Kultur

Kulturkürzungen 2025: Reaktionen aus der Berliner Kulturszene

Ein schlechter Tag für alle: „HILFE!“ – Genau das hört man aus der Berliner Kulturszene seit Monaten, jetzt erst recht nach der Abstimmung über die vom Hauptausschuss abschließend verhandelten Kürzungen im Abgeordnetenhaus am Donnerstag. Denn es bleibt bei den mehr als 130 Millionen Euro Einsparungen bei der Kultur. Mit gut zwölf Prozent des ursprünglich geplanten Etats wird hier mehr gekürzt als in anderen Ressorts. Dadurch werden die großen Häuser ihr Programm drastisch reduzieren und die kleineren sowie die Freie Szene ums Überleben kämpfen müssen – ohne Happy End, wie’s aussieht.

Demonstration gegen die geplanten Kulturkürzungen durch den Berliner Senat, 15. Dezember 2024. Foto: Imago/IPON

Berlin ruiniert seine Zukunft und sein internationales Prestige

Dabei haben sich alle, wie von der Politik gefordert, seit Jahren um Diversität und Inklusion gekümmert, um Nachwuchsprogramme und Konzepte für Geflüchtete, sozial Schwache, bildungsferne Schichten. Das wird jetzt weitgehend wegfallen müssen, denn ohne auskömmliche Finanzierung sind derlei Bestrebungen für den gesellschaftliche Zusammenhalt nicht durchzuführen. Also vor den nächsten Wahl nicht über Demokratieverdrossenheit und Desinteresse an der Politik jammern, wenn die kulturellen Einrichtungen, in denen man anderes Denken und Fühlen lernen könnte, systematisch kaputtgespart und letztlich geschlossen werden! Berlin ruiniert damit seine Zukunft – und sein internationales Prestige.

Welche Künstler:innen wird es noch in diese Stadt ziehen, die einmal wie ein Magnet für junge kreative Freigeister und renommierte Stars aus aller Welt war und für die nun Barrie Kosky, der Ex-Intendant der Komischen Oper, fürchtet: „Berlin ohne Kultur ist nur Bielefeld mit big buildings.“ Selbst die „New York Times“ sprach anlässlich der Tournee der Berliner Philharmoniker im November in Bezug auf die Kahlschlag-Kultur-Kürzungen von „einer schlechten Nachricht nicht nur für Berlin, sondern auch für den Rest der Welt“. Dabei beträgt der Kulturetat des Landes Berlin nur 2,5 Prozent des Gesamthaushalts. Trotzdem kommen 80 Prozent der rund 30 Millionen Tourist:innen wegen der Kultur Jahr für Jahr nach Berlin. Wie lange noch?

Wir haben bei einigen Institutionen nachgefragt, wie dort die Lage eingeschätzt wird, nachdem die Fakten geklärt sind, und wie es weitergehen kann – wenn überhaupt:

Gemeinsames Statement der Berliner Kultureinrichtungen

Wir sind bestürzt über die heute beschlossenen Kürzungen des Kulturetats. Der Senat nimmt dem kulturellen Leben in der Stadt die Luft. Berlin lebt durch seine Kultur. Die jetzt beschlossenen Kürzungen bedrohen Arbeitsplätze, die kulturelle Vielfalt und den Wesenskern dieser Stadt. Kultur ist nicht nur ein Standortvorteil, sie ist unverzichtbar für Zusammenhalt und Zukunft. Sie ist das Herz unserer Stadt. Wir rufen Politik und Gesellschaft auf: Lassen Sie uns gemeinsam die Berliner Kultur stärken und für kommende Generationen sichern. Lassen Sie uns jetzt einen Dialog über den kommenden Haushalt beginnen – damit Berlin Kulturstadt bleibt!

