Ach Berlin, du Stadt der quasi unbegrenzten Möglichkeiten. Wenn es uns an einem nicht mangelt, dann sind es Optionen. Das geht beim Dating los und endet bei der Frage, ob man denn nun handgezogene Nudeln speisen oder lieber im neuen Fusion Restaurant dinieren möchte. Wir haben 12 Dinge à la übersüßtem Bubble Tea gesammelt, die in Berlin so was von overrated sind.
Lebensmittel nach Hause bestellen
Wir kennen es ja auch: Dank dem Cliffhanger der Serie sind die Nerven zum Zerreißen gespannt, das Wetter verspricht eine selbst für Berlin ambitionierte Mischung aus Nieselregen und fröstelnder Kälte – und schon ähnelt der Gang zum Supermarkt im Schwierigkeitsgrad in etwa einer Besteigung des Himalaya. Lieferdienste gibt es in Berlin zu Genüge, um sich das Essen vor die Haustür liefern zu lassen.
Dabei dürfte der Umgang gewisser Lieferunternehmen mit ihren Mitarbeiter:innen an den wenigsten vorbeigegangen sein. Und dass dieser nicht der feinen englischen Art entspricht, wäre eine vorsichtige Übertreibung. Während von Seiten der Politik zweifelsohne Nachholbedarf besteht, sind die Arbeitsbedingungen für uns ein eindeutiger Grund, warum das Bestellen bei Lieferdiensten overrated ist.
Ganz abgesehen vom gesellschaftlichen Aspekt lässt sich nur schwer abstreiten, dass der ein oder andere Gang vor die Tür beim Erreichen der täglichen 10.000 Schritte nicht schaden dürfte. Wobei wir es dank der besten Spätis für das Nötigste sowieso nie weit haben.
Sich für das neue Restaurant/Café/You name it anstellen
Dass wir in Berlin, im guten wie im schlechten Sinne, eine Extramacke an der Waffel haben, geschenkt. Aber warum diese fanatische Obsession für Läden mit ellenlangen Schlangen? Auch wenn das Anstehen in Berlin gewissermaßen Tradition hat, können wir in küchenpsychologischer Manier nur mutmaßen, warum wir dieses Skill bis zur quasi-olympischen Disziplin perfektionieren mussten. Ist es vielleicht die stoische Ruhe (manch eine mögen es Berliner Gleichgültigkeit nennen)? Was dem einen die After-Work-Gong-Meditation-Class …
Wir wollen nun aber auch nicht Wasser predigen und Wein trinken: Wer sich noch nicht für eine überschätzte Location die Füße in den Bauch gestanden hat, der solle den ersten Dinkel-Vollkorn-Bagel werfen. Und manchmal ist es ja dann doch ein klitzekleines bisschen aufregend, in Berlin an den neuesten Food-Hypes dran zu sein. Mit unserer Berlin Food App findet ihr auf einen Blick Cafés, Restaurants und Bars abseits der üblichen Verdächtigen, in denen ihr ganz ohne Schlangestehen dem Müßiggang frönen könnt.
Coffee to go
Wir bleiben beim Thema Müßiggang. (Oder sollten wir eher „Slow Living“ sagen?) Klar ist Essen oder Trinken zum Mitnehmen super – um sich in den Park zu setzen zum Beispiel, oder das Essen mit nach Hause zu nehmen. Aber to go wirklich wörtlich zu nehmen und im Gehen seinen Wrap zu verdrücken oder sich seinen halben Kaffee überzuschütten ist weder sexy noch besonders spaßig.
Ja, wir sind alle so wahnsinnig wichtig und ständig busy. Aber ein bisschen Dolce Vita würde uns in Berlin allen mal guttun. Wer schon einmal damit anfangen möchte, kann mit traditioneller Pizza, Pasta und italienischem Lebensgefühl ein Stück Italien in Berlin erleben.
