Sehenswürdigkeiten?

Besondere Steine in und um Berlin: Ganz schön dicke Brocken

Es gibt Themen, da reicht bereits die Überschrift, um Menschen zu fesseln – und dann gibt es noch Steine in Berlin. Manch einer dürfte schmunzeln, sich denken, dass es doch bloß Brocken seien, stumme, dumme Brocken. Doch, und das mag kitschig klingen, geben wir Menschen ihnen eine Bedeutung. Wir formen sie zu Denkmälern, nutzen sie als Markierung, manche heben sie auch nur an, um sich (und andere) von ihrer schieren Kraft zu überzeugen. Was manchmal pubertären Kids ein paar Zehen und/oder Bandscheiben kostet. Nichtsdestotrotz stellen wir euch einige besondere Steine in und um Berlin vor. Wichtig: Stemmen lässt sich davon keiner.


Ein Stein in Berlins Mitte

Besonderer Stein in Berlin: Das ist er, der geografische Mittelpunkt Berlins, eine kleine Granitplatte auf vier Steinstümmelchen. Foto: Tim Kröplin

Eine Steinplatte markiert die geografische Mitte Berlins, an der alle Facetten der Großstadt in einem Umkreis von wenigen Metern zentriert sind: spießbürgerliche Wohnsiedlungen, vernachlässigte Sozialbauten, stark frequentierte Straßen, ruhige Grünstreifen, Hochbahngleise, Radwege. Hektik, Entspannung, Bewegung, Stillstand. Nur Kneipen fehlen, aber das passt schon. Die Gegend müssen sich die Menschen nicht schön trinken. Je nach Geschmack können sie ihre Köpfe in eine Himmelsrichtung drehen, um sich in Sachen Ästhetik zu befriedigen. Manche Rapper:innen brüllen in ihren Songs die Postleitzahlen ihrer Heimat ins Mikrofon. Hier flüstern die Leute: N52° 30’ 10,4, E13° 24’ 15,1.

  • Berlins geografische Mitte Alexandrinenstraße 13, Kreuzberg

Klopper in Brandenburg: die Markgreifensteine

’n Stein in Brandenburg, aber ein besonders großer. Foto: Assenmacher/CC BY-SA 3.0

Ein wenig ironisch klingt es schon, wenn sehr große einzelne Steine als Findlinge bezeichnet werden. Meist handelt es sich um Steine, die während der Eiszeiten durch Gletscher letztlich dort landeten, wo wir sie heute vorfinden. Die zwei größten Brandenburgs liegen in Rauen, haben die Hauptstadt also um einige Kilometer verfehlt. Vielleicht aber auch ganz gut, sind sie doch zumindest geschützt vor Aerosolfarben und, zumindest ein wenig, Taubenkot. Dafür kraxeln häufig gelangweilte Großstädter:innen in Funktionsjacken auf ihnen rum. Abstriche gibt’s immer. Die Steine sollen übrigens aus Skandinavien angereist sein. Gerade für den größeren dürfte es bei seinen rund 700 Tonnen Eigengewicht eine anstrengende Reise gewesen sein.

  • Markgrafensteine Vom Parkplatz Rauener Berge sind es rund 20 Minuten zu Fuß, 15518 Rauen

Der Otto-Suhr-Stein in Kreuzberg

Der Stein ist dem SPD-Politiker Otto Suhr gewidmet. Foto: Dirk Ingo Franke/CC BY-SA 4.0

Etwa ein Quadratmeter Fläche muss ein Findling haben, um als Naturschutzdenkmal durchzugehen. Der rote Granitbrocken liegt an der Otto-Suhr-Siedlung in Kreuzberg und erfüllt diese Bedingung. Ein wenig ähnelt er einer Warze, die aus dem Boden wächst, aber Schönheit ist relativ. Ob der Namenspate, ein SPD-Politiker, gefallen an dem Stein gefunden hätte?

  • Findling an der Otto-Suhr-Siedlung Oranienstraße 124/125 Ecke Alexandrinenstraße, Kreuzberg

Findling in Spandau

Kapelle gegen Berliner Stein: Wer ist älter? Leider ein ziemlich eindeutiger Kampf. Foto: Polimorph/CC BY-SA 4.0

Wieder so ein Brocken unter Naturschutz. Er liegt vor der Schilfdachkapelle Zum Guten Hirten in Spandau. Zwei denkmalgeschützte Objekte ganz nah beinander. Das eine stammt aus der Eiszeit, das andere könnte glatt aus vorindustriellen Zeiten stammen. Ist aber falsch. Eingeweiht wurde die Kapelle erst 1953. Stein und Kapelle, ein Treffen zwischen Vergangenheit und etwas, das zumindest so aussehen möchte.

  • Findling in Spandau am Gottfried-Arnold-Weg 10, Spandau

Findlingsbrunnen in Berlin Marzahn: Nicht hübsch, aber passt schon

Wer in Berlin hat den Stein da hochgehievt? Foto: Singlespeedfahrer/CC0

Der Findlingsbrunnen am Karl-Holz-Platz in Marzahn ist vielleicht nicht gerade eine spektakuläre Attraktion, mittlerweile leicht in die Jahre gekommen, teilweise besudelt. Nein, so richtig schön ist er nicht. Und obwohl er kein Glanzstück des Bezirks ist, strahlt er doch etwas Ruhe aus, wirkt fast einladend. Er ist wie er ist und vielleicht genau deswegen ein Ruhepol. Völlig egal, wie übel das Leben dich mit Eddings beschmiert, bleib wie du bist und es wird schon. Na ja, vielleicht hat der Stein auch keine Message. Vielleicht ist er auch eben einfach nur ein Stein mit unglücklich gewähltem Standort. Gemütlich ist der Brunnen trotzdem.

