Wenn Kathrin Miethner, ausgebildete Tischlerin und Gründerin des einstigen Kindermöbelunternehmens Puffin, nach einem langen Tag Ruhe und Abgeschiedenheit braucht, dann findet sie diese vier Meter über der Erde in ihrem selbst gebauten Baumhaus in Steglitz. Zwischen einen Zwillings-Ahorn geklemmt, aufgeteilt in drei Etagen und gestrichen in einem schwedischem Rotton, fällt es jedem Vorbeigehenden ins Auge. Eigentlich hatte Kathrin Miethner das luftig hohe Haus für ihren Sohn gebaut. Mittlerweile aber hat sie festgestellt, dass sie „inzwischen öfter als meine Kinder im Baumhaus sitze und die Abgeschiedenheit nebst der schönen Aussicht genieße“.
Ein Baumhaus erfülle archaische Bedürfnisse nach Rückzug und Sicherheit: „In der luftigen Höhe ist man sicher vor wilden Tieren und hat gleichzeitig seine Umgebung im Blick“, erklärt der Berliner Architekt Florian Kneer die Lust an dem eigentlich anachronistischen Zufluchtsort. Gemeinsam mit seiner Kollegin Bernita Le Gerrette hat Florian Kneer im Rahmen des ART-ECO-Projektes nach Anregungen von Kinderentwürfen und unter Beteiligung von zahlreichen ehrenamtlichen Helfern vom Kreativhaus auf der Fischerinsel ein dreistöckiges, futuristisches Baumhaus gebaut.
Doch auch andere haben sich in Berlin den Traum am Baum erfüllt – oder von professionellen Baumhausbauern erfüllen lassen. Frank Schultz, ein Berliner Zimmermann, der sich mit seiner Firma Houtwerken unter anderem auf den Bau von Baumhäusern spezialisiert hat, stellt fest: „Bei vielen Aufträgen zum Bau von Baumhäusern hatte ich das Gefühl, es sei eher ein lang ersehnter Kindertraum der Eltern, den sie nun für ihr Kind, manchmal aber auch tatsächlich nur für sich wahr werden lassen wollen.“ Für Leute, die – ganz authentisch – unbedingt ein selbst gebautes, gleichzeitig aber auch stabiles und pflanzenfreundliches Baumhaus wollen, bietet Schultz sogar Workshops zum Baumhaus-Bau an.
Schön versteckte Aussichtsposition
Besonders beliebt scheinen Baumhäuser zu sein, die, versteckt im Grün der Wipfel, gleichzeitig einen mehr oder minder heimlichen Blick aus der Vogelperspektive auf eine interessante Umgebung erlauben. Der Bremer Architekt Andreas Wenning, der mit seiner Firma Baumraum für Kunden in Berlin einen Auftrag realisierte, schwärmt etwa: „Durch die großen Glasflächen hat man einen traumhaften Blick auf einen kleinen Hafen und vorbeifahrende Boote an der Spree.“
Andere haben von ihrem erhöhten Standpunkt Gärten, Hinterhöfe, Spielplätze oder, wie vom Baumhaus des Berliner Tischlermeisters Manuel Biedermann aus, gar die S-Bahn im Visier: In der Nähe der Station Halensee schwebt das von seinen Tischlerpraktikanten gebaute Objekt sehr verwunschen meterhoch über den Gleisen. Sehen, aber nicht gesehen werden, das ist eine Baumhaus-Devise.
Text: Hannah-Lou Multhaup/ Eva Apraku
Fotos: Sonja Pietzeck, Markus Bollen, DetKan, Hannah-Lou Multhaup
Fotogalerie:
Bild 1: Villa Kunterbunt ganz oben: Kathrin Miethners dreigeschossiges Baumhaus in der Lutherstraße 16 in Steglitz mit Terrasse (2,5 Meter Höhe), Wohnzimmer (4 Meter Höhe) und Schlafkoje (6,5 Meter Höhe)
Bild 2: Futuristisches Gemeinschaftsprojekt: Das dreistöckige Baumhaus (http://baumhaus-fischerinsel.com)
im Garten des Kreativhauses auf der Fischerinsel in Mitte wurde mithilfe von Ehrenamtlichen für nur
5?000 Euro im Rahmen eines soziokulturellen Projektes errichtet
Bild 3: Frisch errichtet: Dieses Baumhaus befindet sich in 3,20 Metern Höhe und wurde von Zimmermann Frank Schultz (www.houtwerken.de) als Auftragsarbeit in Kaulsdorf realisiert
Bild 4: Ufo-Landung am Kanal: Das vom Bremer Architekten Andreas Wenning (www.baumraum.de)
entworfene Baumhaus ist in Edelstahlplatten gehüllt und bietet beste Aussichten auf den Spreebogen und
einen kleinen Hafen
Bild 5: Grünes „Stellwerk“: Beste Aussichten für S-Bahn-Fans an der Bornstedter
Straße/ S-Bahnhof Halensee in Wilmersdorf. Das Baumhaus errichtete
Tischlermeister Manuel Biedermann
(www.bim-tischlerei.de) mit Tischlerei-Praktikanten
Teaserbild: Wolkenkuckucksheim: Im Rahmen eines internationalen Workcamps gebautes Baumhaus auf dem Abenteuer- und Bauspielplatz Forcki, Forckenbeckplatz, Friedrichshain
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