Kommentar

Berliner Senat: Spart beim Wohngeld, nicht bei Klassenfahrten!

Nach der Bekanntgabe des Zuschuss-Stopps für Klassenfahrten in Berlin fordert unser Autor stattdessen Einsparungen beim Wohngeld – mit einer Einschränkung, die aber wesentlich ist. Ein aufgebrachter Kommentar zu den aktuellen Sparvorgaben des Berliner Senats.

Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU). Foto: dts/Nachrichtenagentur
Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU). Foto: Imago/dts/Nachrichtenagentur

Der Senat beschloss, vorerst keine Zuschüsse mehr für Klassenfahrten an Berliner Schulen zu gewähren

Offensichtlich muss der Senat sparen, so ist das und daran lässt sich wohl oder übel nichts ändern. Ob nun die Ausgaben steigen oder die Einnahmen sinken, der Haushalt ist in eine Schieflage geraten und muss stabilisiert werden. Sparen ist nie schön, denn es bedeutet zwangsläufig, dass man sich etwas nicht mehr leisten kann, das man vorher hatte. Das sorgt für Ärger. Besonders ärgerlich ist es, wenn an Kindern gespart wird. Die nächste Generation gilt ja nicht zufällig als unsere Zukunft, sie ist es nämlich wirklich. Doch der CDU-geführte Berliner Senat beschloss gerade, vorerst keine Zuschüsse mehr für Klassenfahrten an Berliner Schulen zu gewähren. Ein Klassenfahrt-Stopp.

Die Berliner Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) verteidigte ihre Entscheidung mit den üblichen Floskeln, die Politiker im Repertoire haben: Es sei ja nicht schön, aber was muss, das muss. Zudem verwies sie auf die Frist der Sperre bis Ende November 2024, wie es im nächsten Jahr aussehen würde, zeige sich noch. Na dann wollen wir mal schauen! Ich bin sauer und plaudere jetzt mal aus dem Nähkästchen, denn die Entscheidung ist schließlich nicht irgendeine abstrakte Nachricht, sondern betrifft das Leben nahezu aller Berliner Schulkinder. So auch das meines Sohnes, der gestern mit einem Zettel nach Hause kam, in dem das faktische Aus seiner Klassenfahrt nach Amsterdam beschlossen wurde. Danke, CDU!

Zähneknirschend nahm ich das zur Kenntnis und dachte über den Brief von der Hausverwaltung nach, der nur einige Tage vorher im Briefkasten landete. Die Wohnung gehört einem stadtweit bekannten und gefürchteten Eigentümer, in sehr regelmäßigen Abständen erhöht er die Miete, immer in dem vorgegebenen rechtlichen Rahmen, immer zu den vom Gesetzgeber exakt vorgegebenen Fristen. So hat sich in den letzten 15 Jahren unsere Miete nahezu verdoppelt. Der Mieterverein ist ratlos, die Sache ist sauber und rechtlich wasserdicht.

Jede Bestandsmiete verwandelt sich in einen Staffelmietvertrag

An dem Haus, das Anfang der Nuller-Jahre saniert wurde, hat sich in dieser Zeit nichts verändert. Dank der Vermieter-freundlichen rechtlichen Lage verwandelt sich also wie durch Zauberhand jede Bestandsmiete in einen Staffelmietvertrag. Ich bin der festen Überzeugung, dass vor allem die großen Eigentümer, denen hunderte oder tausende Wohnungen gehören, die Mieten in dem rechtlich vergebenen Rahen nur aus einem einzigen Grund erhöhen: WEIL SIE ES DÜRFEN. Schnöde Profitmaximierung.

Und weil so die Bestandsmieten flächendeckend steigen und die Mieter und Mieterinnen nicht automatisch mehr Geld verdienen, gehen sie zum Amt und beantragen Wohngeld und die Anträge werden immer mehr. Im September 2024 schrieb der rbb: „Die Zahl der Haushalte in Deutschland, die Wohngeld beziehen, hat sich binnen eines Jahres stark erhöht. Sie stieg von rund 651.800 Ende 2022 auf 1,2 Millionen Haushalte zum Jahresende 2023, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden bekanntgab. Das entsprach einem Plus von 80 Prozent.“

Ein Plus von 80 Prozent und auch die jeweiligen Bezüge steigen. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) gab vor einiger Zeit bekannt, dass „für Haushalte, die schon 2022 Wohngeld bezogen haben, das Wohngeld im Schnitt auf über 350 Euro pro Haushalt gestiegen ist“. Die Gleichung ist ebenso perfide wie simpel: Der Gesetzgeber erlaubt Hausvermietern nicht nur bei Neuvermietungen, sondern auch bei Bestandsmieten eine permanente Erhöhung der Mieten, das können sich die Menschen irgendwann nicht mehr leisen, sie beantragen staatliche Hilfen, also das Wohngeld. Und dieses Wohngeld, bei dem es sich um öffentliche Gelder ergo Steuergeld handelt – so viel Zeit muss sein –, wird direkt auf die Konten der Hauseigentümer überwiesen. Da stimmt dann mal wieder der Spruch vom Teufel und dem größten Haufen.

Die Leidtragenden wären ein paar Hauseigentümer

Das ist eine riesengroße Sauerei und ja, die Zuschüsse für Klassenfahrten und die Vergabe von Wohngeld mögen nicht im direkten Zusammenhang stehen, aber im indirekten sehr wohl. Schließlich ist beides Steuergeld und Teil des Berliner Haushalts, auch wenn das Wohngeld zur Hälfte vom Bund und dem Land Berlin bezahlt wird. Daher wäre ich dafür, die gesetzlichen Rahmen zu ändern und es Vermietern nicht mehr so einfach zu machen, Bestandsmieten zu erhöhen, woraufhin sich die Leute dann vielleicht auch ohne Wohngeld ihre Wohnungen leisten könnten. So wäre, durch die Einsparung beim Wohngeld, mehr Geld in den Kassen und damit ließen sich die Klassenfahrten bezahlen. Die Leidtragenden wären ein paar Hauseigentümer und nicht die Schülerinnen und Schüler, ich behaupte mal, das ließe sich gesellschaftlich ertragen.


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