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Modernes Berlin: Ein paar Ideen für eine glorreiche Zukunft

Berlin wird moderner, also die Behörden. Innensenatorin Iris Spranger verkündete kürzlich stolz, dass die Hauptstadt in Sachen Digitalisierung „endlich“ (!) nach vorn gebracht wird. Frischer Wind fegt durch die verstaubten Büros und…bringt digitale Akten. Jubelrufe, Berliner Beamt:innen liegen sich in den Armen, also sobald sie das Fax lesen. Mussten sie doch während der Lockdowns verzweifelten Bürger:innen erklären, dass sie im Homeoffice keinen Zugriff auf diese und jene Akten haben. Acht Stunden vertrösten, eine Stunde Mittag. Feierabend. Heulen. Da die Politik stets in Modernisierungslaune ist, könnte sie doch gleich ein paar weitere Reformen durchdrücken. Wir haben ein paar Vorschläge für ein modernes Berlin.


Fußgängerfreundliche Ampelphasen

In einem modernen Berlin gäbe es diese Blechlawinen nicht. Foto: Imago/photothek

Es ist ein Kampf, Mensch gegen Maschine, Muskeln gegen Metall. Aussichtslos scheint sie, die Schlacht zwischen Fußgänger:innen, Ampeln und Autos. Immerhin verbrüderten sich letztere Fraktionen, um die ohnehin unterlegenen Blechlosen zu besiegen. Trotzdem, wacker wie sie sind, versuchen sie es jeden Tag erneut. Sie schleppen sich zu den glänzenden Säulen, warten, machen sich bereit. Um sie herum spotten Motoren mit kehligem Gelächter. Auf die Plätze, fertig, grün! Sie stürmen auf die Straße, ihr Ziel im Blick. Doch schon auf halbem Wege springt die Ampel auf rot. Vielleicht könnte der Senat hier als Schiedsrichter einspringen, für faire Regeln sorgen. Fußgängerfreundliche Ampelphasen würden Berlin nicht nur modernisieren, sondern würden auch den Nachhaltigskeitsansprüchen der Gegenwart gerecht.


Mehr verkehrsberuhigte Zonen

Finden wir modern: Endlich keine Autos! Foto: Imago/Political-Moments

Berlin braucht mehr Sicherheiten für Radfahrende und Spazierende, mehr Poller, mehr verkehrsberuhigte Zonen. Die Amokfahrt nahe des Breitscheidplatzes machte das Thema noch präsenter als es ohnehin sein sollte. Das Grünen-geführte Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf pochte deshalb darauf, dass der Verkehr ebendort eingeschränkt werden soll. Doch, wie so häufig beim Thema „Grenzen für Autofahrer:innen“, schaltete sich ein CDU-Politiker ein und wetterte gegen den vermeintlichen Opportunismus der Grünen. Demnach wollen sie aus dem furchtbaren Ereignis politisches Kapital schlagen.

Übrigens wettert der Politiker stets gegen verkehrsberuhigte Bereiche. Der Senat muss nicht auf ihn hören, ist ein Oppositioneller mit Autofetisch. Stattdessen können die Regierenden sich an Aktionen wie „Berlin autofrei“ orientieren. Es wäre doch sehr fortschrittlich, zumindest eine abgespeckte Form ihrer Forderungen umzusetzen und Berlin endlich weniger autofreundlich zu machen.


Kostenloser ÖPNV

Einsteigen und nichts zahlen. Kostenloser ÖPNV würde Berlin gut stehen. Foto: Imago Images/Frank Sorge

Das 9-Euro-Ticket stellt eine Zäsur da. Endlich werden Fahrten für alle Menschen erschwinglich, wenngleich sich bereits abzeichnet, dass Menschen mit Arbeitslosengeld 2 Zuschüsse, etwa für Schüler-Monatskarten, zurückzahlen müssen. Im schlimmsten Fall wird es also kein Gewinn für alle. Nun sollten wir hier festhalten, dass die Berliner Jobcenter genau das nicht verlangen sollten. Zusätzlich könnte der Senat doch gleich kostenlosen ÖPNV für alle einführen. Die Fahrten wären so deutlich niedrigschwelliger, endlich keine Tickets mehr kaufen, unangenehme Situationen mit Kontrolleur:innen fallen weg und Schwarzfahrer:innen gleich mit ihnen. Denn eine Person, der das Geld für ein Ticket womöglich fehlt, wird dieses wohl kaum für die Strafgebühren aufbringen können. Kostenloser ÖPNV für ein modernes Berlin.


