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Betriebsratswahl bei Gorillas fortgesetzt: Weg frei für Veränderung

Die Betriebsratswahl bei Gorillas kann fortgesetzt werden. Das Management des Lieferdienstes hatte mehrmals versucht, das Vorhaben zu unterbinden, scheiterte jedoch letztendlich vor einem Berliner Gericht. Durch einen Betriebsrat könnte genug Druck ausgeübt werden, um bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen. Bereits am 27. November soll ein vorläufiges Wahlergebnis feststehen

Der Lieferdienst Gorillas steht immer wieder aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen in der Kritik. Ein Betriebsrat soll helfen. Foto: Imago/Sabine Gudath

Betriebsratswahl bei Gorillas fortgesetzt: Management scheitert vor Gericht

Das Management des Lieferdienstes Gorillas scheiterte erneut vor Gericht. Ein Antrag auf einstweilige Verfügung, mit dem die momentan stattfindende Betriebsratswahl aufgehalten werden sollte, wurde am Dienstag, den 23.11., vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg abgelehnt. Bereits eine Woche vorher war der Antrag vom Arbeitsgericht Berlin zurückgewiesen worden. Die Betriebsratswahl kann also fortgesetzt werden.

Das umstrittene Unternehmen hatte versucht, durch Ausgliederung des operativen Geschäftes und Ankündigung eines Franchisemodells die Zuständigkeit des Wahlvorstands infrage zustellen. Außerdem war das Wahlverfahren aufgrund vermeintlicher Fehler beim Aushängen der Wahlaufrufe vom Management angefochten worden.

Der Gorillas-Vorstand scheiterte vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. Mit einer Verfügung sollte die Betriebsratswahl verhindert werden. Foto: Imago/Andreas Gora

Martin Bechert, der Anwalt des Wahlvorstands, äußerte während der Gerichtsverhandlung Misstrauen über die plötzlichen Umstrukturierungen innerhalb des Unternehmens. Diese seien vermutlich nur vorgenommen worden, um die Wahl eines Betriebsrats zu verhindern.

Auch Richterin Claudia Nowak zeigte sich verwundert über die Einführung eines Franchise-Modells so kurz vor dem Gerichtstermin. Vorsätzliche Verstöße und Manipulationen seitens des Wahlvorstands seien nicht zu verzeichnen, die Betriebsratswahl könne also fortgesetzt werden.

Der Lieferdienst Gorillas sorgt regelmäßig für Kontroversen

Der umstrittene Lieferdienst Gorillas spricht fristlose Kündigungen gegen streikende Angestellte aus. Auf Demonstrationen zeigt sich Solidarität. Foto: Imago/Mike Schmidt

In den vergangenen Monaten sorgten die Arbeitnehmer:innen immer wieder mit sogenannten wilden (nicht gewerkschaftlich organisierten) Streiks für Aufmerksamkeit. Bereits seit Februar 2021 setzen sich die „Rider“ intensiv für fairere Arbeitsbedingungen bei Gorillas ein. So wurden beispielsweise bessere Ausrüstung, mehr Sicherheit und angemessene wie rechtzeitige Bezahlung gefordert. Außerdem solidarisierten sich die Proteste mit Mitarbeiter:innen, die ohne zu rechtfertigende Gründe gekündigt wurden.

Anfang Oktober sprach das Management des Gorillas-Lieferdienstes fristlose Kündigungen für alle aktiven Teilnehmer:innen der nicht genehmigten Streiks aus. Das Verbot von wilden Streiks in Deutschland liefert dem Unternehmen den rechtlichen Rahmen, um diesen drastischen Schritt zu gehen. Dem Image von Gorillas half das allerdings nicht.

Betriebsratswahl bei Gorillas fortgesetzt: Letzte Chance

Anstatt einen Betriebsrat zu unterstützen, der ein gerechteres Verhältnis zwischen Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen gewährleisten soll, stellt sich das Unternehmen erneut gegen seine Angestellten und schreckt hierbei keinesfalls vor fragwürdigen Methoden zurück. Das Image von Gorillas verschlechtert sich immer mehr, was bei der riesigen Konkurrenz innerhalb der Lieferdienst-Branche sicherlich sofortige Auswirkungen haben wird.

Wirklich vom Rad absteigen? Es bleibt abzuwarten, ob Gorillas mit einem Betriebsrat die Kurve kriegt. Foto: Imago/Michael Gstettenbauer

Die Genehmigung der Betriebsratswahl bei Gorillas ist ein wichtiger Schritt für die Arbeitnehmer:innen. Der Betriebsrat könnte genug Druck auf das Unternehmen ausüben, um bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen, Angestellte zu schützen und weitere Forderungen zu äußern, ohne sofort gekündigt zu werden. Wie das Unternehmen reagiert bleibt abzuwarten. Die Wahlvorstände und deren Anwalt Martin Bechert gehen von einer Anfechtung des Wahlergebnisses und weiteren Gerichtsterminen aus. Am Beschluss des Landesarbeitsgerichts könne das Gorillas-Management allerdings nichts mehr ändern.


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