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Neukölln: Die schönsten Kieze und spannendsten Ecken

Neukölln – ein Stadtteil, der seine Attraktivität nicht zuletzt auch seiner Widersprüchlichkeit verdankt. Die Unterschiede zwischen den Kiezen sind groß. Bei den einen als gefährliche Hochburg der Clankriminalität verschrien, wird Neukölln von anderen geliebt für kulinarische und kulturelle Vielfalt. Der Stadtteil ist tatsächlich so facettenreich wie die Menschen, die ihn bewohnen. Wir stellen euch die schönsten Kieze und spannendsten Ecken in Neukölln vor.


Schillerkiez: Klein, aber fein!

Der Schillerkiez schließt im Westen an das Tempelhofer Feld an – auf der Seite des riesigen Areals sind zum Beispiel die beliebten Gemeinschaftsgärten zu finden. Foto: Imago/Hoch Zwei Stock/Angerer

Klein aber fein, das gilt auf jeden Fall für den Neuköllner Schillerkiez. Spätestens seit vom Flughafen Tempelhof keine Flugzeuge mehr abheben, geht die Beliebtheit des Kiezes, durch die Decke – beziehungsweise Wolken. Auf wenig Raum findet sich hier alles, was ein Wohlfühlkiez so braucht: von der urigen Eckkneipe über das linke Kollektivcafé bis hin zur alternativen Hipsterbar. Im Westen begrenzt vom Tempelhofer Feld, im Süden hektisches Gedränge auf der Hermannstraße und dazwischen: ganz viel Nachbarschaftsfeeling und Gemütlichkeit rund um den Herrfurthplatz, dem Dreh- und Angelpunkt im Schillerkiez.

Nicht nur der lokale Markt am Samstag lockt die Menschen, auch das Café Selig im Gemeindezentrum der Genezarethkirche ist ein beliebter Treffpunkt. Kulinarisch ist auf kleinstem Raum zwischen Bratwurst und veganer Soja-Erdnuss-Eiscreme alles drin. Der wohl bekannteste Export aus dem Kiez ist der Schillerburger, der mittlerweile in ganz Berlin Filialen betreibt. Weiteres Highlight ist die breit angelegte, von Bäumen gesäumte Promenade, umrahmt von Gründerzeitfassaden. Ein Überbleibsel des Versuchs, um die Jahrhundertwende besser Verdienende in das ehemalige Arbeiterviertel zu locken.


Zeitreise im Böhmischen Dorf

Böhmisches Dorf
Liebevoll angelegte Hintergärten, historische Gebäude und Kopfsteinpflaster lassen das hektische Treiben drumherum schnell vergessen. Foto: Imago/Joko

Das Areal zwischen Sonnenallee und Karl-Marx-Straße lädt auf eine Zeitreise ein. Seit sich hier vor knapp 300 Jahren Glaubensflüchtlinge aus Böhmen im damaligen Rixdorf niederließen, scheint die Zeit still zu stehen. Die historische Dorfschmiede, die Bethlehemskirche sowie das alte Schulhaus trotzen als Memorabilien dem Puls der Zeit und erinnern an die ersten Siedler:innen, deren Nachfahren teils noch heute hier leben. Rund um den Richardplatz lassen Kopfsteinpflaster, liebevoll angelegte Vorgärten und Backsteinhäuser das pulsierende Neukölln darum schnell vergessen.

Wer sich nach Entschleunigung sehnt, sollte unbedingt auch dem Comenius-Garten in Erinnerung an den Universalgelehrten Johann Amos Comenius einen Besuch abstatten. Besonders voll wird es im Böhmischen Dorf zum traditionellen Rixdorfer Strohballenrollen im Herbst und zum Alt-Rixdorfer Weihnachtsmarkt im Winter. Fans tschechischer Biere können die Zeitreise in der Eckkneipe Pilsner Urquell abschließen und authentische Braukunst aus dem Nachbarland genießen. Auch in anderen Teilen Berlins gibt es noch gut erhaltene historische Dorfkerne.