Gemeinsames Statement der Berliner Kultureinrichtungen zur aktuellen Haushaltslage

Matthias Mohr, Künstlerischer Leiter und Co-Geschäftsführer des Radialsystems

Auch das Radialsystem ist von den Kulturkürzungen betroffen. Foto: Imago/Schöning

Die heutigen Beschlüsse zum Berliner Haushalt markieren einen tiefen Einschnitt für zahlreiche Initiativen im Bereich Kultur, kultureller Bildung und Teilhabe. Für viele bedeutet dies faktisch das Aus. Die Befürchtung, dass insbesondere die ohnehin prekär agierende freie Szene von den Kürzungen besonders betroffen sein würde, hat sich heute bewahrheitet. Besonders freischaffende Künstler*innen sind durch die drastischen Kürzungen hart getroffen. Gleichzeitig herrscht weiterhin eine unerträgliche Unsicherheit, da zentrale Förderzusagen für das kommende Jahr immer noch ausstehen. Auch das Radialsystem – eine seit 19 Jahren etablierte, professionell agierende Ankerinstitution für freischaffende Künstler*innen mit internationaler Strahlkraft – hat zum Jahresende noch keine Planungssicherheit für das kommende Geschäftsjahr. Diese katastrophale Situation destabilisiert nicht nur die ohnehin prekären Strukturen der freien Szene, sondern stellt darüber hinaus die Arbeitsgrundlage und das Engagement eines Großteils der in Berlin arbeitenden Künstler*innen in Frage. Es muss jetzt dringend Klarheit geschaffen werden, damit die Betroffenen überhaupt mit dieser herausfordernden Situation umgehen können. Neben den radikalen finanziellen Einschnitten ist die anhaltende Unsicherheit eine immense Belastung für viele Kolleginnen.

Matthias Mohr, Künstlerischer Leiter und Co-Geschäftsführer des Radialsystems

Vorstand des Schwules Museums

Durch die massive Reduktion der Mittel für die vielfältige Kulturlandschaft Berlins leidet auch das Publikum. Der Zugang zu kulturellen Angeboten wird erschwert und das Angebot selbst einheitlicher und weniger inspirierend. Jahrelang mühsam aufgebaute und international anerkannte Strukturen drohen unwiederbringlich verloren zu gehen. Dies gefährdet nicht nur aktuelle Projekte, sondern auch vergangene Investitionen und zukünftige Entwicklungen. Eine diverse Kulturproduktion wird erschwert, was besonders in Zeiten wachsender gesellschaftlicher Spannungen ein falsches Signal setzt.

Vorstand des Schwules Museums

Joana Mallwitz, Chefdirigentin des Konzerthausorchesters

„Wir werden die vielen Krisen der heutigen Welt nicht bezwingen, wenn wir nicht Orte wie das Konzerthaus haben“, sagt Joana Mallwitz. Foto: Imago / Jürgen Ritter

Wir werden die vielen Krisen der heutigen Welt nicht bezwingen, wenn wir nicht Orte wie das Konzerthaus haben, an denen wir im Zuhören vereint sind. Die Zeit, in der wir Musik nicht nur als Einzelne, sondern als Gesellschaft bitter benötigen, ist Jetzt. Und wenn wir nicht aufpassen und diesen Schatz nicht beschützen, über Krisen und kurzfristige Entscheidungen hinwegtragen, dann wird dies endgültig sein.

Joana Mallwitz, Chefdirigentin des Konzerthausorchesters

Celina Nicolay, Künstlerische Betriebsdirektorin der Volksbühne

Die beschlossene Budgetkürzung von zwei Millionen Euro für das Jahr 2025 bedeutet rechnerisch, den künstlerischen Etat für Regieteams, Gastschauspieler:innen, Vorstellungskosten, Reihen, Sonderveranstaltungen etc. sowie damit verbundene Nebenkosten der Volksbühne auf null zu setzen. Dieser im Vergleich mit den anderen Häusern völlig unverhältnismäßige Einschnitt lässt den Schluss zu: Die Volksbühne soll aufs Abstellgleis gesetzt werden. Es ist völlig unverständlich, dass die Berliner Kulturpolitik diesen substantiellen Kahlschlag an der Ost-Ikone des Sprechtheaters stillschweigend akzeptiert. Wir fordern daher, dass die Volksbühne von Kürzungen im derzeit in Arbeit befindlichen Haushaltsplan für den Doppelhaushalt 2026/27 ausgenommen wird. Wenn im Haushalt 2025 nun überproportional gegenüber den anderen Theatern gekürzt wird, muss dies in 2026 entsprechend ausgeglichen werden. Die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz wird andernfalls nicht annähernd in der Lage sein, den Proben- und Spielbetrieb aufrechtzuerhalten und steuert damit unausweichlich auf einen Kollaps zu, vor dem niemand die Augen verschließen darf.