  • Findlingsbrunnen Karl-Holtz-Platz, Marzahn

Findling auf Berlins letzter Sanddüne

Doppelter Naturschutz: Düne und Findling in Wedding. Foto: fridolin freudenfett/CC BY-SA 4.0

Zu finden ist der Stein in Berlins einziger innenstädtischer Binnendüne. Standort und Findling sind naturgeschützt, sind also gleich doppelt besonders. Im 18. Jahrhundert gab es in Berlin weit mehr Dünen, aber Aufforstungen, Siedlungs- und Ackerbau ließen sie allmählich verschwinden. Findlinge gibt es wiederum ein paar mehr im Bezirk, insgesamt sechs. Nun, die Steine ließen sich nicht allzu leicht entfernen. Ein paar hundert Kilo bringen sie schon auf die Waage.

  • Findling Düne Wedding Scharnweberstraße 159, Wedding

Findling in Reinickendorf: Berliner Stein für Paul Witte

Besonderer Stein in Berlin für Paul Witte. Foto: Graccem/CC BY-SA 4.0

Ein Stein in Nähe des Rathaus Reinickendorf in Berlin ist dem Kommunalpolitiker und ehemaligen Bürgermeister von Wittenau, Paul Witte, gewidmet. Viel können wir leider nicht zu ihm sagen, aber immerhin war er von 1902 bis 1920 im Amt. Schlecht dürfte er also nicht gewesen sein. Der Findling liegt übrigens im schönen Rathauspark. Ein Besuch lohnt sich.

  • Findling in Reinickendorf gegenüber vom Rathaus Reinickendorf, Eichborndamm 215, Reinickendorf

Global Stone Project

Global Stone Project: Der Stein aus Afrika soll für Hoffnung stehen. Foto: Kamahele/gemeinfrei

Eigentlich nett gemeint, was der Künstler Wolfgang Kraker von Schwarzenfeld erdachte. Er initiierte das Global Stone Project. Ziel war es, auf jedem Kontinent zwei besonders charakteristische Steine aufzustöbern. Einer sollte auf dem jeweiligen Kontinent bleiben und der andere im Tiergarten ausgestellt werden. Fünf Steine kamen zunächst zusammen, aus Russland, Venezuela, Australien und Südafrika. Ihre Namen sollen die „Fünf Schritte zum Frieden“ Symbolisieren. Der Brocken aus Europa heißt etwa Erwachen, der aus Afrika Hoffnung, der aus Amerika Liebe.

Letzterer konnte seinem Namen aber nicht gerecht werden, bezogen auf die Wirkung. Der stammte aus dem Naturreservat Gran Sabana in Venezuela, einem Gebiet des indigenen Volkes der Pemón. Der Stein wurde ohne ihr Einverständnis entfernt. Umso schlimmer: für sie galt er als heilig. Es folgten rechtliche Schritte, politische Diskussionen, kurz: ein großer Streit. Vor allem der Vorwurf des Kolonialismus spielte dabei eine Rolle. 2020 wurde der Stein nach Venezuela zurückgebracht.

  • Global Stone Project Großer Tiergarten, Mitte

Stolpersteine

Wichtiger Beitrag zur Erinnerungskultur: die Stolpersteine. Foto: Singlespeedfahrer/CC0

Sie bilden das größte dezentrale Mahnmal der Welt, sind eine Erinnerung an all jene, die in der NS-Zeit ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die Stolpersteine, 1992 erdacht vom Künstler Gunter Demnig. Kleine Betonquader mit einer beschrifteten Messingplatte, die in den Gehweg vor dem letzten frei gewählten der Verfolgten eingelassen wurden. In Deutschland sind es bereits rund 9400 Stolpersteine und jedes Jahr kommen neue hinzu. Wenn ihr mehr über die Geschichte hinter den Stolpersteinen erfahren wollt, findet ihr hier einen Text über den Künstler Gunter Demnig.


Das Stein-Denkmal

Kein Stein in Berlin, aber irgendwie doch: das Stein-Denkmal. Foto: Tilman Harte/CC BY 3.0

Kleiner Kalauer: Das Stein-Denkmal vor dem Berliner Abgeordnetenhaus ist nur dem Namen nach ein Stein. Die Bronze-Plastik erinnert an den preußischen Staatsmann mit absurd langem Namen Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein. Er ist Mitbegründer der Monumenta Germaniae Historica, einer Editionsreihe historischer Dokumente zur Geschichte des Mittelalters. Damals wollte er mit ihr den Adel legitimieren, passend zu seinem ständischen Denken, dass, um ihn diesbezüglich in Schutz zu nehmen, zu seinen Lebzeiten (1757-1831) nicht unüblich war.

  • Stein-Denkmal vorm Abgeordnetenhaus, Niederkirchnerstraße 5, Mitte

Mehr zum Thema

Nicht nur für Geschichtsinteressierte, sondern gerade hierzulande für alle Menschen wichtig: 12 Denkmäler für die Opfer der NS-Zeit in Berlin. Solltet ihr euch für die Berliner Mauer interessiert, haben wir hier einen Beitrag zur East Side Gallery. Noch mehr Historisches gefällig? Dann findet ihr hier all unsere Texte zur Geschichte Berlins.

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