Schlossparkfeeling im Körnerkiez

Wo sich einst eine Kiesgrube befand, erinnert der Körnerpark heute eher an einen prachtvollen Schlossgarten. Foto: Imago/Schöning

Auf den ersten Blick haben die Stilrichtung Neobarock und Neukölln bis auf die Vorsilbe nicht sonderlich viel gemeinsam. Das Schmuddelkiez-Image vom dreckigen, lauten und gefährlichen Stadtteil hingegen hält sich hartnäckig. Dass Neukölln mehr als Kebab Shops, Hundekot und zugemüllte Straßen zu bieten hat, beweist ganz eindrücklich der Körnerkiez. Vom S-Bahnhof Neukölln führt der Weg zunächst durch unaufgeregte Straßen, die noch nicht erahnen lassen, welche Perle sich hier versteckt.

Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts hat sich eine ehemalige Kiesgrube im Auftrag von Frank Körner in eine beeindruckende Parkanlage, den Körnerpark, verwandelt und ein bisschen Frankreich nach Neukölln geholt. Im Stil des Neobarocks wurde eine Grünanlage gestaltet, die es ohne Probleme mit jedem Schlossgarten aufnehmen könnte. Wasserspiele, Orangerie, Blumengärten, Galerie und Café versprühen bis heute den Flair Frankreichs und werden regelmäßig zur Kulisse wechselnder Ausstellungen und Veranstaltungsangebote. Für Nachtschwärmer hat die Gegend eher wenig zu bieten, dafür ist der nächste Ausgehkiez nicht weit.


Reuterkiez: Vom Problemviertel zum Szenekiez

Bars, Cafés, Restaurants und individuelle Boutiquen verwandeln den Reuterkiez zu einem der beliebtesten in Berlin. Foto: Imago/Joko

Wer noch immer nicht kapiert hat, wie Gentrifizierung unsere Innenstädte verändert, sollte sich am besten mal mit langjährigen Anwohner:innen im Reuterkiez unterhalten. Das Kofferwort Kreuzkölln für die Gegend zwischen Kottbusser Damm, Maybachufer und Sonnenallee ist kein lustiger Marketinggag, sondern vielmehr Bestandsaufnahme des Status quo: So cool wie Kreuzberg und mittlerweile auch fast so teuer. Der Reuterkiez ist nicht nur eine der am dichtesten besiedelten Gegenden in Berlin, auch die Dichte an Bars, Cafés, Restaurants und Geschäften steht dem Nachbarn Kreuzberg in nichts nach. Pulsierende Ader und Ausgehmeile im Kiez ist die Weserstraße, hier ist zu jeder Tages- und Nachtzeit was los. Wer gerne aufs Wasser schaut, sollte sich zum Maybachufer begeben. Hier lässt es sich nicht nur herrlich in der Ankerklause verweilen und Schwäne beobachten, zwei Mal die Woche verwandelt sich der Landwehrkanal beim Türkenmarkt in den Bosporus.

Das war nicht immer so. Als sich im 19. Jahrhundert mit der Fertigstellung des Landwehrkanals die ersten Gewerbe ansiedeln konnten, hatte die Gegend zum ersten Mal Konjunktur. Altbauviertel im Gründerzeitstil schossen aus dem Boden und verleihen dem Kiez bis heute seinen architektonischen Charme. Nachdem die Gegend lange Zeit als Problemviertel galt, sprang der hippe Funken aus Kreuzberg allmählich über den Landwehrkanal und entfachte die Entstehung eines neuen Szenekiez. 12 tolle Läden im Weserkiez und Reuterkiez findet ihr hier.


Karl-Marx-Straße

Zentraler Platz und Dreh-und Angelpunkt an der Karl-Marx-Straße ist das Rathaus Neukölln. Foto: Imago/agefotostock

Hier ist Neukölln noch Neukölln – würden wohl so manche Anwohnende über die Karl-Marx-Straße sagen. Die Dauerbaustelle und Hauptgeschäftsmeile hat bisher wenig vom hippen Anstrich der umliegenden Kieze abbekommen. Statt veganem Imbiss und nachhaltigen Modeboutiquen dominieren hier weiterhin Kebab-Shops und Fast Fashion das Straßenbild. Das soll sich bald ändern: Hinter dem Motto „Jung, bunt, erfolgreich“ versteckt sich ein Entwicklungskonzept, das die Einkaufsstraße in den nächsten Jahren transformieren soll. Vorboten dieser Stoßrichtung haben sich schon jetzt hier angesiedelt. Die Rooftop-Bar Klunkerkranich und das angesagte Restaurant Paolo Pinkel geben schon einmal einen Vorgeschmack darauf, wie sich das Quartier in Zukunft entwickeln könnte. Mehr zur Entwicklung der Karl-Marx-Straße als Neuköllns soziale Schlagader erfahrt ihr hier.