Die große Liebe beim Online-Dating finden
Ghosting, Cuffing-Season und Breadcrumbing… Wer nach diesen Begriffen aus dem Tinderversum noch nicht bedient ist, dem ist gewissermaßen auch nicht mehr zu helfen (oder gehört zu den Glücklichen, die so etwas nur peripher tangiert). Zwischen Good-Vibes-Only-Sprüchen und durchgeposten Fotos lässt sich hier eher selten die große Liebe, dafür aber zuverlässiges Futter für misanthropische Neigungen finden. Mal abgesehen davon, dass jede App, die uns in den Klauen der kurzfristigen Dopaminkicks gefangen hält, eine zu viel ist.
Natürlich bestätigt die Ausnahme die Regel und für das Finden kurzfristiger Bekanntschaften haben Datingplattformen durchaus ihre Berechtigung. In allen anderen Fällen würden wir euch aber raten, den Stress zu sparen und die Zeit lieber ganz analog in Dinge zu investieren, auf die ihr wirklich Lust habt. An Vereinen, Initiativen und Sportmöglichkeiten sollte es in Berlin nun wahrlich nicht mangeln und Inspiration findet ihr bei diesen 12 außergewöhnlichen Kursen in Berlin. Damit spart ihr euch nicht nur die krampfigen Treffen, sondern habt auch ziemlich sicher mehr Spaß – und wer weiß schon, was an Freundschaften oder Bekanntschaften dabei rumkommt.
Ein eigenes Auto in Berlin
Wer in Berlin einmal zur Rush Hour auf dem Tempelhofer Damm unterwegs war oder versucht hat, einen Parkplatz zu finden, dürfte sich darüber wundern, dass sich in der Hauptstadt überhaupt noch jemand freiwillig hinters Lenkrad setzt. Aber die Zahlen sprechen eine andere Sprache und zeigen, dass das eigene Auto in Berlin noch immer deutlich overrated ist.
Seit Jahren steigt die Zahl der Autozulassungen in der Hauptstadt – und das in einem Maß, das sich auch mit dem Zuzug nicht erklären lässt. Eine Statistik, bei der einem in der großstädtischen Öko-Bubble schon einmal der Decaf Chai Latte aus dem Mehrweg-Becher schwappen kann. Einziger Trost: Mit knapp 300 Autos pro 1.000 Einwohner kommen wir in Berlin im Vergleich zu anderen Großstädten wie München, Köln oder Frankfurt am Main noch ziemlich gut weg.
Trotzdem ist noch eine Menge Luft nach oben, wenn man bedenkt dass es von den Öffentlichen über den E-Scooter (man möge davon halten, was man wolle) bis hin zum Car-Sharing Alternativen en masse gibt. Und wenn dann endlich die neuen Radwege für Berlin kommen, könnte das endlich wirklich für besseren Verkehr in der Hauptstadt sorgen.
Coolness
Bekanntlich ist uns Berliner:innen unser gesellschaftliches Standing ach so egal. Dabei ist es erstaunlich, mit welcher Hingabe wir unseren Ruf des Nicht-Beeindrucktseins pflegen. Dass Coolness wirklich schon sehr 2018 und Begeisterungsfähigkeit ziemlich sexy ist, scheint in besagt apathischem Tunnelblick an uns vorbeigegangen zu sein.
Und ja, uns ist klar, dass man im Berliner Wirrwarr oft auf Durchzug schalten muss, um nicht selbst dem Wahnsinn anheimzufallen. Da bekanntlich die Dosis das Gift macht, könnte es uns das ein oder andere Mal aber allen nicht schaden, sich Empathie statt Apathie auf die Fahnen zu schreiben. Am Ende kochen wir doch alle nur mit Wasser aus mehr oder weniger maroden Wasserleitungen und tragen so richtige pochende Herzen unter unserem Berliner Einheitsschwarz.
