Geschichte

Historische Kaufhäuser in Berlin: Warenpaläste und ihre Vergangenheit

Einst waren Kaufhäuser in Berlin luxuriöse Konsumpaläste. Die Menschen strömten in die Warenhäuser von Tietz, Jandorf und den Wertheims – Unternehmerfamilien, die die Stadt bis zum Zweiten Weltkrieg geprägt haben. Wir blicken hier auf einige dieser prächtigen Kaufhäuser, von denen viele nicht mehr existieren. Hier ist unsere Geschichte von den prächtigen Kaufhäusern, von frühen Erfolgen und mondänem Glanz, aber auch skrupelloser Enteignung in der Nazizeit.


Kaisergalerie

Kaufhäuser in Berlin: Die Kaisergalerie um 1873. Foto: Public Domain
Historische Kaufhäuser: Die Kaisergalerie um 1873. Foto: Public Domain

Im Mittelalter prägten offene Märkte den Handel, auch in in den Städten. Dort gab es zwar spezialisierte Geschäfte, etwa für Leder- und Eisenwaren oder Stoffe, diese gehörten aber oft zu handwerklichen Betrieben. Irgendwann ersetzten feste und überdachte Markthallen, die man in Berlin bis heute kennt, die Funktion des herkömmlichen Bauernmarktes. Die Sensation waren aber im 19. Jahrhundert die Passagen.

In Brüssel und Paris entstanden zuerst diese vornehmen Bauten, die Restaurants, Theater, Hotels, Büros und eine Vielzahl an Einkaufsmöglichkeiten in sich vereinten. Die Kaisergalerie in Berlin wurde 1873 eröffnet, sie führte vom Boulevard Unter den Linden bis zur Friedrichstraße. Ein architektonisches Wunderwerk, in dem Cafés und 50 Geschäfte Platz fanden.

In den frühen 1930er-Jahren baute der Berliner Architekt Alfred Grenander die Kaisergalerie im Stil der Neuen Sachlichkeit um. Bei Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg wurde sie zerstört und in den 1950er-Jahren komplett abgetragen.


Wertheim in der Leipziger Straße

Warenhaus Wertheim in der Leipziger Straße, 1905. Foto: Imago/Arkivi
Warenhaus Wertheim in der Leipziger Straße, 1905. Foto: Imago Images/Arkivi

Nach den Plänen des Architekten Alfred Kessel am Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet, galt das Wertheim in der Leipziger Straße als das modernste und schönste Kaufhaus Deutschlands. Es konkurrierte nur mit dem Warenhaus Tietz am Alexanderplatz und dem KaDeWe am Wittenbergplatz.

Mit 70.000 Quadratmetern Verkaufsfläche übertraf es selbst das Harrods in London und war somit das größte Kaufhaus Europas. Zum Vergleich: Das KaDeWe hat heute eine Verkaufsfläche von 61.000 Quadratmetern. Auch dieses Warenhaus erlitt im Krieg schwere Schäden und wurde in früher DDR-Zeit abgerissen.

Die Tresorräume des Wertheims in der Leipziger Straße fanden nach dem Mauerfall eine andere Nutzung. Dort befand sich von 1991 bis 2005 der legendäre Techno-Club Tresor.


Hertie in der Leipziger Straße

Hertie in der Leipziger Straße, 1930er-Jahre. Foto: Imago/Arkivi
Historischer Blick auf Kaufhäuser in Berlin: Hertie in der Leipziger Straße, 1930er-Jahre. Foto: Imago Images/Arkivi

Auch Hermann Tietz ließ um 1900 ein gewaltiges Kaufhaus in der Leipziger Straße errichten. Mit eigener Kellerei und eleganter Atmosphäre bot dieser Konsumtempel ein völlig neues Einkaufserlebnis.

Mehrere jüdische Unternehmer prägten diesen Siegeszug der Kaufhäuser in Berlin. Zum einen Adolf Jandorf, dann die Wertheims, die in Berlin bis zum Zweiten Weltkrieg sechs Warenhäuser besaßen, und nicht zuletzt deren ärgste Konkurrenten, die Familie Tietz. Das Familienoberhaupt Hermann Tietz gehörte zu den wichtigsten Vorreitern des Kaufhausgeschäfts in Deutschland. Aus der Abkürzung seines Vor- und Nachnamen ergibt sich die Bezeichnung „Hertie“. Wie viele andere Berliner Firmen und Marken ist auch Hertie Geschichte.


