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Impfpass-Betrügerin aus Berlin: Darum ist meiner gefälscht

Rund 75 Prozent der Berliner:innen sind gegen Covid-19 geimpft. Möchte man meinen. Doch es gibt eine Dunkelziffer von Menschen, die offiziell als geimpft gelten, es aber nicht sind. Weil sie sich zum Beispiel einen gefälschten Impfpass organisiert haben. Wir haben mit einer Berlinerin, Mitte 30, gesprochen, die zu dieser Dunkelziffer gehört. Darüber, ob sie sich nicht schämt, dass sie Gesetze bricht und ob sie keine Probleme hat, dass ihr Handeln mehrheitlich als unsolidarisch empfunden wird.

Die Berlinerin, mit der wir gesprochen haben, hat zwar einen echten Impfpass, die Spritze hat sie aber nie gekriegt. Foto: Imago/Lobeca

Gefälschter Impfpass: Ein Freund hat den Covid-Impfeintrag organisiert

tipBerlin Wie sind Sie an Ihren gefälschten Impfpass gekommen?

Antwort Ich habe in meinem echten Impfpass, in dem auch all die anderen Impfungen vermerkt sind, zwei von einem echten Arzt mit Unterschrift beglaubigte originale Aufkleber von Biontech-Impfungen. Aber die Impfungen habe ich nie bekommen. Ein Freund, der bei diesem Arzt arbeitet, hat mir den Covid-Impfeintrag organisiert.

tipBerlin Wieviel haben Sie dafür bezahlt?

Antwort 150 Euro.

tipBerlin Wofür nutzen Sie Ihren Impfpass?

Antwort Zum Sport machen, für Veranstaltungen und zum Reisen. Ich finde es krass, dass ich ohne Impfnachweis von all dem ausgeschlossen wäre.

tipBerlin Warum haben Sie sich nicht einfach impfen lassen?

Antwort Weil ich für mich persönlich das Risiko nicht hoch einschätze, dass ich einen schweren Verlauf erleiden würde. Dass der Staat so unbedingt möchte, dass ich mich impfen lasse, halte ich für einen schwerwiegenden Eingriff in meine Freiheitsrechte. Deshalb habe ich mir im Oktober 2021 diesen Impfpass organisiert. Ich habe inzwischen auch Corona gehabt. Ich war zwei Tage krank und habe mich anschließend eine Woche lang etwas schlapp gefühlt, jetzt bin ich wieder fit. Laut PCR-Test hatte ich einen sehr hohen CT-Wert, also war ich hochinfektiös. Aber wenn ich mich krank fühle, gehe ich sowieso nicht unter Menschen, das habe ich auch vor Corona so gemacht.

tipBerlin Haben Sie Angst, dass Ihr Betrug auffliegen könnte?

Antwort Eigentlich nicht, aber jetzt wo wir hier am Telefon darüber sprechen, ist mir doch ein bisschen mulmig, das könnte ja theoretisch abgehört werden.

Zwei Mal wurde unsere Interviewpartnerin mit dem Corona-Impfstoff Comirnaty geimpft – wenn man ihrem Impfpass glaubt. Foto: Imago/Wolfgang Maria Weber

tipBerlin Empfinden Sie Ihr Verhalten nicht als unsolidarisch?

Antwort Ich würde sagen, dass der Solidaritätsbegriff da ein bisschen falsch platziert ist. Risikogruppen können sich mit der Impfung schützen und ich teste mich, bevor ich vulnerable Menschen treffe oder auf Veranstaltungen gehe.

tipBerlin Die Schnelltests sind ja nicht 100-prozentig zuverlässig. Also haben Sie die ganze Zeit ein Restrisiko getragen, andere zu infizieren.

Antwort Man kann immer andere Menschen mit irgendwas anstecken. Das Leben ist gefährlich. Und wenn man versucht, alle Gefahren daraus zu vertreiben, bleibt wenig Lebenswertes übrig. Ich habe gerade einen guten Satz gelesen: “Die Hysterie der Gesundheit wird dafür sorgen, dass der Mensch sich permanent selbst überwacht“ – das ist ja durch 2G+ schon Realität geworden. Die digitale Überwachung erfasst jetzt auch Vorgänge im Körper. Das ist eine Zeitenwende.

