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Kommentar

Jetzt kommt Franziska Giffey! Bekommt Berlin bald eine Regierende Bürgermeisterin?

Medienberichten zufolge soll die Bundesfamilienministerin sehr bald Michael Müller als Regierende Bürgermeisterin folgen – und im Duo mit Raed Saleh auch die Landes-SPD führen. Für die Berliner Sozialdemokraten könnte es die letzte Chance sein. Ein Kommentar von Erik Heier

Michael Müller, Regierender Buergermeister und Franziska Giffey, Bundesfamilienministerin, auf dem Landesparteitag der Berliner SPD im Oktober 2019. Foto: imago images / IPON

Das ging jetzt dann doch fix. Gerade noch kreuzte Franziska Giffey – natürlich rein zufällig – bei einer Klausurtagung der SPD-Abgeordnetenhausfraktion in Nürnberg auf. Wie man halt zufällig in Franken unterwegs ist und plötzlich feststellt: Ach, guck mal, da sind ja Genossen. Jetzt meldet der „Tagesspiegel“, sie solle den Regierenden Bürgermeister Michael Müller gleich doppelt ablösen. Zum einen als Regierende Bürgermeisterin. Und zum anderen im Chefsessel der Berliner SPD. Das aber Duo mit dem Fraktionsschef Raed Saleh. Duos sind gerade schwer in Mode in der Politik. Bei der SPD jetzt auch. Doch Müller reagierte prompt und ließ verkünden, dass er bis zur Berliner Abgeordnetenhauswahl Regierender Bürgemeister bleiben will. Diese ist erst 2021. Wie seine Pläne für die Zeit danach aussehen, ist noch nicht bekannt. Und Franziska Giffey könnte wieder in der Berliner Politik mitmischen.

Giffey, die gebürtige Ostdeutsche, die patente  Außenseiterin, die an den verhaltensauffälligen SPD-Klüngeln vorbei erst Neuköllner Bezirksbürgermeisterin wurde und dann auch Bundesfamilienministerin, eine Quereinsteigerin mit ziemlich patentem Machtinstinkt, einem Händchen für populistisch-plakative Gesetzes-Kurztitel („Das Gute-KiTa-Gesetz“) und einer sorgfältig orchestrierten öffentlichen Außenwirkung, könnte tatsächlich die zumindest vorläufig letzte Chance für die Berliner SPD sein. Der fleißige, aber notorisch glücklose Müller stand im Abwärtstrend des alten, schon reichlich wurmstichigen Kutters SPD an Deck, als habe ihn jemand am Steuerrad festgebunden. In seinem Rücken warf das mosernde Fußvolk die Treibanker über die Reling. Und die Haie waren nie weit.

Jetzt also Giffey. Wieder beweist sie einen ausgeprägten Sinn fürs Timing. Ob die Koalition formerly known as Große überhaupt noch die Sommerferien in einem Stück erreicht, mag keiner überzeugend orakeln. Jemand, der der SPD die dann anstehende Bundestags-Neuwahl gewinnt, ist weit und breit nicht in Sicht. In Berlin dagegen steht Rot-rot-grün, auch wenn der Senat öfter mal als unbeliebteste Landesregierung unter allen Bundesländern gilt. Aber die Hauptstadt-CDU ist ein Witz, die Linke hat nur Klaus Lederer und die Grünen haben Angst vor der eigenen Courage. Hier gibt es noch Dinge zu gewinnen für Giffey. Und nicht, wie im Bund, nur welche zu verlieren.

Als nächstes muss sie noch die Affäre um ihren Ehemann Karsten Giffey einigermaßen geräuscharm abräumen, der wegen einer mutmaßlich als Dienstreise abgerechneten Privatreise seinen Beamtenstatus verlor. Und dann ist da noch der Spandauer Saleh, der sich jetzt ein paar Jahre seinen Ehrgeiz auf den Chefposten in der SPD und im Senat verkniff. Kann er innerparteilich jene Mehrheiten organisieren, die Giffey bei den Wählern ranschaffen könnte? Mal gucken. In Salehs Lebensplanung ist der Regierende Bürgermeister-Job jedenfalls fest eingeplant. Die Nummer zwei dürfte ihm auf Dauer eine Nummer zu klein sein.

Michael Müller hatte sich Mühe gegeben, den Linksschwenk seines Landesverbandes mitzugehen. Giffeys Positionen sind auch eher konservativ. Das wird interessant im ausgeprägt linken Senat. Mietendeckel, Verkehrswende, Migrationspolitik.

Aber dafür kann dann Franziska Giffey voraussichtlich im Oktober den BER eröffnen. Für die Sause wird sie sicher einen richtig schmissigen Titel finden.

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