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Berliner Themen, die in der Corona-Krise leider völlig untergehen – von BER bis Mietendeckel

BER-Eröffnung, Mietendeckel, Mobilitätsgesetz: Berlin scheint in diesen Tagen durch die Corona-Pandemie komplett stillzustehen. Tut es aber nicht. Diese 5 wichtigen Berliner Themen gehen zurzeit in der Corona-Diskussion ziemlich unter…


BER-Eröffnung – Testlauf verschiebt sich, Eröffnung soll aber stattfinden

Trotz Corona-Krise wird weiterhin am geplanten Eröffnungstermin des BER festgehalten.
Trotz Corona-Krise wird weiterhin am geplanten Eröffnungstermin des BER festgehalten. Foto: imago/Ulli Winkler

Das Ende der Odyssee ist in Sicht. Trotz Corona-Krise: Der geplante Eröffnungstermin des BER ist laut dem Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup weiterhin auf den 31. Oktober datiert. Ende April sollte der Flughafenbetrieb eigentlich erstmals mit Komparsen simuliert und getestet werden. Aufgrund der Corona-Krise wird dieser Testlauf jedoch auf den Sommer 2020 verschoben. Eine Auswirkung auf den geplanten Eröffnungstermin soll dies nicht haben. Gut auch für den Flughafenchef selbst. Es ist sein 56. Geburtstag.


Mietendeckel – Schon sehr bald drohen erste Bußgelder

Der Berliner Mietendeckel ist seit knapp zwei Monaten in Kraft und könnte für Vermieter*innen bald weitere Konsequenzen haben. Foto: imago/Sabine Gudath

Ende Februar ist in Berlin der Mietendeckel in Kraft getreten. Während die Corona-Krise seither die Nachrichten dominiert, verdient das neue Berliner Gesetz jetzt nochmal unsere Aufmerksamkeit: Bis zum 23. April läuft für Vermieter*innen nämlich noch die offizielle Frist, in der sie ihre Mieter*innen über „mietpreisrelevante Merkmale“ der Wohnungen unterrichten müssen.

Der Senat hat diese Frist im März pauschal Corona-bedingt um ein halbes Jahr verlängert – wenn Vermieter*innen zum Beispiel Wohnungsbegehungen durchführen müssen und dies von den Mieter*innen blockiert wird, wird ihnen diese Kulanzzeit eingeräumt. Oder wenn die Frist durch zwangsweise verhängte Kurzarbeit nicht einzuhalten ist. Dies sei jedoch eine Ausnahmeregelung, betont Katrin Dietl, Sprecherin der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, am Freitag auf Anfrage.

Könnten nach dem 23. April also die ersten Bußgelder verhängt werden? „Ja“, sagt Dietl. Noch liegt die Beurteilung des Mietendeckels zwar beim Verfassungsgericht in Karlsruhe. „Der Mietendeckel hat aber Gültigkeit. Wir müssen nicht warten, bis das Verfassungsgericht geurteilt hat.“

Auch in der Corona-Krise führen Berliner Vermieter*innen Einzel- oder Online-Besichtigungen durch. 90 Prozent der Berliner Mietwohnungen werden auch zwei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes mit Preisen oberhalb des Mietendeckels angeboten, wie das Vergleichsportal Immobilienscout24 Anfang April mitteilte.

Man müsse jedoch die Inserate genauer lesen, sagt Dietl. „Die meisten Vermieter*innen führen zwei Mietpreise in ihren Inseraten auf. Vermietet wird, solange es noch keine Entscheidung aus Karlsruhe gibt, zum Mietendeckel-konformen Preis. Durch die zusätzliche Angabe des höheren Mietpreises halten sich aber viele Vermieter*innen das Hintertürchen offen.“

In den kommenden Tagen könnte es also für Vermieter*innen und Mieter*innen ernst werden. Die zu erwartenden Bußgelder liegen laut der Senatsverwaltung jedoch bei relativ überschaubaren Summen zwischen 250 und 500 Euro. Die Höchststraße von 500.000 Euro wird wohl nur in krassen Einzelfällen verhängt werden.


Trockenheit – Brandenburgs Tiere und Pflanzen leiden

Die anhaltende Trockenheit hat Folgen für die hiesige Pflanzen- und Tierwelt.
Die anhaltende Trockenheit hat Folgen für die hiesige Pflanzen- und Tierwelt. Foto: imago images/Spicker

Berlin und Brandenburg hatten zuletzt mehrere Trockenjahre zu ertragen: Die durchschnittlichen Temperaturen steigen und steigen, es gibt weniger Niederschlag. Auch 2020 hat es noch nicht viel geregnet. Die Auswirkungen sind schon zu sehen: In vielen Landkreisen Brandenburgs herrscht schon mittlere bis hohe Waldbrandgefahr. Seit Jahresbeginn gab es in Brandenburg bereits 40 kleinere Flächenbrände, allein 13 davon am Osterwochenende.

Die Trockenheit setzt auch der Tierwelt zu. Insbesondere Amphibien wie die Erdkröte oder der Teichmolch, aber auch bedrohte Arten wie die Rotbauchunke leiden laut Manfred Lütkepohl, dem Leiter der Naturwacht Brandenburg, unter der fehlenden Nässe.

Schon während der letzten Jahre sei es bei kleineren Gewässern lange vor dem Sommer zur Austrocknung gekommen, sagt er. Und die Amphibienbestände seien teilweise nicht mehr in der Lage gewesen, sich zu vermehren. „Die Wasserstände haben sich im Winter nicht erholen können“, erklärt Lütkepohl. „Wir sind mit begrenzten Wasserständen in das Frühjahr gestartet und die Gefahr der zu frühen Vertrocknung ist noch immer gegeben.“ Amphibien laichen gerne in kleineren Gewässern, da dort die Gefahr durch Fische für ihre Brut und ihren Laich wegfällt.