Strengere Kontrollen für Polizisten

Polizist:innen haftet etwas Charismatisches an. Wihirklich. Foto: Imago/aal.photo

Es gibt Dinge, die zwar real wirken können, letztlich aber doch nur der Fantasie entspringen oder auf Wunschdenken basieren. Da wären Einhörner, die Zahnfee, der Weihnachtsmann oder auch eine Anlaufstelle für Betroffene von Polizeigewalt. Doch manchmal geschieht auch auf dieser Welt Wunderliches: Berlin baut derzeit so eine Anlaufstelle auf. Leider ist der Haken, dass diese Stelle eben auch an die Behörden gekoppelt ist, also auch als Ansprechpartner für Polizist:innen dient. Mag okay wirken, ist aber für Menschen mit polizeibedingter Gewalterfahrung eventuell nicht vertrauenserweckend. Besser wäre eine zusätzliche Ermittlungsinstitution mit Staatsanwaltsabteilung.


Mehr Respekt für Volksbegehren

In einem modernen Berlin begegnet der Senat Initiativen für Volksbegehren auf Augenhöhe. Foto: Imago/aal.photo

Es ist doch recht überraschend wie progressiv sich Parteien während Wahlkampfperioden geben, aber sobald die Urnen geleert und Posten besetzt sind, verfallen sie in konservative Bräsigkeit. Mehr Radwege, verkehrsberuhigte Zonen, irgendwas mit Fesseln sprengen, was übersetzt zwischen Bürokratieabbau (gut) und weniger staatlicher Kontrolle (schlecht) pendelt. Energie soll reformiert, wohnen gerechter werden.

Kommen dann Volksbegehren auf, werden sie mittels schwarzmalerischer Machbarkeitsargumente abgeschmettert. „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ konnte einen Volksentscheid erfolgreich durchführen, wurde aber lange danach totgeschwiegen. Und auch wenn es bereits ein erstes Treffen einer Expertenkommission zur Vergesellschaftung großer Immobilienbestände gab, der Senat sträubt sich gegen das Vorhaben, das Treffen selbst entpuppte sich als uferloses Scharmützel. „Berlin Autofrei“ bekam eine Absage und, kein Volksbegehren, aber auch wichtig, die Initiative „Schule muss anders“ wird im politischen Diskurs wegignoriert. Berlin soll moderner werden, ja, dann sollte der Senat gelegentlich die Bürger:innen und ihre Wünsche ernst nehmen.


Containern legalisieren

Es wäre schön, wenn Menschen beim Containern nicht mit Strafen rechnen müssten. Foto: Imago/Sabine Gudath

In der redaktionellen Blase gibt es eine Regel: Wer noch nicht eine Gruppe Hipster beim containern begleitet hat, darf sich nicht Lokaljournalist:in nennen. Nun ist eine Geschichte erst dann erzählenswert, wenn sie irgendwie außergewöhnlich ist. Doch in einem wohlhabenden Land wie Deutschland sollte es eben nichts Besonderes sein, nicht verkaufte, verderbliche Lebensmittel nicht wegzuwerfen, sondern zu verkonsumieren.

Und wenn Einzelhändler:innen diese doch wegschmeißen sollen, sollten die Menschen diese doch zumindest retten dürfen. Containern sollte übrigens bereits 2019 legalisiert werden. Die Mehrheit der CDU-Länder lehnte das aber ab, weil es weder hygienisch noch menschenwürdig sei. Logisch, menschenwürdige Umstände werden bekanntlich erzwungen. Und wer aus der Not heraus Lebensmittel aus einem Container holt, muss bestraft werden. „Würde“ über Hunger.


Digitalisierte Ämter

Modernes Berlin: Neue Werkzeuge für Berliner Beamt:innen? Foto: Imago/Westend61

Digitale Ordner für die Berliner Ämter, das ist doch mal was. Die Ämter sind damit bezüglich der Digitalisierung endlich auf Windows-XP-Level. Obacht, bald werden eventuell die ersten Röhrenmonitore gegen Flachbildschirme getauscht. Doch schieben wir mal die Gehässigkeiten beiseite. Digitale Ordner sind der erste Schritt. Als nächstes wäre es gut, den Bürokratiewahnsinn allmählich zu reduzieren und die Ämter vollständig zu digitalisieren. Ein modernes Berlin braucht eben auch moderne Behörden.


Digitalisierte Schulen

Einige Schulen sind digital gut aufgestellt, aber längst nicht alle. Wären Lehrer zudem auf Stand, wäre der Junge auf dem Bild wohl kaum bei Facebook. Foto: Imago/Sabine Gudath

Und wo wir schon mal beim Thema sind: Modernisiert doch gleich die Schulen mit.


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Euch ist das alles ein wenig zu neuartig? Dann schaut euch doch die ältesten Gebäude in Berlin an. Die Hauptstadt ist in manchen Punkten wirklich rückständig. An das und noch mehr müssen sich Zugezogene in Berlin erstmal gewöhnen. Was Berlin noch bewegt, erfahrt ihr in unserer Stadtleben-Rubrik.

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