Keine Impfgegnerin, trotzdem Impfpass gefälscht

tipBerlin Sind Sie auch außerhalb von Corona eine Impfgegnerin?

Antwort Ich habe eine Tochter und die hat einige Impfungen später bekommen, als von der Stiko empfohlen, weil ich denke, dass sie die Impfungen besser verträgt, je älter sie ist. Aber generell bin ich keine Impfgegnerin. Ich finde die Idee sinnvoll, Krankheiten wie die Kinderlähmung per Impfung weltweit auszurotten. Ich finde es auch gut, dass es die Corona-Impfung gibt, obwohl sie das Virus nicht ausrotten kann, weil es zu schnell mutiert, aber ich glaube nicht, dass ich diese Impfung momentan brauche.

tipBerlin Spüren Sie denn keine gesellschaftliche Verantwortung?

Antwort Nein. Ich finde das gesellschaftliche Problem ist eher, dass man ohne Impfung als gesunder Mensch nicht mehr am öffentlichen Leben teilnehmen darf. Geimpfte können das Virus zum Teil auch übertragen. In Deutschland erkranken gerade so viele Menschen an Corona, dass ich mich frage, ob die Maßnahmen überhaupt etwas bringen. Deutlich sinnvoller fände ich, die Mitarbeitenden im Gesundheitssystem besser zu bezahlen, die Arbeitsplätze attraktiver zu machen und so dafür zu sorgen, dass das Gesundheitssystem nicht überlastet wird. Genug Zeit dafür wäre seit Beginn der Pandemie durchaus gewesen. Aber da ist nichts passiert. Und jetzt zu sagen, die Gesellschaft wird durch Impfkritiker gespalten, finde ich übertrieben, ja sogar gefährlich. Nur weil Menschen unterschiedliche Meinungen haben, wird doch nicht die Gesellschaft gespalten.

Mit dem gefälschten Impfpass war es kein Problem, ein digitales Impfzertifikat zu bekommen. Foto: Imago/Lobeca

tipBerlin Schämen Sie sich für Ihren Betrug?

Antwort Ich spüre deutlich, dass ich da nicht zur Mehrheit gehöre. Und erzähle deshalb auch nur wenigen, dass ich ungeimpft bin.

tipBerlin Ist Ihre Tochter gegen Corona geimpft?

Antwort Nein, das würde ich auf keinen Fall machen. Vielleicht hatte sie es auch schon. In ihrer Klasse hatten gerade viele Kinder Corona und sie ist nicht krank geworden. Auch nicht, als ich es hatte. Und für Kinder ist die Krankheit ja sowieso deutlich ungefährlicher.

tipBerlin Wie stehen Sie zur Impfpflicht?

Antwort Das finde ich scheiße. Das Problem sind ja die Risikogruppen. Also könnte ich mir eine Impfpflicht ab 60 Jahren vorstellen. Aber die Impfung für jeden über 18 verpflichtend zu machen, das finde ich einen deutlich zu starken Grundrechtseingriff. Wenn ich über 60 Jahre alt wäre, hätte ich mich übrigens auch längst impfen lassen.

tipBerlin Haben Sie Angst vor dem Impfstoff?

Antwort Ein bisschen. Die Langzeitwirkung ist ja noch überhaupt nicht erforscht. Das spielt auch bei der Frage, ob ich meine Tochter impfen lassen würde, eine deutlich größere Rolle als bei mir.

tipBerlin Die meisten Wissenschaftler:innen, die sich mit der Materie beschäftigen, würden vermutlich dagegenhalten, dass diese Vakzine sehr wohl gründlich erforscht wurden. Sie wurden in Milliarden von Dosen weltweit verimpft. Impfschäden, so tragisch sie im Einzelfall sind, sind sehr selten, sie zeigen sich binnen Wochen, selten Monaten. Dem Paul-Ehrlich-Institut sind bei Impfstoffen generell keine Langzeitwirkungen bekannt, die erst nach Jahren auftreten. Überzeugt Sie das nicht?

Antwort Nein, denn dieser neue Typ von Impfstoff wurde noch in keiner Langzeitforschung beobachtet.


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