Celina Nicolay, Künstlerische Betriebsdirektorin der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz

Susanne Moser und Philip Bröking, Intendanz der Komischen Oper Berlin

Wir sind froh, dass sich der Regierende Bürgermeister ausdrücklich zur Weiterführung der Sanierung bekannt hat. Jetzt gilt es, den politischen Willen finanziell darzustellen und umzusetzen. Unser Ziel bleibt unverändert: so schnell wie möglich in unser Stammhaus in der Behrenstraße in Berlin Mitte zurückzukehren. Je schneller der Bau fertig wird, desto mehr entlastet das den Steuerzahler. Auch im Jahr 2025 wird uns dieses Thema intensiv beschäftigen. Insbesondere, da im Frühjahr der Investitionsplan für die kommenden Jahre aufgestellt wird und sichergestellt werden muss, dass die notwendigen Mittel für die Baumaßnahmen bereitgestellt werden.

Susanne Moser und Philip Bröking, Intendanz der Komischen Oper Berlin

Sasha Waltz und Jochen Sandig, Künstlerische Leitung Sasha Waltz & Guests

„Die Kürzung von 200.000 Euro in ihrer Jahreszuwendung trifft die Compagnie mit voller Wucht der Kurzfristigkeit und extremer Härte“, sagen Sasha Waltz und Jochen Sandig. Foto: Imago/Funke Foto Services/Maurizio Gambarini

Die Kürzung von 200.000 Euro in ihrer Jahreszuwendung trifft die Compagnie mit voller Wucht der Kurzfristigkeit und extremer Härte. Sie führt dazu, dass im Jahr 2025 weder eine geplante Neuproduktion noch eine größere Wiederaufnahme durchgeführt werden können. Seit mittlerweile über 30 Jahren schafft die Choreographin Sasha Waltz regelmäßig neue Werke, die nicht nur sehr erfolgreich in Berlin gezeigt, sondern auch auf der ganzen Welt getourt werden. Die finanziellen Mittel von Sasha Waltz & Guests erlauben eine Neuproduktion im Jahr, die durch die Kürzungen 2025 entfallen muss. Sollten die Kürzungen in den Jahren 2026 und 2027 gleichbleiben oder gar ansteigen, wird die Struktur von Sasha Waltz & Guests als erfolgreicher Ensemble- und Repertoirebetrieb in seiner Existenz bedroht. Der reguläre Spielbetrieb von Sasha Waltz & Guests in Berlin wird kurz- und langfristig ebenfalls eingeschränkt werden müssen, da die Kürzungen alle Berliner Spielorte betreffen und die Zugänglichkeit für Gastspieltermine erschweren.

Hinzu kommen aktuell auslaufende und ganz gestrichene Projektförderungen wie die rund 100.000 € für das Projekt »Move your Kiez – Spandau« im Rahmen der Jugendkulturinitiative unterstützt durch die Berlin Mondiale, um die sich die Kürzungssumme für das Jahr 2025 entsprechend erhöht. Sasha Waltz & Guests übernimmt als öffentlich geförderte Kulturinstitution Verantwortung für ihr gesellschaftliches Umfeld und engagiert sich seit vielen Jahren im Bereich Education & Community für eine breite künstlerische Nachwuchsförderung, die Arbeit mit der Berliner Tanz-Szene und eine weltoffene, vielfältige sowie generationsübergreifende Gemeinschaft. Durch den extrem kurzfristigen Wegfall auch dieser weiteren Mittel wird die Arbeit in diesem Bereich und wird ganz konkret ein Projekt gefährdet, das gerade sehr erfolgreich angelaufen ist. Leidtragende sind die jungen Menschen, die das Angebot sehr engagiert und begeistert angenommen haben.

