Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) will legale Open-Air-Partys erlauben, die Bezirke sollen dafür Flächen bereitstellen. Doch die bewegen sich kaum. Der Bezirksbürgermeister von Neukölln, Martin Hikel (SPD) motzt stattdessen nur über Fäkalien in der Hasenheide. Das ist heuchlerisch, solange es dort kaum öffentliche Toiletten gibt. Und hilft niemandem weiter, jetzt, wo der Sommer schon bald vorbei ist.
Vorschläge für legale Open-Air-Partys in Parks und auf Beton
Es geht nicht vorwärts. Bereits Anfang Juli hatte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) angeregt, dass die Bezirke Flächen für Open-Air-Partys bereitstellen. Doch die Bezirke und ihre Versammlungen sind entweder in der Sommerpause, weigern sich, Flächen zu benennen oder machen keine konkreten Angaben, wann und wo Partys tatsächlich stattfinden könnten. Die Club Commission hatte etwa zeitgleich mit der Forderung Pops eine Liste mit etwa 20 möglichen Orten für solche Partys eingereicht, inklusive der maximalen Anzahl an Gästen, die diese Flächen fassen könnten unter Berücksichtigungen einiger grundsätzlicher Regeln.
Darunter sind zum Beispiel der Volkspark Jungfernheide und der Park am Schleußenkanal in Charlottenburg, aber auch der Nöldnerplatz in Lichtenberg oder der Vorplatz des Zeiss-Großplanetariums in Prenzlauer Berg. In Neukölln, wo Menschen seit Wochen Guerilla-Raves in der Hasenheide feiern, schlägt die Club Commission die Südflanke des Tempelhofer Felds, den Britzer Hafen und die Rixdorfer Höhen vor.
Nach dem letzten Wochenende, an dem eigentlich der CSD hätte stattfinden sollen, hat der Bezirksbürgermeister von Neukölln, Martin Hikel (SPD), legalen Open-Air-Partys in seinem Bezirk aber schon eine Absage erteilt. Dem Tagesspiegel sagte Hikel: „Wer nach dem Wochenende ernsthaft noch Raves in bezirklichen Grünanlagen will, ist herzlich zur Geruchsprobe in die Hasenheide eingeladen und darf gerne auch mit aufräumen.“ In Tempelhof-Schöneberg sieht es für Feierwütige ähnlich düster aus. Einzig einige Bezirke im Osten der Stadt zeigen sich offen: Schon im Juni hatten die Bezirksbürgermeister sich für Veranstaltungen im Freien stark gemacht.
Der Sommer ist bald vorbei und damit die Saison für Open-Air-Partys
Das reicht aber nicht. Wenn irgendjemand noch etwas von den Partys haben will, Gäste sowie Veranstalter*innen, müssen sie jetzt, natürlich unter der Beachtung von Corona-Regeln, geplant werden. Der Sommer dauert nicht mehr allzu lang, August und September sind realistisch gesehen die einzig verbliebenen Monate, in denen man dieses Jahr noch draußen feiern könnte. Veranstalter*innen und Clubs haben schon Unmengen an Geld verloren und das in der Jahreszeit, in der sie normalerweise besonders viel einnehmen. Zwar plant das Berghain für dieses Wochenende, seinen Außenbereich für Partys zu öffnen und auch das Kater Blau hat ähnliches vor. Doch dort passen nur eine sehr begrenzte Anzahl an Menschen rein.
Wenn die illegalen Raves in der Hasenheide und auf anderen Grünflächen wirklich ausgetrocknet werden sollen, dann braucht es Alternativen. Da hat Ramona Pop schon Recht. Natürlich würde es immer noch Menschen geben, die lieber zu illegalen Partys irgendwo in Brandenburg oder in Berliner Grünanlagen gehen. Es gibt aber auch genug, die Musik auf besseren Anlagen als kleinen, portablen Musikboxen hören wollen. Denn da kommt an den meisten Wochenenden in der Hasenheide die Musik raus. Bislang hat sich die Wirtschaftssenatorin aber nicht weiter zu ihrem Vorschlag geäußert, auch unserem Magazin gegenüber nicht. Und die Bezirke bleiben untätig. Solange es kein Gesetz gibt, kann der Senat sie auch nicht dazu zwingen.
Dabei haben die letzten Wochen gezeigt: Solange die Infektionszahlen gering sind, lassen sich die Menschen nicht von illegalen Raves abhalten. Und das waren sie in den letzten Wochen, auch wenn die Zahlen der letzten Tage alarmierend sind, und man sich wirklich überlegen sollte, ob man generell mehrere Menschen auf einem Haufen sehen will, wenn das so weitergeht.
Es ist heuchlerisch, über vollgepinkelte Parks zu meckern
Trotzdem hilft es auch nicht weiter, jetzt wie Martin Hikel über zerstörte Parks zu wettern, solange es null Alternativen gibt. Mal ganz abgesehen davon, dass die Stadt noch nie für ausreichend öffentliche Toiletten in Grünanlagen gesorgt hat. Natürlich sollte jede*r darauf achten, seinen Müll mitzunehmen und ordnungsgemäß zu entsorgen, egal wo man sich aufhält. Aber dass Menschen in die Büsche urinieren, ist wirklich nichts Neues, das war schon vor Corona so. Dem könnten die Bezirke einfach beikommen, indem sie ein paar Toiletten aufstellen würden. Am einfachsten wären diese Ökotoiletten, die es sonst auf Festivals gibt und bei denen man mit Sägespänen „spült“. Die brauchen nicht mal Wasser.
Es gibt immer mehr illegale Open-Air-Partys in Berlin. Revolutioniert Corona die Techno-Szene? Egal, ob die Möglichkeit, draußen legal zu feiern, schnell kommt oder nicht, unser Autor findet: Legale Raves werden das größere Problem nicht lösen. Ihr seid unsicher, was während der Pandemie erlaubt ist? Berlin informiert regelmäßig über alle neuen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus.