Berlin und die USA. Kaum eine andere Beziehung zu einem anderen Land prägte die deutsche Hauptstadt in den vergangenen 100 Jahren so intensiv, wie die zu den Vereinigten Staaten von Amerika. Höchstens hat noch die Sowjetunion einen ähnlichen Einfluss gehabt. In den 1920er-Jahren schwappte der Swing in die preußische Metropole und gab den Ton zum Tanz auf dem Vulkan an. Während des Zweiten Weltkrieges waren die USA der Feind, doch sehr bald danach der Befreier und die Schutzmacht. Berlin wurde zum Spielfeld der Weltmächte, aber die USA auch zum Sehnsuchtsort und Vorbild.
West-Berlin sog den American Way of Life auf, die US Air Force und andere westliche Alliierte versorgten die Stadt während der Berlin-Blockade 1948/49. Die Luftbrücke, der Besuch von John F. Kennedy im Juni 1963 und auch der Fall der Mauer haben die amerikafreundliche Stimmung geprägt. Doch es gab auch heftige Gegenstimmen. Hier erzählen wir entlang von 12 Fotos die Geschichte von Berlin und den USA.
Jesse Owens bei den Olympischen Spielen 1936
Berlin im Jahre 1936. Hitler ist an der Macht und inszeniert die Olympischen Spiele zu einem Fest des Nationalsozialismus. Ein teutonisches Spektakel, dass die Überlegenheit der weißen Rasse und des deutschen Volkes propagieren soll. Trotz der offen antisemitischen Politik der NSDAP nehmen Athleten aus aller Welt an dem sportlichen Großereignis teil. Ein US-Athlet wird zum Star in Berlin: Jesse Owens. Sehr zur Verärgerung des Führers, da dieser Afroamerikaner ist und so gar nicht ins Herrenmenschen-Arier-Konzept der braunen Bonzen passen will. Owens pfeift auf die Nazis und holt vier mal Gold, unter anderem in der Königsdisziplin, dem Sprint über 100 Meter.
The American Sector und die Luftbrücke
Der Zweite Weltkrieg ging von Berlin aus. Zwar marschierte 1945 die Rote Armee in die deutsche Hauptstadt ein und zwang Nazideutschland endgültig zur Kapitulation, doch ohne den Eintritt der USA ins Kriegsgeschehen, hätte sich der Lauf der Geschichte wohl anders entwickelt. Nach der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 einigten sich die Siegermächte Frankreich, Großbritannien, USA und die Sowjetunion und stellten die Weichen für eine neue Ordnung in Europa. Diese beinhaltete die Teilung Deutschlands, den Sonderstatus Berlins und damit die Einrichtung der von den Alliierten kontrollierten Sektoren. Die amerikanischen Soldaten gehörten fortan zum Alltag der Berliner. Welcome to the American Sector!
Hot Jazz in Town
In den 1950er-Jahren lief das deutsche Wirtschaftswunder an. In West-Berlin kaute man Kaugummi, trank Coca Cola und schaute im Kino die neusten Western-Filme. Es ging um Konsum, Autofahren und flüchtigen Spaß. Der American Way of Life passte gut zu Nachkriegsdeutschland, zumindest zur BRD, und ganz gewiss zu den von Rosinenbombern, US-Radiosendern und sympathischen GI’s beeindruckten West-Berlinern. Ob moderne Kunst oder Jazz, die West-Berliner sogen alles Amerikanische auf. So wie in den 1920er-Jahren, als Broadway-Musicals und Swing in der Weimarer Republik für Begeisterung sorgten, tanzte die Jugend wieder zum US-Sound. Bald schon sollte der Rock’n’Roll die Jugend für immer verändern.