Mobilitätsgesetz – Wird Berlin durch Corona endlich zur Fahrrad-Stadt?

Die Corona-Krise sorgt für bessere Luft in Berlin. Zugleich entstehen in der Hauptstadt viele neue Radwege. Foto: imago/Martin Höfer

Berliner Luft ist sauberer. Dies ist nicht nur „dank“ der Corona-Krise der Fall. Auch das Mitte 2018 verabschiedete Mobilitätsgesetz, das Platz für mehr Fahrräder und weniger Autos auf den Straßen schaffen soll, trägt seinen Teil dazu bei. Und die Corona-Krise spielt dem Senat und den Bezirken bei der Umsetzung des Mobilitätsgesetzes in die Hände: In ganz Berlin entstehen gerade neue „temporäre“ Radwege. Entlang etlicher Straßen wurden, wo bisher Parkplätze oder Autofahrspuren waren, breite Radfahrstreifen markiert und mit Baken geschützt.

Bereits umgesetzt wurde das Ganze in Friedrichshain-Kreuzberg in den Straßenzügen Gitschiner/Skalitzer Straße, Hallesches Ufer und Lichtenberger Straße. In Arbeit befinden sich im selben Bezirk neue Fahrradstreifen auf der Kottbusser Brücke, der Kottbusser Straße, dem Kottbusser Damm, der Möckernstraße sowie der Petersburger Straße.

Weitere Strecken etwa in Mitte, Pankow und Charlottenburg-Wilmersdorf sind in Vorbereitung. Während der Krise sollen sie vor allem die öffentlichen Verkehrsmittel entlasten und den Umstieg auf das Fahrrad attraktiver machen.

Laut Jan Thomsen von der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz habe die Corona-Krise „rasches, entschlossenes Verwaltungshandeln zugunsten Pandemie-angepasster Verkehrsstrukturen“ befördert. Dies sei eine gute Erfahrung, von der alle Beteiligten möglicherweise auch in Zukunft profitieren könnten.


Geflüchtete in Berlin – Wie ist die Situation während der Krise?

Flüchtlinge beim Mittagessen in einer Notunterkunft für Flüchtlinge des Christlichen Jugenddorfwerks (CJD) am Groß-Berliner Damm in Berlin-Johannistal.
Flüchtlinge beim Mittagessen in einer Notunterkunft für Flüchtlinge des Christlichen Jugenddorfwerks (CJD) am Groß-Berliner Damm in Berlin-Johannistal. Foto: imago/Jeske

In Berlin leben momentan 20.085 Geflüchtete. Laut der monatlichen Statistik des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) sei für die zweite Märzhälfte ein deutlicher Rückgang vom durchschnittlichen Normalwert von 500 Personen auf 257 Personen zu verzeichnen. „Der Corona-Effekt schlägt sich eindeutig in den Flüchtlingszugangszahlen nieder“, sagt Monika Hebbinghaus vom LAF.

Auch in den Heimen müssen auf Grund des Infektionsschutzes besondere Maßnahmen getroffen werden. Dazu gehören Be- und Verlegungsstopps. Ebenso haben externe Besucher keinen Zutritt. Diese Maßnahmen gelten zunächst bis zum 4. Mai.

Momentan gibt es insgesamt 20 bestätigte Fälle von Infizierten in den 83 Berliner Flüchtlingsheimen. Kürzlich wurde eine Gemeinschaftsunterkunft an der Bucholzer Straße in Pankow als Quarantäne-Einrichtung wiedereröffnet. Hier können bis zu 300 infizierte Bewohner aus anderen Heimen aufgenommen werden. Das sei jedoch kein Automatismus, betont Hebbinghaus. Zunächst werde nämlich mit dem Amtsarzt geklärt, ob die Quarantäne-Auflagen für den Betroffenen in der jeweiligen Unterkunft umsetzbar seien. Das ist der Fall, wenn die Menschen in Apartments mit eigenem Bad und Küche oder Wohncontainern leben, sogenannten Tempohomes. Es werden zudem keine ganzen Heime mehr unter Quarantäne gestellt, wie es bei einigen Einrichtungen bei Ausbruch der Krise der Fall war. Diese wurden bereits aufgehoben.

Während die Bundesregierung beschlossen hat, 50 Kinder aus dem Flüchtlingslager im griechischen Moria aufzunehmen, forden Berliner Politiker wie der Justisentator Dirk Behrendt (Grüne) oder Innensenator Andreas Geisel (SPD) eine deutlich höhere Aufnahme von Flüchtlingen für Berlin. Wie viele Menschen letztlich konkret aufgenommen werden, ist noch nicht klar. Die Stadt hat jedenfalls die Tempohomes auf dem Tempelhofer Feld wieder reaktiviert. Eigentlich sollten diese Container-Unterkünfte abmontiert werden. Jetzt bereitet man sie auf eventuelle Aufnahme von neuen Geflüchteten vor.

Zudem werden weiterhin sogenannte Neubauten in Schnellbauweise gebaut. Damit begegne die Stadt der angespannten Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt, so Hebbinghaus. Denn die Geflüchteten verbleiben zu lange in den Heimen, weil es für sie noch schwieriger als für andere ist, in Berlin eine Wohnung zu finden. Text: Ina Hildebrandt


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