Warenhaus Jandorf

Internationaler Modewettbewerb 1955 in Berlin im Kaufhaus Jandorf. Foto: Bundesarchiv, Bild 183-32476-0019/Klein/CC-BY-SA 3.0
Internationaler Modewettbewerb 1955 in Berlin im Kaufhaus Jandorf. Foto: Bundesarchiv, Bild 183-32476-0019/Klein/CC-BY-SA 3.0

Der aus einer armen jüdischen Familie stammende Adolf Jandorf machte eine filmreife Karriere aus Kaufhausgründer und Unternehmer. Nach einer Ausbildung in der Textilbranche in Hamburg eröffnete er Ende des 19. Jahrhunderts im Auftrag seiner Arbeitgeber einen Laden in Berlin.

Er verkaufte Kurz- und Wollwaren und landete mit einem lustig bestickten Ruhekissen einen wirtschaftlichen Hit. Schon bald folgte ein weiteres Geschäft in Kreuzberg und 1904 ein bis heute in Berlin gut bekanntes Gebäude: das Warenhaus Jandorf an der Ecke Brunnen- und Veteranenstraße in Mitte.

Das architektonisch an den Jugendstil angelehnte Gebäude galt als wichtiges Modekaufhaus, es überstand unbeschädigt den Krieg, in der DDR wurde es als Institut für Modegestaltung und später als Haus der Mode genutzt.


Warenhaus Maaßen 

Das Warenhaus Maaßen in der Oranienstraße in Kreuzberg. Foto: Public Domain

Eröffnet wurde das von Alfred Breslauer und Paul Salinger errichtete Haus im Jahre 1904. Als Warenhaus Maaßen prägte es die geschäftige Oranienstraße, deren Geschichte wir euch hier erzählen – und damit ganz Kreuzberg. Schnell galt es als eines der wichtigsten Warenhäuser für Damenmode in Deutschland. Nach Zerstörung, Umbauten, Leerstand und Zwischennutzung sieht das Gebäude seit der Restaurierung fast wieder so aus wie einst.

Heute befindet sich in dem denkmalgeschützten Bauwerk das schicke Hotel Orania, was nicht allen Nachbarn gefällt. Es steht für einen Kampf der Kulturen, zwischen dem linksalternativen Kreuzberg und der neuen Zeit der Gentrifizierung. Zuvor war das Haus Heimat der Denkerei, einer philosophischen Diskurs-Institution des Fluxus-Denkers Bazon Brock.


Friedrichstraßenpassage

Einst eine Ladenstraße, dann besetztes Kunsthaus, Aufnahme ca. 1909. Foto: Public Domain
Einst eine Ladenstraße, dann besetztes Kunsthaus, mittlerweile neues Stadtquartier mit Museum. Die Aufnahme des historischen Kaufhauses entstand circa 1909. Foto: Public Domain

Zwar dominierten ab 1900 moderne Kaufhäuser, die in verschiedenen Abteilungen ein gewaltiges Warenspektrum anboten und als ein einzelnes Unternehmen, die Abläufe und den gesamten Charakter des Einzelhandels radikal veränderten, doch auch die Passagen hatten ihren Platz – wenngleich die Bauvorhaben nicht immer von Erfolg gezeichnet waren.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Friedrichstraßenpassage. 1909 eröffnet, war sie nach der Kaisergalerie die zweitgrößte Einkaufsstraße der Stadt. Die Läden gehörten zwar unterschiedlichen Eigentümern, gingen aber ineinander über, und ein zentrales Kassensystem organisierte den Handel. Das Konzept ging nicht auf, die Eigentümer meldeten schon bald Konkurs an.

Es kam zu unterschiedlichen Nutzungen des Gebäudes, unter anderem durch die AEG, die es in ein „Haus der Technik“ umgestaltete. Die Nazis richteten darin Büros der Deutschen Arbeitsfront ein. Im Krieg zerstört, fand das Gebäude dennoch in DDR-Zeiten wieder Verwendung.