JFK ist ein Berliner
Der Besuch des legendären US-Präsidenten John F. Kennedy im Juni 1963 in West-Berlin gehört zu den politischen Sternstunden der Mauerstadt. Regierender Bürgermeister war damals Willy Brandt, der als Bundeskanzler schon bald selbst Geschichte schreiben sollte. Brandt empfing JFK, die Stadt war in Aufruhr und jubelte dem jungen Präsidenten vor dem Rathaus Schöneberg zu. Dort sprach der US-Amerikaner die vielleicht berühmtesten Worte, die in Berlin seit Kriegsende gesprochen wurden: „Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger Berlins, und deshalb bin ich als freier Mensch stolz darauf, sagen zu können ‚Ich bin ein Berliner‘!“.
Die GIs in West-Berlin
West-Berlin hatte keine Sperrstunde und die Männer mussten nicht zur Bundeswehr, politisch war die Mauerstadt abgekoppelt, an den Bundestagswahlen nahm man nicht teil. Das lag an den alliierten Schutzmächten, die Berlin offiziell regierten. Die West-Berliner arrangierten sich gerne und die „Amis“ waren so etwas wie die großen Brüder. Es gab Diskotheken, Einkaufsläden und Kinos in denen die GIs verkehrten, hin und wieder mal eine Militärparade und die Volksfeste. Und auch sonst viele Gelegenheiten, bei denen sich die Besatzer und die Bevölkerung begegneten. Nicht wenige deutsch-amerikanischen Ehen gehen auf diese Zeit zurück.
Der „rote Elvis“ bei den Weltjugendspielen in Ost-Berlin
Naturgemäß war das SED-Regime von den USA weniger begeistert, immerhin handelte es sich hier um den Klassenfeind. Kapitalismus und US-Imperialismus galten als die Ausgeburt des Bösen, alles Amerikanische wurde verboten oder zensiert. Jeanshosen, Rock’n’Roll und Hollywoodfilme passten nicht in den real existierenden Sozialismus. Doch was es nicht gab, wurde umso heißer begehrt. Der Mythos USA funktionierte auch in der DDR. Aber statt Disney-Helden, Marilyn Monroe oder Clint Eastwood durfte ein anderer US-Amerikaner im Osten zum Star aufsteigen: Dean Reed, der „rote Elvis“, ein linientreuer Cowboy aus Colorado, der massenwirksam den Kommunismus besang.
Die Berlin-New-York-Connection
Ab den 1970er-Jahren entstand eine immer selbstbewusster werdende Subkultur in der Mauerstadt. Von Progressive Rock über Punk bis zu experimentellen Umtrieben entstand eine eigenständige Szene, die zwar den US-Mainstream ablehnte aber in New York eine Schwesterstadt im Geiste entdeckte. Die heruntergekommene und von Kriminalität, aber auch kreativen Explosionen und einem vibrierenden Kulturleben geprägte US-Metropole wurde zu einem subkulturellen Brückenkopf. Die Berlin-New-York-Connection entstand. Die Einstürzenden Neubauten spielten 1984 in der New Yorker Danceria, Lydia Lunch kam nach Berlin ins SO36. Auch Bettina Köster von Malaria! zog nach New York, ebenso die umtriebige Maria Zastrow, die einst im Risiko am Tresen stand.
Ami go home!
Es war nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. In West-Berlin begann man seit den späten 1960er-Jahren, die Politik der USA zunehmend kritisch zu sehen. Rudi Dutschke und die Studentenbewegung radikalisierten die Stadt und die linke Szene verurteilte den Vietnamkrieg aufs Schärfste. In dieser Atmosphäre entwickelte sich der Antiamerikanismus und vereint seither verschiedene gesellschaftliche Strömungen. Von Kreuzberger Punks über friedvolle Ökos bis zu DDR-Altlinken werden die USA immerzu für das Elend der Welt verantwortlich gemacht. In den 1980er-Jahren protestierte man gegen das Wettrüsten und die Atombombe, in den 1990ern gegen den Golfkrieg, heute gegen den Chemieriesen Monsanto und in einigen Kreisen gilt der US-Milliardär Bill Gates als Verursacher der Corona-Pandemie. Die Kritik ist mal berechtigt und notwendig und mal wirr, die USA als mächtigstes Land der Welt müssen sie aushalten.