Promis treffen
Sofern man nicht erst seit vorgestern hier lebt, gehört ein gewisses Talent dazu, um in Berlin noch keinen Promi gesehen zu haben. Die Spezies der Prominenten in Berlin ist weit davon entfernt, vom Aussterben bedroht zu sein und deren Sichtung in freier Wildbahn alles andere als ein Hexenwerk. Mal abgesehen davon, dass der adilettenbeschuhte und verkaterte Gang zum Supermarkt bei wirklich jedem gleich unspektakulär ist.
Döner als Katerfood
Jajaja. Wir wissen, die Berliner:innen lieben ihren Döner. Immerhin werden davon 400.000 pro Tag verzehrt. In Sachen Klima ist das aber nicht so das Gelbe vom Ei. Wie wäre es stattdessen mit einer veganen Alternative? Der vegane Döner, in kulinarischen Fachkreisen als Vöner bekannt, ist der beste Beweis dafür, dass sich Berlin in Sachen veganem Comfort Food nicht verstecken muss. Oder ihr probiert es von Eisbaden bis Hand anlegen mal mit ein paar unkonventionellen Mitteln gegen den Kater.
Sellerie-Smoothies und No-Carb-No-Sugar-Urdinkelkekse
Ein gesunder Lebenswandel in allen Ehren. Aber das Leben soll ja auch ein bisschen (mehr) Freude machen. Für no sugar ist uns Selbiges nämlich entschieden zu kurz. Schließlich geht man davon aus, dass Schokolade die Serotoninproduktion im Gehirn ankurbelt. Also gönnt euch auch das ein oder andere Mal Kuchen und Torten in Berlin – oder habt ihr schon die Liste mit den besten Croissants in Berlin durch?
Arbeiten in einem Start-Up
Hat hier jemand Tischkicker, Obstkorb und flache Hierarchien gesagt? So sehr wir es hassen, es zu sagen, so sehr stimmen die Klischees dann doch. Wer sich unterbezahlt, überarbeitet und ausgebrannt fühlt, sollte mal über sein Mindset nachdenken. Meditieren statt Meckern lautet die Devise. Nach der nächsten Finanzierungsrunde wird alles anders – und Probleme sind nur dornige Chancen, schon klar.
Versteht uns nicht falsch: Mutige Vorreiter mit guten Ideen, die ihre Mitarbeiter:innen anständig bezahlen, in allen Ehren. Sein Geschäftsmodell auf unterbezahlten Praktikant:innen aufzubauen ist dafür ein klares Foul.
Berliner Luft
Unsere Meinung: Berliner Luft schmeckt Mundwasser leider wirklich zum Verwechseln ähnlich und ist allenfalls einigermaßen dafür geeignet, um für den Partyflirt, den man auf dem wackeligen Weg zwischen Bar und Tanzfläche aufgegabelt hat, annehmbar zu riechen. Mit viel Mühe und Not lassen wir es aber als Berliner Kulturgut gelten.
Wirklich gute Berliner Luft tanken könnt ihr ganz jugendfrei bei einem der vielen möglichen Waldspaziergänge in Berlin.
Listen über Berlin
Wir sind ein großer Fan von Listen – nicht nur weil sie so wunderbar unser Kopfchaos sortieren, sondern auch wegen all der Tips für Berlin. Und trotzdem sind auch die manchmal overrated. Also: Geht selbst raus, schaut, entdeckt. Lauft mal einen anderen Weg nach Hause, steigt an einem ganz normalen Tag eine Station früher oder später aus. Oder macht etwas gänzlich Verrücktes und fahrt in einen anderen Kiez, um euch den Kopf durchpusten zu lassen. Einfach so. Die Vielfalt der schönsten Kieze Berlins ist garantiert nicht overrated.
Lest in unserer Stadtleben-Rubrik unter anderem über Männertypen, die es in Berlin nicht leicht haben. Außerdem: Diese Dinge nerven an Zugezogenen in Berlin am meisten – und Dinge, die Zugezogene an Berlin sofort lieben lernen. Ob man möchte oder nicht, am Ende färbt Berlin dann doch ab: Diese Spleens eignen sich Zugezogene zu schnell an.