Der umstrittene Bürgermeister von Tübingen, Boris Palmer (Grüne), bittet SUV-Fahrer:innen zur Kasse. Wer mit einem schweren Wagen in der Stadt unterwegs sein will, zahlt zukünftig 180 Euro statt wie bisher 30 Euro. Palmer wollte die Gebühr eigentlich auf 360 Euro erhöhen. Auch für Berlin wäre das eine gute Idee.
Wer mehr Platz braucht und die Umwelt in höherem Maß belastet, soll dafür auch mehr bezahlen. Die Logik ist klar. SUVs gehören in der Stadt nicht unbedingt zu den sympathischsten Fortbewegungsmitteln. Sie sind protzig und für den urbanen Verkehr völlig ungeeignet. Oft gelten sie als Hassobjekte, als Sinnbild für das „böse Auto“, das immer öfter als ein Relikt aus der Vergangenheit angesehen wird, das es zu überwinden gilt, so wie Zigaretten, Billigfleisch und Inlandsflüge.
Klimaneutralität lässt sich nun mal ohne Verzicht oder zumindest die Verringerung des individuellen Autoverkehrs kaum erreichen. Es ist daher richtig, dass nun Städte wie Tübingen damit beginnen, das Parken für stadtuntaugliche Riesenkarren zu verteuern. Auch in Berlin wird das Fahren gefühlt von Monat zu Monat komplizierter. Neben den ungezählten Baustellen machen die neuen Radwege, Parkzonen, 30er-Zonen, Einbahnstraßen und verkehrsberuhigte Bereiche das motorisierte Fortkommen zur Qual. Sollten sich in Zukunft auch noch die Parkgebühren drastisch erhöhen und zudem der Spritpreis, dürften sich immer mehr Fahrer:innen von ihrem Auto verabschieden. Zu teuer, zu nervig.
Höhere Parkgebühren für SUVs sind nicht nur ökologisch sondern auch sozial
Was Palmer in Tübingen gemacht hat, ist aber in doppelter Hinsicht richtig. Nicht nur sollte der Autoverkehr reduziert werden, um den CO2-Ausstoß zu begrenzen und das Leben in den Innenstädten angenehmer zu gestalten. Nein, seine Maßnahme, die Parkgebühren für SUVs zu erhöhen, hat nicht nur eine ökologische, sondern auch eine soziale Dimension.
Denn vorstellbar wäre eine Zukunft, in der das Fahren so teuer sein könnte, dass es zum Privileg der Oberschicht wird. Während sich Normalverdiener:innen in überfüllten Bussen und Bahnen gegenseitig anhusten, düsen die Schönen und Reichen in schnittigen Teslas durch die City. Schöne Neue Welt. Die Tübinger Entscheidung, Autos mit Diesel- bzw. Benzinmotor und einem Gewicht über 1,8 Tonnen und (das ist wichtig!) Elektroautos ab zwei Tonnen Gewicht, mit höheren Parkgebühren zu belegen, richtet sich an Menschen mit Geld. Wer sozial schwächer gestellt ist, zahlt für einen normalen Stadtwagen weniger. Das ist ökologisch sinnvoll und sozial gerecht. Daher hat Palmers Entscheidung Vorbildcharakter – auch für Berlin!
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