Hermannplatz: Das Tor zu Neukölln

Sammelbecken und Verkehrsknotenpunkt in Neukölln ist der Hermannplatz. Foto: Imago/Lars Reimann Schild

Wer nach Neukölln rein möchte oder aus Neukölln raus will, wird vermutlich am Hermannplatz landen. Der zentrale Verkehrs- und Knotenpunkt ist gewissermaßen das Tor zum Stadtteil im Norden Neuköllns. Kreuzberg liegt von hier aus nur eine Straßenüberquerung entfernt. Mal herrscht hier betriebsame Marktatmosphäre, mal huschen Menschen über den Platz, um dann auf dem Weg zur U-Bahn im Boden zu versinken. Leer ist es hier fast nie. Vom Hermannplatz aus lassen sich nicht nur Kreuzberg und der Rest von Neukölln gut erkunden, auch der Volkspark Hasenheide liegt von hier nur wenige Gehminuten entfernt.


Eintauchen in eine Parallelwelt in der Gropiusstadt

Der Berliner Architekt und Begründer des Bauhauses, Walter Gropius, entwarf die Hochhaussiedlung, um dem Wohnplatzmangel in West-Berlin zu begegnen. Foto: Imago/Schöning

Es gibt nicht viel, was die Skyline Berlins prägt. Im Gegensatz zu Großstädten wie Frankfurt oder London ist das Zentrum relativ flach bebaut. Das sieht am Stadtrand ganz anders aus: Die Umrisse der Gropiusstadt bestimmen unverkennbar das Stadtrandbild. Zwischen 1962 und 1975 entstanden am äußersten Rand von Neukölln als Reaktion auf den Wohnplatzmangel in Westberlin die Großwohnsiedlung Gropiusstadt.

Der Senat unter dem damaligen regierenden Bürgermeister Willy Brandt beauftragte den Berliner Architekten und Begründer des Bauhauses Walter Gropius mit der Planung einer Hochhaussiedlung, die den Mangel an Sozialbauwohnungen beheben sollte. Wer sie noch nicht aus der Ferne gesehen hat, hat vielleicht schon von ihr gelesen. An der Grenze zu Brandenburg beginnt die Reise von Christiane F., deren Geschichte im Buchklassiker „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ Leser:innen auf der ganzen Welt bewegte. Wo eigentlich eine einfache und funktionale Satellitenstadt mit hellem Wohnraum entstehen sollte, entstand seit den 80ern ein sozialer Brennpunkt. Weitere Großbausiedlungen in Berlin stellen wir euch hier vor.


Hufeisensiedlung: Sinnbild des Neuen Bauens

Der hufeisenförmigen Anordnung der Gebäude verdankt die Wohnsiedlung seinen Namen. Foto: Sebastian Trommer

37 Denkmäler dürfen sich in Deutschland mit dem Titel Unesco-Weltkulturerbe schmücken. Dass sich eines davon im Neuköllner Ortsteil Britz befindet und sich damit den Titel mit Bauwerken wie der Chinesischen Mauer teilt, wird viele verwundern. Zwischen 1925 und 1933 entstand nach Plänen des Architeken Bruno Taut ein Aushängeschild des Neuen Bauens und eine der ersten Siedlungen im sozialen Wohnungsbau in Berlin. Sachlich und funktional sollten die Wohnungen und Einfamilienhäuser sein, gleichzeitig wurde großer Wert auf Grünflächen und die Farbgebung der Häuser gelegt. Bis heute ein herausragendes Leuchtturmprojekt des Berliner Städtebaus und unbedingt einen Ausflug wert. Bauhaus und Neues Bauen in Berlin: So visionär wurde in der Stadt gebaut.


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