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Kommentar

„Niemand kommt“-Festival: Es braucht mehr als Solidarität

Das Festival „Niemand kommt. Alle sind dabei“ findet nun am 31. Juli statt. Also eben nicht. Denn das Besondere dabei: Das Festival findet statt, indem es nicht stattfindet. Live-Programm gibt es nicht, das verrät schon der Festivalname. Das gesamte Event ist ein Spendenaufruf für die Kunstszene. Kulturschaffende wie Peaches, Matthias Beckmann, She She Pop, Sasha Waltz und Kathrin Röggla beteiligen sich. Ziel des Festivals ist es, auf Missstände aufmerksam zu machen – und aus den Ticketerlösen jeder ausgelosten Person 1.000 Euro zahlen zu können. Schön und gut, findet tipBerlin-Redakteurin Claudia Wahjudi. Doch Solidarität allein reicht nicht. Im Kommentar fordert sie Rechtssicherheit.

Die Komödie am Kurfürstendamm im Schiller Theater. Das Haus beteiligt sich am "Nieamnd kommt"-Festival. Foto: Imago Images / Stefan Zeitz
Die Komödie am Kurfürstendamm im Schiller Theater. Das Haus beteiligt sich am „Niemand kommt“-Festival. Foto: Imago Images / Stefan Zeitz

Wenn am 31. Juli das Solidaritätsfest für Kulturschaffende aller Sparten stattfindet, zu dem auch der Berufsverband Bildender Künstler*innen Berlin (BBK Berlin) aufgerufen hat, macht bereits die Werbung dafür deutlich: Die Not Kulturschaffender in der Pandemie ist groß. Denn der Erlös aus den Tickets für das Fest, das nicht stattfindet, soll Kulturschaffenden helfen, mit je 1.000 Euro pro Person. Ein Akt der Solidarität. Doch wie weit kommt man mit 1.000 Euro?

Das Festival „Niemand kommt“ hilft mit Spendengeldern. Andere Angebote kommen nicht richtig oder zu spät an

Öffentliche Hand und private gute Geister ermöglichen viele Hilfen, allen voran den Kulturinfrastrukturfonds des Bundes und die Berliner Soforthilfen für Solo-Selbstständige. Doch das alles kommt spät oder nicht richtig an, etwa wegen der „fixen Betriebskosten“, die für die Soforthilfe nötig sind.

Martin Woelffer, Intendant der Komödie am Kurfürstendamm im Schiller Theater, gibt ein Videostatement zu „Niemand kommt“.

Wer zudem bei pandemiebedingten Einkommensverlusten vor Mieterhöhungen steht, den trifft die Krise doppelt, wie die Buchhandlung Kisch & Co, die Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) und weitere Mieter in der Kreuzberger Oranienstraße 25.

Und weil alles so ist, wie es ist, hat der BBK Berlin eine Petition für eine „Verlängerung und rechtssichere Ausgestaltung von Soforthilfe für Selbstständige“ gestartet. Ende Juni hat sie ihr Quorum erreicht, nun soll es eine Anhörung für Kulturschaffende im Bundestag geben. Wenn sie sich organisieren, erhalten Kulturschaffende Gehör.

Ohne die Kulturverbände ginge es zu wie in der Fabel von der Ameise und der Grille. Während die Grille zur Freude der Ameise musiziert, legt diese Vorräte an. Bei Wintereinbruch muss die Grille bei der Ameise um Hilfe betteln. Sie wird ihr gewährt.

„Wir stehen erst am Beginn von Pandemie und Rezession.“

Doch besser wäre ein dauerhafter Vertrag gewesen: Musik gegen Lebensunterhalt und umgekehrt. Denn nächstes Jahr beginnt das Spiel von vorn. Oder anders: Wir stehen erst am Beginn von Pandemie und Rezession. Wir brauchen langfristigen Schutz für Kultur und eine gesetzliche Sicherung für die Kulturwirtschaft, die Gewerbemieten zahlt. Stärken wir die Kulturverbände. Treten wir ein.

„Niemand kommt“, Solidarität und Kunst in Berlin: mehr zum Thema

Auf der Webseite der „Niemand kommt“-Festivalmacher*innen finden sich viele Beiträge über die Lage der Kunst und finanzielle Schwierigkeiten. Auch die Tickets zur Nicht-Teilnahme können dort gekauft werden.

Für die Kunst-, Kultur- und Veranstaltungsszene sind die Zeiten schlecht. Wir haben im Juni Theaterschaffende gefragt, wie sich ihr Schaffen nach der Krise verändern wird. Richtige Festivals gibt es auch – etwa die „20 Sunsets“ im HKW. Was diese Woche in Berlin sonst los ist, verraten wir euch hier. Sogar Partys gibt es mittlerweile, wobei die illegal sind. Doch auch legale Raves werden das Problem nicht lösen.

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