmischt. Wir zeigen euch in 12 Fotos, wie sich die Rykestraße in Berlin mit den Jahren gewandelt hat und welche Wahrzeichen sie hat.


Ein sanierungsbedürftiger Berliner Stadtteil

Kohlenwagen in der Rykestraße im November 1986. Foto: imago images / Christian Thiel

Die Rykestraße entstand um 1862 auf Basis des Hobrecht-Plans und erhielt am 2. April 1891 in Gedenken an den von 1447 bis 1448 tätigen Berliner Bürgermeisters Bernhard Ryke ihren heutigen Namen. Die angrenzenden Grundstücke dienten Arbeitern und Dienstmädchen als preiswerte Unterkunft und verfügten meist nur über geringen Komfort. Zu NS-Zeiten boten die vielen verwinkelten Hinterhöfe und Wohnungen gute Verstecke für gesuchte Personen.

Eine Passantin mit Hund vor der Zentraldruckerei der Staatlichen Versicherung der DDR in der Rykestraße. Foto: imago images / Dieter Matthes

Buntes Leben hinter grauen Fassaden

Kleiner Junge spielt mit einem Fußball im Jahr, in dem Deutschland Fußballweltmeisterwurde, 1990. Foto: imago images / Dieter Matthes

Die Gebäude in der Rykestraße waren über die Jahre marode und unbewohnbar geworden. Viele der Wohnungen mussten noch mit Kohle beheizt werden und es gab in vielen Häusern nur Etagenklos für die Bewohner*innen. Zwar war die Straße im Zweiten Weltkrieg von vielen Luftangriffen verschont worden, jedoch kümmerte sich die Führung der DDR nur gering um die Sanierungen der Altbauten, sondern setzte auf neue Plattenbausiedlungen.

Viele der Häuser in der Rykestraße standen deshalb jahrelang leer und wurden von Punks und Querdenkern besetzt. Der Prenzlauer Berg galt als Szeneviertel für Künstler*innen und Student*innen und die Mieten waren hier besonders erschwinglich. Der Kiez lebte von dem ausgeprägten Nachtleben und seiner Vielzahl an Kneipen, Clubs und Cafés. Erst Anfang der 90er Jahre begannen große Sannierungsarbeiten und der Kiez begann sich zu wandeln.

Ein Bastler schraubt an einem Trabant 601 in der Rykestraße 1990. Foto: imago images / Dieter Matthes

Sanierungsgebiet Kollwitzkiez

Marodes Wohnhaus zwischen einer sanierten Fassade und einer Sanierungsbaustelle 2005 in der Rykestraße. Foto: imago images / Steinach

Aufgrund der schlechten Bausubstanz und des hohen Wohnungsleerstands wurde 1993 das Sanierungsgebiet Kollwitzplatz durch den Berliner Senat festgesetzt. Bis 2002 wurden die Hälfte aller Wohnungen in den Sanierungsgebieten modernisiert und es flossen etwa 131 Millionen Euro an öffentlichen Förderungen in das Projekt. 2009 hob der Senat die Sanierungssatzung auf, da die Sanierungsziele soweit erreicht waren.

Schrittweise wurden die Häuser in der Rykestraße aufpoliert. Foto: imago images / Ralph Peters

Verdrängung oder moderater Wandel?

Heute findet man hier im Kiez keine maroden Fassaden mehr. Foto: 2019 von imago images / Schöning

Durch die aufwendigen Modernisierungsarbeiten und neue Immobilieneigentümer stiegen die Preise in dem „neuen Kiez“ drastisch. Viele der angestammten Bewohner*innern verließen den Kollwitzkiez im Laufe der Jahre. Ende 2008 wohnte nur noch 17,3 Prozent der Einwohnerschaft von vor 1993 in den Häusern des Sanierungsgebiets Kollwitzplatz. Statistisch lässt sich auch ein höheres Einkommen und eine höhere Kinderrate der neuen Bewohner*innen nach den Sanierungen nachweisen.

Jedoch sind die als Hauptakteure der Gentrifizierung gerne beschuldigten Schwaben als Zuzügler statistisch nicht nachweisbar. Die Nachfrage nach Wohnraum im Prenzlauer Berg und in der Rykestraße steigt mit den Mieten immer weiter. Erst seit dem Frühjahr bremst hier der Berliner Mietendeckel.

Sanierte Altbauten in der Rykestraße 2019. Foto: imago images / Schöning

Der Wasserturm: Das Wahrzeichen der Rykestraße

Der Wasserturm aka. der dicke Hermann. Foto: imago images / Jürgen Ritter

Der Wasserturm am südlichen Ende der Rykestraße wurde 1877 fertiggestellt und ist der älteste Turm dieser Art in Berlin. Während des Dritten Reichs missbrauchten die Nazis das Maschinenhaus auf dem Gelände als „wildes Konzentrationslager“, welches sie im Juni 1935 dann jedoch sprengten, da sie das Gelände in eine Grünanlage umgestalteten. Seit 1981 erinnert eine Gedenktafel auf dem Gelände des Wasserturms an die Verbrechen. Der Wasserturm selbst trägt schon lange nicht mehr zur Wasserversorgung bei, sondern dient den Städter*innen als Wohnanlage. Dafür ziert er das Bezirkswappen von Prenzlauer Berg und wird liebevoll „dicker Hermann“ genannt. In Berlin gibt es übrigens noch weitere spannende Wassertürme.

Der Wasserturm in der Abendsonne. Foto: imago images/VWPics

Die größte Synagoge Deutschlands

Die Lage der Synagoge rettete sie 1938 vor der kompletten Zerstörung, da umliegende Häuser nicht gefährdet werden sollten. Foto: imago images / Sabine Gudath

Die Synagoge in der Rykestraße wurde 1904 nach den Plänen von  Johann Hoeniger errichtet. Sie sollte als zusätzliches Gotteshaus, neben der Neuen Synagoge an der Oranienburger Straße, dienen. Im Vorderhaus der Synagoge wurde eine Religionsschule der Jüdischen Gemeinde errichtet und 1926 öffnete die III. Private Volksschule der jüdischen Gemeinde. Dabei galt Prenzlauer Berg bis zu dem Beginn des nationalsozialistischen Terrorregimes als Zentrum des jüdischen Lebens. 1938 wurde die Synagoge in der der Pogromnacht zu Teilen zerstört und Gemeindemitglieder wurden deportiert.  Ab Mai 1940 missbrauchten die Nazis die Synagoge als Depot und Pferdestall und die Schule im Vorderhaus wurde von der deutschen Feldpost in Beschlag genommen.

Bei den Umbauarbeiten wurde großer Wert darauf gelegt, sich dem Originalzustand von 1904 wieder anzunähern. Foto: imago images / Ulli Winkler

Nach umfangreichen Renovierungen wurde sie im August 1953 als einzige erhaltene Synagoge in Ost-Berlin wieder eingeweiht. In der ehemaligen Grundschule befindet sich seit 1999 das Lehrhaus der Ronald S. Lauder Foundation. Weitere dreijährige Umbaumaßnahmen, wie die Innenrestaurierung und die Außensanierung, förderte der Berliner Senat und so wurde die Synagoge zum Beginn der Jüdischen Kulturtage am 31. August 2007 wiedereröffnet. Mit ihrem 1.200 Plätze fassenden Betraum ist sie die größte Synagoge Deutschlands.


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