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Grünes Berlin: Vorteile einer überwucherten Hauptstadt im Überblick

Berlin kann grau, Berlin kann grün. Doch vielleicht ist ein wenig mehr zu holen, ein paar mehr Bäume, Sträucher, Wiesen. Warum das gut wäre, zeigt das Stadtgrün-Bewertungstool des Instituts für Ökologische Wirtschaftsforschung. Damit lassen sich verschiedene Szenarien durchspielen, was etwa passiert, wenn Berlin mit Grün überwuchert wird – oder, hart ausgedrückt: der Senat gnadenlos mit Axt und Heckenschere jeden Halm aus der Stadt tilgt. Wie das Ergebnis in beiden Fällen für Berlin (grüne Stadt, pflanzenlose Stadt) aussieht und wie das Stadtgrün-Tool funktioniert, erfahrt ihr hier.

Beton gegen Pflanzen: Wie grün kann das schöne Berlin werden? Foto: Imago/Christian Spicker

Mit diesem Tool könnt ihr Berlin zur besonders grünen Stadt machen

Je grüner die Stadt, desto besser das Leben der Bevölkerung. So phrasig das auch klingen mag, Pflanzen verbessern die Luft, speichern CO2-Emissionen wie auch Regenwasser, das ist gerade bei Starkregen wichtig. Und sie sorgen für ein hübscheres Stadtbild, worüber sich wohl nicht nur Outdoor-Aficionados freuen dürften. Darüber hinaus erzeugen sie mithilfe von Nährstoffen Kohlendioxid, Wasser und Sonnenenergie Biomasse, die wiederum als Nahrung, Baumaterial und auch als Brennstoff dient. Es sind Leistungen, von denen wir Menschen direkt und indirekt profitieren, sei es gesundheitlich, materiell, psychisch oder wirtschaftlich. Das Helmholtz Zentrum für Umweltforschung führte hierfür den wuchtigen Begriff Ökosystemleistungen ein.

Das Stadtgrün-Tool macht diese Leistungen messbar. Ihr könnt dabei einstellen, wie viel Prozent Grünflächen (Parks, Gärten), begrünte Wege (Rad- und Fußwege entlang von Sträuchern und Wiesen), Naturnahe Pflege (Wildwiesen), Gründächer und wie viele Straßenbäume je 100 Meter in der Stadt stehen sollen – quasi ein Grünflächenamtsimulator, nur ohne nervigen Papierkram. Und genretypisch gibt es natürlich noch die Auswirkungen, unterteilt in fünf Kategorien:

  • Temperaturregulation: Durch Schattenwurf und Verdunstungskälte kühlt Stadtgrün die Umgebung ab. Der Einfachheit halber handelt es sich bei dem Ergebnis um einen ungefähren Durchschnittswert, ausgehend von Wetterdatenzeitreihen (2001-2021).
  • Wasserretention: Das „Häh?“-Wort sagt aus, wie stark der Oberflächenabfluss reduziert wird. Gerade bei zu viel Regen und zu wenig Möglichkeiten, diesen aufzufangen (versiegelte Flächen) fließt das Wasser in die Kanalisation. Diese läuft über und aus ihr strömt stark verschmutztes Wasser unter anderem in Berliner Gewässer. Pflanzen verhindern das, indem sie Wasser speichern.
  • Luftreinhaltung: Im Grunde wird hier gezeigt, wie viele Tonnen Schadstoffe bei jeweiliger Bepflanzung aus der Luft gefiltert werden.
  • Kohlenstoffregulation: Pflanzen nehmen Kohlendioxid auf und bindet den Kohlenstoff langfristig als Teil der Biomasse.
  • Kulturelle Ökosystemleistungen: Eigentlich eine subjektive Größe. Sie definiert, welchen Wert wir Menschen den Grünflächen beimessen.

Geld spielt ebenfalls eine Rolle. Ergänzend zu allen Punkten steht, wie viel Ersparnis diese Veränderungen bringen. So, den Theorieteil habt ihr überstanden. Schauen wir uns das Ganze in der Praxis an.

Maximale Bepflanzung: Her mit dem Grünzeug!

Im aktuellen Zustand hat Berlin 33 Prozent Grünflächen, auf 100 Meter sieben Straßenbäume, 51 Prozent begrünte Wege, 15 naturnahe Pflege und vier Prozent Gründächer. Hier seht ihr einmal Berlin im Ist-Zustand:

Vorteile sind hier nicht angegeben, da dieser nur bei Zuwachs berechnet wird. Foto: Screenshot

Stellt sich die Frage, wie sich die Stadt verändert, wenn wir die Regler voll aufdrehen.

Ach, was ist Berlin aber grün! Foto: Screenshot

1,3 Millionen Kubikmeter Wasser können mehr gespeichert werden, 2190 Tonnen Schadstoffe, 201.051 Tonnen Kohlenstoff und die Temperatur im Mittel um 0,7 Grad gesenkt werden. Die eingesparte Kosten betragen rund 546 Millionen Euro im Jahr.

Die Ergebnisse basieren auf Studiendaten, sind rein hypothetisch und müssen nicht zwangsläufig der Realität entsprechen. Sie geben eine ungefähre Richtung vor. So speichern nicht alle Pflanzen dieselbe Menge Schadstoffe und Wasser.

Maximale Betonierung: Weg mit dem Berliner Grünzeug!

Als (wirklich) grüne Stadt macht sich Berlin ganz gut. Doch nehmen wir mal an, der Senat überlegt wirklich, alles Grüne zu entfernen, um, sagen wir, alles zuzubauen.

Oje, was ist Berlin…rot? Foto: Screenshot

Höhere Temperaturen, verseuchtes Spreewasser, weil kaum Pflanzenspeicherung, die Luft verpestet nach und nach, die Kosten zur Lösung all dieser Probleme sprengen den Berliner Haushalt. Naja, wenigstens sind die Daten hypothetisch. Grün ist auch unter Investor:innen in, solange es gewollt ist – und frei von Insekten.

Was lernen wir daraus?

Pflanzen sind gut. Ende. Ne, da ist noch mehr. Erstmal, dass mehr Begrünung zu starken Kostenersparnissen, aber auch einem größeren Wohlbefinden innerhalb der Bevölkerung führt. Und das in einem Ausmaß, wie es vielen nicht klar gewesen sein dürfte. Doch so wenig alles Stadtgrün aus Berlin künftig getilgt wird, so wenig ist es umsetzbar, dass Berlin alle aktuellen Kapazitäten für die Bepflanzung nutzt.

Gründächer sind nicht überall möglich, weil sich eben nicht alle Häuser in öffentlicher Hand befinden und die Statik eventuell nicht passt; alle unbebauten Grundstücke zu Grünflächen machen, dürfte beim Wohnraummangel nicht hilfreich sein; Wildwiesen sind wiederum nicht immer möglich, weil Freizeitflächen und mit ihnen gesellschaftliche Vorteile schwinden. Dennoch können anhand solcher Daten künftige Entscheidungen abgewogen werden, es braucht nur politischen Willen.


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