Verabschiedung der alliierten Streitkräfte in Berlin
1989 fiel die Berliner Mauer, ein Jahr später folgte die Wiedervereinigung und 1994 zogen die US-Streitkräfte aus Deutschland ab. Damit endete die Ära der Alliierten und Berlin war wieder die Hauptstadt Deutschlands. Bei der Verabschiedung der Briten, Franzosen und US-Amerikaner floß manche Träne, den West-Berlinern sind ihre „Besatzer“ durchaus ans Herz gewachsen. Doch nun stieg die einst von der Mauer geteilte Stadt zu einer internationalen Metropole auf, die wiederum für viele junge und abenteuerlustige Amerikaner zum Sehnsuchtsort wurde. Berlin und die USA rückten auf andere Arten näher. Kulturell, in der Obama-Ära auch politisch und nicht zuletzt kulinarisch.
Burger, Bagels & Popcorn – US-Fast-Food auf dem Vormarsch
International genießt die amerikanische Küche nicht den allerbesten Ruf: viel BBQ, Burger natürlich, und gerade für Deutsche mit Vorliebe für Schinken auf dem Graubrot auch Bagel mit zu viel Belag. Stimmt vielleicht, aber wie immer gilt: Es geht alles auch in raffiniert und gut. Daher werfen wir hier einen Blick auf die Gastro-Kultur der USA und verraten, wo ihr hervorragend Amerikanisch essen (und auch trinken) könnt. An diesen 12 Orten in Berlin schmeckt es wie in den USA.
Amerikanische Hipster erobern Berlin
Während New York immer schicker und teurer wurde, Manhattan als Spielplatz der Subkultur ausgedient hat, und auch Brooklyn längst unbezahlbar geworden ist, zog es viele US-Amerikaner, die was erleben wollten, nach Berlin. Eine relaxte Stimmung, viel Kultur, ein spannendes Nachtleben und günstige Mieten wirkten wie ein Magnet. So begann man um 2000 herum zwischen Kreuzberg, Neukölln und Friedrichshain in den Clubs, angesagten Bars und hippen Restaurants, immer öfter Englisch zu hören. Offiziell leben heute gut 20.000 Menschen mit amerikanischem Pass in Berlin. Das ist nicht viel, aber sie prägen die Stadt nachhaltig. Als Startup-Unternehmer, Künstler, DJs oder Gastronomen.
Die USA in Berlin entdecken
Wer heute die USA in Berlin entdecken will, hat dazu zahlreiche Möglichkeiten. Auch jenseits von McDonalds, Burger King und Coca Cola. Die besten kulinarischen US-Adressen haben wir weiter oben empfohlen! Wie wäre es aber mit einem Ausflug zum Amerika Haus wo man im C/O Berlin die besten Foto-Ausstellungen der Stadt sehen kann. Auch das Haus der Kulturen der Welt, die Freie Universität und die Amerika-Gedenk-Bibliothek gehen auf US-Initiativen zurück. Im Alliierten-Museum kann man der Geschichte der GIs in West-Berlin nachspüren und der Checkpoint Charlie, der einstige US-Grenzübergang zwischen West- und Ost-Berlin, ist zum prominenten Symbol der deutschen Teilung geworden. Es steckt eine ganze Menge USA in Berlin.
Mehr als die USA: Andere Länder in Berlin entdecken
Und hier findet sich Frankreich in Berlin: Hugenotten, Galeries Lafayette, Restaurants und die Alliierten. Auch China hat Spuren in Berlin hinterlassen: Gärten, Restaurants und Pandas. Wie repräsentieren sich die Länder in Berlin? 12 Botschaftsgebäude in Berlin: Katar, USA, Saudi-Arabien, Tschechien & mehr. Und hier geht es zu den besten türkischen Restaurants in Berlin: Afiyet Olsun! Mehr Stadtleben findet ihr hier.