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Offline-Club kommt nach Berlin: Was hat es mit dem Trend auf sich?

Immer mehr junge Menschen sehnen sich nach einer Auszeit von Smartphone, Laptop und Co. Drei junge Niederländer haben daraus eine Geschäftsidee entwickelt: In den Offline-Clubs gilt Handy-Verbot, stattdessen wird gelesen, gemalt und sich unterhalten. Jetzt gibt es einen Ableger in Berlin.

Ein Nickerchen machen, Armbänder knüpfen oder lesen – beim Offline-Club geht es um analoge Aktivitäten. Foto: Offline Club

Ein junger Mann schraubt an einem Zauberwürfel, ein Paar duelliert sich im Schach, eine andere Person schreibt konzentriert Tagebuch – Doomscrolling auf Handybildschirmen sucht man in diesem Café vergeblich. Was wie eine Szene aus dem letzten Jahrhundert anmutet, ist im Offline-Club Realität: Eine Pop-Up-Eventreihe, in der Menschen sich eine Auszeit von digitalen Medien nehmen können, um „mit der realen Welt in Verbindung zu treten“, wie es die Veranstalter versprechen. Nach der Premiere im Februar 2024 in Amsterdam expandierte das Format rasch in weitere europäische Städte, im Juni findet es erstmals in Berlin statt.

Das Handy kommt in die Tonne – zumindest vorübergehend

Offline-Clubs finden meist in Cafés und Parks statt, aber auch an ungewöhnlichen Orten. Ein Instagram-Video, das rund 200 Offline Club-Teilnehmer:innen bei der Buchlektüre in einer Amsterdamer Kirche zeigt, erzielte 42 Millionen Aufrufe. Ganz umsonst gibt es den Kurztrip ins analoge Leben aber nicht. Um bei einem Offline-Club dabei sein zu können, müssen Besucher zwischen 7,50 und 8,50 Euro zahlen. Das Smartphone sammeln die Hosts zu Beginn ein. „Are you ready to ditch your phone?“, schreiben die Gründer von „The Offline Club“ auf Instagram: „Bist du bereit dein Handy wegzuwerfen?“. In der Tonne, bzw. einer Plastikbox, landet das Smartphone aber nur für die Dauer der Veranstaltung, meist ein paar Stunden.

Chillen wie früher, aber vor historischer Kulisse: Teilnehmer:innen des Offline-Clubs versammeln sich in einer Kirche. Foto: Offline Club

Die Idee des Digital Detox-Clubs stammt von drei jungen Menschen aus Amsterdam: lya Kneppelhout, Jordy van Bennekom und Valentijn Klok verbrachten 2021 ein Wochenende auf dem Land, ganz ohne Internetverbindung. Inspiriert von dieser Erfahrung, organisierten die drei zunächst kleinere Ausflüge in die Natur, im Februar 2024 dann zum ersten Mal den Offline-Club in einem Amsterdamer Café. Heute folgt eine halbe Million Menschen ihrem Instagram-Account. Die drei Niederländer sind dabei längst nicht mehr allein. Sogenannte Community Leader organisieren die Offline-Clubs in anderen Städten, in Berlin etwa die Performancekünstlerin und Bewegungstherapeutin Katharina Schüßler.

Junge Menschen haben verstärkt Bedürfnis nach digitaler Auszeit

Ihre Offline-Clubs verstehen Kneppelhout, van Bennekom und Klok als eine Antwort auf die Probleme einer Generation, die mit hohem Social Media-Konsum aufgewachsen ist. Viele Junge Menschen leiden insbesondere seit der Pandemie verstärkt an Einsamkeit, Depressionen und Ängsten, verbringen gleichzeitig im Schnitt mehrere Stunden Tag mit dem Smartphone.

Auch wenn sich die Forschung uneinig ist, ob erhöhte Social-Media-Nutzung wirklich mehr psychische Probleme zur Folge hat, scheint es jedoch unter der Generation Z ein wachsendes Bedürfnis nach Digital Detox zu geben. Einer Studie der British Standards Institution zufolge aus dem Jahr 2025 fühlen sich fast 70 Prozent der 16- bis 21-Jährigen Brit:innen schlechter, wenn sie Zeit auf Social Media verbringen. „Die Menschen suchen nach Verbindung, nach echter Verbindung mit anderen, weg vom Bildschirm“, sagte Kneppelhout der französischen Presseagentur AFP.

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Nicht das erste Offline-Angebot in Berlin

„The Offline-Club“, der am 17. Juni in Neukölln zum ersten Treffen einlädt, ist nicht die erste Veranstaltung in Berlin, bei der Menschen sich analog kennenlernen und Zeit verbringen können. Nach US-Amerikanischem Vorbild gründete Bianka Gawron 2023 die „Hot-Girl-Walks“: Spaziergänge für Frauen, um neue Freundschaften zu schließen. Warum Gawron den Hot-Girl-Walk gegründet hat und wer bei den Treffen dabei ist, erfahrt ihr in unserem Artikel über die florierende Offline-Girls-Community.

Die erste Veranstaltung des Offline-Clubs findet am 17. Juni im Engels Café statt, in den Wochen darauf sind weitere Treffen an verschiedenen Orten geplant. Auf Instagram kündigt „The Offline Club Berlin“ die Events schon rege an. Die werden vermutlich auch wieder per Instagram-Reels dokumentiert – so richtig ohne Internet geht es heutzutage doch nicht mehr.

  • Café Engels Herrfurthstr. 21, Neukölln, Di 17.6. 17 Uhr, weitere Termine folgen, ab 7,50 €, mehr Infos online

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Der erste Offline-Club findet in Neukölln statt. Wenn ihr schonmal da seid: Hier findet ihr 12 Orte in Neukölln, die immer einen Besuch wert sind. Die Hot Girl Walks sind organisierte Spaziergänge für Frauen – wer auf eigene Faust einen Streifzug durch Berlin machen möchte, für den oder die haben wir tolle Strecken in der ganzen Stadt bereitgestellt. Ob Friedhöfe, David Bowies Spuren in Schöneberg oder Plattenbauten: Ungewöhnliche Spaziergänge findet ihr hier. Wer es statt analog lieber virtuell möchte, wird ebenfalls fündig bei uns: Unsere Tipps für Virtual Reality in Berlin.

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