Nach der Wende besetzte eine Künstlerinitiative die halb abgerissene Ruine und das dazugehörige Areal und gründete darin das Künstlerhaus Tacheles mit Kino, Theater, Konzertsaal und Ateliers. Danach gehörte der Ort lange zu den größten Bauprojekten der Stadt, mittlerweile ist im neu entstandenen Block auch die Berliner Dependance des Fotografiemuseums Fotografiska eingezogen.


Hertie am Alexanderplatz

Kaufhäuser in Berlin: Hertie Warenhaus am Alexanderplatz, 1911. Foto: Imago/Arkivi
Hertie Warenhaus am Alexanderplatz, 1911. Foto: Imago/Arkivi

Das große Hertie-Kaufhaus am Alexanderplatz wurde 1904 eingeweiht, insgesamt gehörten dem Unternehmen von Hermann Tietz zehn Warenhäuser allein in Berlin. Ab 1926 auch das Kaufhaus des Westens (KaDeWe). In jener Zeit stieg Tietz’ Imperium zum größten Warenhaus-Konzern Europas im Privatbesitz auf.

Nach der Machtübernahme durch die Nazis wurde der Hertie-Konzern „arisiert“ und schrittweise enteignet. Die Geschäfte verantwortete der Abteilungsleiter Georg Karg, der nach dem Krieg den angeschlagenen Konzern weiterführte und die Familie Tietz teilweise entschädigte. Das Hertie-Warenhaus am Alexanderplatz wurde im Krieg zerstört. Der Alexanderplatz: Fotografische Zeitreise ins turbulente Zentrum der Stadt.


Kaufhaus Tempelhof

Kaufhaus Tempelhof in der Berliner Straße, 1914. Foto: Imago/Arkivi
Kaufhaus Tempelhof in der Berliner Straße, 1914. Foto: Imago/Arkivi

Noch vor dem Ersten Weltkrieg ließ der jüdische Kaufmann Edmund Elend an der Berliner Straße/Ecke Friedrich-Wilhelmstraße ein großes Kaufhaus bauen. Beeindruckt von den Konsumtempeln in Mitte und Charlottenburg, investierte Elend in weitere Kaufhausprojekte jenseits des Stadtzentrums und wurde so etwas wie der Hermann Tietz von Tempelhof.

1913 baute der Unternehmer an der Ecke Tempelhofer Damm und Kaiserin-Augusta-Straße ein neues Warenhaus, das vielen Berlinern heute als Karstadt Tempelhof gut bekannt sein dürfte. Das Kaufhaus wurde von den Nazis „arisiert“ und unter dem Namen „Sera“ weitergeführt. 1967 übernahm Karstadt den Standort.


Karstadt Hermannplatz

Blick auf das Karstadt Haus am Herrmannplatz, 1915. Foto: Imago/Arkivi
Eins der legendärsten Kaufhäuser in Berlin: Blick auf Karstadt am Hermannplatz, um 1930. Foto: Imago/Arkivi

Neben Jandorf, Tietz und Wertheim gehörte natürlich auch der Karstadt-Konzern zu den wichtigen Akteuren im Berliner Kaufhausgeschäft. Zwischen Kreuzberg und Neukölln, direkt am Hermannplatz, ließ das Unternehmen Ende der 1920er-Jahre den Architekten Philipp Schaeffer ein modernes Kaufhaus im Stil des Expressionismus errichten.

Die Eröffnung im Jahr 1929 war ein Spektakel: Das mit innovativer Technik wie Rolltreppen und Liften sowie einer Dachterrasse ausgestattete Gebäude überwältigte die Berliner und zog auch Touristenmassen an. Karstadt am Hermannplatz galt in den Goldenen 1920er-Jahren als das modernste Kaufhaus Europas. Ganz anders als die altehrwürdigen Kaufhäuser, die eher Palästen ähnelten, richtete sich hier der Blick in die Zukunft der Konsumgesellschaft – Made in the USA.

Als den Nazis 1945 klar wurde, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen sei, sprengten sie das Gebäude, um den Sowjets die Lebensmittelversorgung zu erschweren. Das Kaufhaus wurde nach dem Krieg wiedereröffnet, hat aber wenig von dem alten Charakter beibehalten. Der Wiederaufbau war eigentlich beschlossene Sache, aber mit der Pleite des Signa-Konzerns, das hinter dem Kaufhausimperium steht, sind die Planungen vorläufig gestoppt.


