Kommentar

Drogenrazzia im Görlitzer Park: Was soll das bringen?

Am Freitag kam es zu einem Großeinsatz der Berliner Polizei im Görlitzer Park – eine Drogenrazzia der „AG Görli“. Knapp 200 Polizisten durchkämmten mit Drogenhunden das Gebiet. Doch noch während im Park der Einsatz lief, verkauften Dealer in den umliegenden Straßen ihre illegale Ware. Über Sinn und Sinnlosigkeit im Umgang mit Deutschlands berühmten Problempark.

Polizeieinsatz im Görlitzer Park am 5. März 2021. Foto: Imago/Jürgen Held

Dutzende Einsatzfahrzeuge fuhren vor. Im ganzen Park verteilten sich Polizisten in Uniform, Zivilermittler und Drogenhunde. Ziel war es, Hinweise über die Hintermänner des Drogengeschäfts zu erlangen und den offenen Handel einzudämmen.

Die Brennpunkt- und Präsenzeinheit (BPE) wurde 2020 aufgestellt. Die Polizei reagierte damit auf die ausufernde Dealerkriminalität im Görlitzer Park in Kreuzberg. Mehr Polizeipräsenz versprach der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD), auch ein eigens für den kriminalitätsbelasteten Ort eingesetzter Staatsanwalt soll das Problem lösen. Eine Lösung? Bislang ist davon wenig zu sehen.

2020 ging die Zahl der Straftaten im Park zurück

Zwar ging 2020 die Zahl der Straftaten im Park zurück, aber das hängt wohl eher mit der Corona-Pandemie und den Lockdowns zusammen und nicht mit tatsächlichen Erfolgen von Polizei und Politik. Daran hat vermutlich der Einsatz am Freitag auch nichts verändert. Trotz Verhaftungen und Drogenfunden ging das Geschäft in den umliegenden Straßen noch während der Razzia im Park wieder fröhlich weiter.

Polizisten im Görlitzer Park am 5. März 2021. Foto: Imago/Jürgen Held

Wer in dem Park unterwegs ist und sich nicht gerade mit Kokain oder Cannabis versorgen will, kann nur irritiert auf die Selbstverständlichkeit reagieren, mit der die Dealer ihren Geschäften nachgehen. Die Bewohner haben die Schnauze voll. „Gar nicht gut“, sei die Situation, beschwerte sich ein Mann in einem Video, das noch am Freitagabend im Netz kursierte.

Tatsächlich ist im Görlitzer Park gar nichts gut

Und tatsächlich ist gar nichts gut. Seit Jahren sieht der Bezirk der Verwandlung des Görlitzer Parks in einen Drogenumschlagplatz hilflos zu. Die Zahl der Dealer übersteigt an einigen Tagen die Zahl der Parkbesucher. Das mag jetzt überspitzt sein, aber der Drogenhandel bestimmt die Atmosphäre. Man muss sich mit der unangenehmen Stimmung arrangieren oder meidet den Park.

Die Komplexität des Problems ist klar. Menschen mit wenigen Chancen und teilweise mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus, sehen im Drogenverkauf ihre einzige Möglichkeit, irgendwie über die Runden zu kommen. Hinter ihnen stehen die organisierte Kriminalität, Kartelle oder Clans, an die die Ermittler aber nur selten herankommen. Der Görlitzer Park hat sich als guter Ort für die Dealer erwiesen.

Kreuzberg gilt als liberal, es gibt viele Clubs in der Umgebung

Kreuzberg gilt als liberal, es gibt viele Clubs in der Umgebung, Touristen strömen in den Bezirk, das sorgt für stetige Nachfrage. Zugleich sind die Anwohner zwar genervt und gründen Initiativen, aber so richtig hart will man in dem linksalternativ geprägten Bezirk gegen die Sache auch nicht vorgehen. Außerdem ist ohnehin klar, dass selbst wenn man die Dealer aus dem Park verdrängen würde, sich das Geschäft einfach auf den Kiez verlagert. Ein Dilemma.

Somit bleiben solche Großrazzien nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Für einige Dealer mag der Freitag ein böses Ende genommen haben, das Problem bleibt. So wichtig der Kampf gegen Drogenkriminalität ist, so sinnlos erscheint das Vorgehen gerade an jenen Tagen, an denen er geführt wird.


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