Emma Fuchs, 18, gehört zur AG Sprecher:in von Fridays for Future. Die Steglitzerin studiert an der FU Geschichte und Philosophie auf Lehramt. Ihre erste FFF-Demo besuchte sie mit 15 Jahren. Dass Thema Klimaschutz ist ihrer Generation größtenteils wichtig. Im Interview sagte sie aber auch ganz klar: „In meinem Alter sind auch nicht alle Ökos.“ Wir haben mit ihr über Klima, Kapitalismus und Hoffnung.
Fridays For Future“: „Da standen 50, 60 Jahre alte Männer und haben uns 13-, 14-Jährige angeschrien“
tipBerlin Frau Fuchs, seit wann sind Sie bei Fridays for Future aktiv?
Emma Fuchs Seit ungefähr zweieinhalb Jahren. Ich war damals 15 und hatte mich vorher noch gar nicht so sehr für Politik interessiert. Eine Freundin gab es, die politisch schon aktiv und auf Demos war. Mit ihr habe ich dann angefangen, dort mitzugehen.
tipBerlin Ihre erste Demo?
Emma Fuchs Am 9. November, als Gegendemo zu einer Nazi-Demo. In der Zeit fing auch Fridays for Future an. Dann sind wir auch dort immer öfter hingegangen und fragten, wo man da helfen könne. Wir wurden zu einer Whatsapp-Gruppe hinzugefügt, wo die Termine für offene Treffen geteilt wurden. Ganz lustig: Mittlerweile verwalte ich selbst diese Gruppen-Chats.
tipBerlin Stellen Sie sich auch privat als Klimaaktivistin vor?
Emma Fuchs In meinem Bekanntenkreis wissen das alle. Wenn ich neue Leute kennenlerne, trage ich das nicht so krass nach außen. Ich habe zum Beispiel zwei verschiedene Instagram-Accounts. Auf dem einen merkt man nicht, dass ich Aktivistin bin.
tipBerlin Sie sind im FFF-Sprecherteam. Hat es Sie anfangs Überwindung gekostet, sich in die Öffentlichkeit zu stellen?
Emma Fuchs Nein. Ich glaube, mir liegt das. In der Schule habe ich Theater gespielt vor meinem gesamten Jahrgang, da hatte ich auch keine Hemmungen.
tipBerlin Neulich saß saßen Sie beim RBB in der Talkshow „Wir müssen reden“ gemeinsam mit Jürgen Trittin. Gucken Sie auf Twitter hinterher nach, was die Leute so sagen? Das ist ja manchmal schwer zu ertragen, gerade für junge Frauen.
Emma Fuchs Im Internet habe ich noch nicht Hate gegen mich mitbekommen. Ich glaube, das Schlimmste war bisher auf der Grünen Woche. Wir hatten einen Stand in der Berlin-Halle. Nebenan war die Bayern-Halle. In der gab es wohl viel Bier. Einige kamen dann rüber und waren dann ein bisschen – aufgewühlt, als sie uns sahen. Da standen 50, 60 Jahre alte Männer und haben uns 13-, 14-Jährige angeschrien. Wir sollten erst mal arbeiten gehen, bevor wir irgendwas sagen dürften.
Emma Fuchs von FFF: Beim Thema Nachhaltigkeit ein paar Freunde „auch genervt, wenn ich davon anfange“
tipBerlin Denken Sie mehr über Nachhaltigkeit in Ihrem Alltag nach, seit Sie bei FFF stärker in der Öffentlichkeit stehen?
Emma Fuchs Nicht bewusst. Die Leute bei FFF achten natürlich auf Nachhaltigkeit im Alltag. Ich habe da meine engsten Freundinnen und Freunde, verbringe meine gesamte Freizeit mit ihnen. Ich bin zum Beispiel seit fünfeinhalb Jahren vegan. Eine andere Person geht immer secondhand-shoppen. Dann übernimmt man gegenseitig diese Eigenschaften. Diese Nachhaltigkeit im Alltag ist gut und hat im kapitalistischen System natürlich auch Einfluss auf den Markt. Aber wir brauchen dringender große politische Veränderungen, weil einzelne Menschen gar nicht so viel Einfluss auf den gerechneten Pro-Kopf-Treibhausgas Ausstoß haben.
tipBerlin Reden Sie im Freundeskreis viel über das Thema? Oder ist das allen einfach klar?
Emma Fuchs In meinem privaten Freundeskreis gibt es auch Leute, die mit Nachhaltigkeit Nullkommanull am Hut haben. Die wissen zwar eigentlich, dass Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Alltag wichtige Themen sind. Die sind auch genervt, wenn ich davon anfange. Aber dann sehen sie es eigentlich ein. In meinem Alter sind auch nicht alle Ökos.
tipBerlin Jetzt ziehen die Grünen in die Bundesregierung ein. Ist das für FFF ein Sieg?
Emma Fuchs Erst, wenn wir ein 1,5-Grad-konformes Koalitionspapier haben und Maßnahmen, die auch tatsächlich umgesetzt werden. Solange da nicht steht: „Wir steigen 2030 aus der Kohle aus“, ist es noch kein Sieg.
tipBerlin Fridays for Future demonstrierte gerade vor der Grünen-Zentrale in Berlin mit einem Transparent: „KAPITALISMUS? AUCH GRÜN ANGEMALT KACKE. #IHRLASSTUNSKEINEWAHL“. Ist der Kapitalismus schuld am Klimawandel?
Emma Fuchs Zu einem System gehören immer die Menschen, die es machen. Aber ja, der Kapitalismus trägt maßgeblich zur Klimaerwärmung bei.
tipBerlin Kann der also jetzt weg?
Emma Fuchs Gerne!
Emma Fuchs: Dem Kapitalismus würde nicht der Kommunismus folgen
tipBerlin Was kommt dann?
Emma Fuchs Kein Kommunismus. Aber wir müssen weg von dem kapitalistischen System, das sehr tief eingedrungen ist in die Politik. Zum Beispiel Braunkohle. Die rechnet sich eigentlich nicht für die Gesellschaft. Nur für einige wenige Unternehmen, die sehr viel Einfluss auf die Politik haben, weil sie Geld haben.
tipBerlin Muss man beim Kampf gegen den Klimawandel alle Menschen mitnehmen?
Emma Fuchs Im besten Fall ja. Aber es gibt ja diese 20-60-20-Theorie. 20 Prozent der Leute sind auf deiner Seite. 60 Prozent kannst du überzeugen. Und 20 Prozent werden immer gegen dich sein. Donald Trump werden wir nicht mehr dazu kriegen, auf eine Fridays-for-Future-Demo mitzukommen.
tipBerlin Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass wir die Kurve gegen den menschengemachten Klimawandel noch kriegen?
Emma FuchsIch habe auf jeden Fall noch Hoffnung, dabei stehe ich aber leider nicht repräsentativ für die Klimagerechtigkeitsbewegung. Ich persönlich glaube auch, dass wir das 1,5-Grad-Ziel noch einhalten können. Die nächste Legislaturperiode ist dafür ausschlaggebend. In vier Jahren bin ich entweder zufrieden – oder hoffnungslos.
Das Interview stammt aus unserer Edition Nachhaltigkeit. Ihr bekommt sie jetzt im Zeitschriftenhandel sowie online in unserem Shop.
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