Kaufhaus Jonaß

Das historische Kaufhaus Jonaß war zu DDR-Zeiten als „Haus der Einheit“ bekannt. Foto: Wikimedia Commons/Novack/Bundesarchiv, Bild 183-57717-0001/CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de

Eine Anzahlung leisten und den restlichen Betrag später in Raten abbezahlen, das war das Konzept des Kredit-Warenhauses Jonaß. Das Unternehmen gab es bereits seit 1889, 1928 errichtete man an der heutigen Torstraße ein gewaltiges Bauwerk im Stil der Neuen Sachlichkeit.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Unternehmer allerdings enteignet. Unter neuer Führung zog das Warenhaus an den Alexanderplatz um, das Bauwerk selbst wurde in der Geschichte mehrfach anderweitig genutzt: Die Verwaltung der Reichsjugendführung kam hier unter, nach dem Krieg zog dann erst die das Zentralkomitee der SED ein, später ein Institut für Marxismus-Leninismus und heute das luxuriöse Soho House. Die faszinierende Geschichte des Kaufhaus Jonaß erzählen wir hier.


HO Kaufhaus am Alexanderplatz

Kaufhäuser in Berlin: HO Kaufhaus am Alexanderplatz, Anfang der 1930er-Jahre. Foto: Imago/Arkivi
HO Kaufhaus am Alexanderplatz. Foto: Imago/Arkivi

Zwar entstand die Handelsorganisation (HO) als juristische Dachorganisation zur Verwaltung des Handels in der DDR, viele alte Kaufhäuser aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg gingen in den Besitz der HO über.

Das Kaufhaus am Alexanderplatz hat dabei eine besonders interessante Geschichte. Einst stand dort ein Kaufhaus von Hermann Tietz, Ende der 1960er-Jahre wurde dort das Centrum-Warenhaus errichtet. Es galt als das vornehmste Kaufhaus in der DDR. Heute befindet sich am historischen Ort das Kaufhaus Galeria, das im laufenden Betrieb um ein Hochhaus erweitert werden soll.


Wertheim in der Schloßstraße

Kaufhäuser in Berlin: Wertheim an der Schloßstraße in Steglitz, 1950. Foto: Imago/Arkivi
Wertheim an der Schloßstraße in Steglitz, 1950. Foto: Imago/Arkivi

Auch in West-Berlin zog sich die Geschichte der Kaufhäuser nach dem Zweiten Weltkrieg fort und knüpfte an die Ursprünge an. So hat etwa der angeschlagene Wertheim-Konzert Anfang der 1950er-Jahre an der Schloßstraße in Steglitz ein modernes Kaufhaus bauen lassen. Es wurde 2009 geschlossen und dem neuentstandenem Einkaufszentrum „Boulevard Berlin“ einverleibt.


Kaufhaus des Westens/KaDeWe

Kaufhäuser in Berlin: Kaufhaus des Westens, Foto um 1935. Foto: Imago/Arkivi
Kaufhaus des Westens, Foto um 1935. Foto: Imago/Arkivi

Es ist bis heute das berühmteste Kaufhaus aus der goldenen Zeit der Berliner Konsumtempel. Das Kaufhaus des Westens, kurz KaDeWe, ist ein Symbol für Luxus und Eleganz – nur mit dem Harrods in London, dem Bloomingdale’s in New York und natürlich Galeries Lafayette in Paris zu vergleichen.

1907 ließ Adolf Jandorf, der bis dato mehrere Kaufhäuser mit Mode und Waren des täglichen Bedarfs betrieb, das auf höchste Qualität und hochwertige Produkte ausgelegte Kaufhaus am Wittenbergplatz eröffnen. Mit dem KaDeWe erstrahlt damit auch der Westen der Stadt im mondänen Kaufhaus-Glanz. Ende der 1920er-Jahre verkaufte die Familie das Kaufhaus-Imperium an Hermann Tietz. Jandorf starb 1932, die Familie ging nach 1933 ins Exil.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Kaufhäusern aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg überstand das KaDeWe die Zeiten weitaus länger – auch wenn es sich in einer wirtschaftlichen Schieflage befindet und die Zukunft ungewiss ist: Ende Januar 2024 meldete das Kaufhaus Insolvenz an.


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