Schon in der vergangenen Woche hatte der Senat neue Corona-Regeln erlassen: mit einer Maskenpflicht im Büro und einer Obergrenze für die Menge an Teilnehmern bei Veranstaltungen. Am Dienstag, 6. Oktober, verschärfte der Berliner Senat die Regeln noch einmal. „Wir haben etwas zu tun“, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller und sprach von einer „dramatischen Situation“. Die Fallzahlen steigen rasant. In Berlin stehen erstmals zwei der drei Ampeln des Corona-Frühwarnsystems auf Rot. Das sind die neuen Maßnahmen des Senats.
„Wir haben uns heute im Senat über Stunden mit der Koalition darüber auseinandersetzt, was wir noch tun können“, erklärte Michael Müller in der Pressekonferenz am Dienstagabend. Mit Maßnahmen war bereits länger gerechnet worden. Klaus Lederer brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, „in sehr sehr kurzer Zeit mit diesen Maßnahmen zu wiederholen, was wir im März und April geschafft haben. Wenn wir das nicht hinkriegen, bleibt uns nichts anderes übrig, als viel härter zu agieren.“
Zur Diskussion standen insbesondere die Möglichkeit eines Alkoholverbots, erneute Kontaktbeschränkungen wie in der Anfangsphase der Coronavirus-Pandemie sowie eine nächtliche Sperrstunde. Michael Müller identifizierte Ansammlungen von vielen Menschen sowie Begegnungen in geschlossenen Räumen als die großen Problemfelder. Entsprechend sind die neuen Regeln darauf ausgerichtet.
Senat verschärft Corona-Regeln: Sperrstunde ab 23 Uhr, überall
- Insbesondere von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci wurde immer wieder ein Alkoholverbot gefordert. Erlassen wurde dies zwar nicht, aber die Stoßrichtung ist klar: Der Berliner Senat beschließt eine Sperrstunde. Von 23 Uhr bis 6 Uhr früh müssen alle Orte, die Alkohol ausschenken, schließen. Das betrifft gastronomische Betriebe wie Restaurants und Imbisse, Bars und Kneipen, außerdem Spätis sowie Supermärkte. Für Tankstellen gelten Ausnahmen, aber auch ihnen ist ab 23 Uhr der Alkoholverkauf untersagt. Im Sommer hatten sich einige Spätis zu beliebten Treffpunkten gemausert.
- Die Sperrstunde kommt einem nächtlichen Alkoholverbot gleich, ist aber wesentlich leichter durchzusetzen und zu kontrollieren. Sie folgt damit auch dem Wunsch nach einheitlichen und klaren Regeln.
- Mit den verschärften Corona-Maßnahmen gehen auch höhere Strafen einher: Bei Nicht-Einhaltung der Sperrstunde droht den Gastronomen ein Mindestbußgeld von 5000 Euro. Die Bezirksämter sind zuständig, die Schließung zu kontrollieren – und gegebenenfalls auch die dauerhafte Schließung von Betrieben zu verfügen.
Mit nächtlichen Kontaktbeschränkungen gegen Partys im Park
- Partys im Park sind ein großes Problem – das der Senat mit einem Aufenthaltsverbot in den Griff bekommen will. Aus diesem Grund beschließt der Berliner Senat neuerliche Kontaktbeschränkungen, die von 23 bis 6 Uhr gelten. Damit soll verhindert werden, dass Menschen aus den geschlossenen Bars einfach in den nächstgelegenen Park ziehen. Zwar wird es kälter, und im ersten Corona-Party-Hotspot Hasenheide ist es schon lange ruhiger geworden. Aber das Problem verlagert sich bloß. Nun treffen sich regelmäßig Hunderte zum Beispiel im James-Simon-Park.
- Daher gelten nachts wieder Regeln wie zu Beginn der Pandemie: Die Kontakte sollen sich beschränken auf fünf Personen oder Menschen aus maximal zwei Haushalten.
- Justizsenator Dirk Behrendt betonte, dass in der neuen Verordnung ein „Zerstreuungsgebot“ für den Aufenthalt in Parks enthalten sei.
- Weitere Beschränkungen für Privatveranstaltungen gelten auch in Innenräumen: Drinnen dürfen sich nur noch zehn Personen oder Menschen aus zwei verschiedenen Haushalten treffen. Schon bei der letzten Verschärfung der Corona-Regeln wurden Teilnehmerzahlen bei Veranstaltungen begrenzt.
Zeitliche Befristung der Maßnahmen
Die neuen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie sind zeitlich befristet. Sie treten am Samstag, 10. Oktober, in Kraft und gelten zunächst für drei Wochen, bis zum 31. Oktober.
Markus Söder hatte am Montag bei einer Kabinettssitzung laut „Berliner Morgenpost“ gesagt: „Mir macht die Berliner Situation ausdrücklich Sorgen. Ich befürchte, das ist am Rande der Nicht-mehr-Kontrollierbarkeit.“ Auch Wirtschaftsverbände sowie Politiker fast aller Parteien äußerten sich besorgt. VisitBerlin hat bereits Werbung für Reisen nach Berlin eingestellt. Das Unternehmen wirbt normalerweise um Gäste für die Hauptstadt – und unterlässt dies nun vorerst aufgrund der stark steigenden Corona-Zahlen.
Kultursenator Klaus Lederer betonte, dass nach wie vor viel möglich sei: Freizeit, Sport und Kultur.
Als Leidtragende der neuen Corona-Regeln machte er vor allem Gastronomen und Einzelhändler aus. „Wir wollen nicht, dass sie sich entscheiden müssen zwischen Regelkonformität und Konkurs“, sagte er und kündigte wirtschaftliche Hilfen an.
Unklar ist, ob die Maßnahmen juristisch wasserdicht sind. Schon einmal hatte Berlin eine Sperrstunde erlassen, die vor Gericht keinen Bestand gehabt hätte.
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