Sasha Waltz und Jochen Sandig, Künstlerische Leitung Sasha Waltz & Guests

Tim Sandweg, Künstlerischer Leiter der Schaubude Berlin

Absperrband als Protest an der Schaubude. Foto: Lea Röwer

Die Schaubude Berlin ist das zentrale Produktionshaus für zeitgenössisches Figuren- und Objekttheater und eine Ankerinstitution der freien darstellenden Künste mit internationalem Renommee. Von den Kürzungen in Höhe von 15 % bei ihrer Trägerin, der Kulturprojekte Berlin GmbH, ist die Schaubude Berlin direkt betroffen. Kürzungen in dieser Höhe werden das künstlerische Profil, die Struktur und das Programm der Schaubude Berlin massiv beschädigen: Die Gagen der Künstler*innen werden ab Januar 2025 drastisch reduziert, 30 % des Programms müssen gestrichen werden, darunter insbesondere Angebote im Bereich Barrierefreiheit und Vermittlung sowie das Kinderprogramm von April bis September, höhere Eintrittspreise werden kulturelle Teilhabe einschränken.

Tim Sandweg, Künstlerischer Leiter der Schaubude Berlin

Sibylle Arndt, Peter Atanassow, Holger Syrbe, Künstlerische Leitung Gefängnistheater aufBruch

Das Gefängnistheater aufBruch ist seit 1997 fester Bestandteil der Berliner Justiz und Kultur, es bietet Strafgefangenen durch schauspielerische Arbeit die Möglichkeit zur Teilhabe an kreativen Schaffensprozessen, Zugang zu Bildung und den Erwerb sozialer Kompetenzen. Auf dem Spielplan stehen Klassiker der deutschen und europäischen Dramatik – von Schiller, Goethe, Kleist, Shakespeare, Camus bis zu Müller oder Brecht. Die Qualität der Inszenierungen ist gelobt und preisgekrönt, die Leistungen der Inhaftierten beeindruckend. Das öffentliche Interesse an den Theateraufführungen in den JVAs ist ungebrochen hoch, die Vorstellungen sind ausnahmslos ausverkauft und werden durch alle Schichten der Bevölkerung nachgefragt: Mitgefangene, Angehörige, Bedienstete, Theaterpublikum, Fachpublikum aus Soziologie, Forensik, Psychologie und Kriminologie, Presse. Wir bedauern, dass der Justizsenat an der massiven Zuwendungskürzung von 70% am Gefängnistheater aufBruch festhält – ungeachtet der mehr als 150 Fürsprecher:innn aus Kunst, Wissenschaft, Justiz und Politik und des Votums von bisher fast 5000 Unterstützer:innen, die teils fundiert gegen die Kürzung argumentieren. Für uns bedeutet das jetzt die Entlassung von Mitarbeiter:innen, die Kündigung von Produktionsräumen und die drastische Reduzierung des Angebots in den JVAs. Für das Kalkül der Haushälter mag der verbleibende Rest Gefängnistheater genug sein, für den Bedarf aller anderen eklatant zu wenig: Für das Publikum, für die Gefangenen, für das Gefängnis, für die zwischenmenschliche Begegnung und Verständigung, für Berlin als Kreativort mit internationaler Strahlkraft – kurz: für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in dieser Stadt. Wir fragen: Was haben wir in den letzten 20 Jahren falsch gemacht?

Sibylle Arndt, Peter Atanassow, Holger Syrbe, Künstlerische Leitung Gefängnistheater aufBruch

Annemie Vanackere, Intendantin und Geschäftsführerin HAU Hebbel am Ufer

„Wir sind natürlich erleichtert, dass mit dem heutigen Beschluss berücksichtigt wurde, dass das HAU schon durch fehlende Bundesmittel stark belastet ist“, sagt Annemie Vanackere. Foto: Imago/DRAMA-Berlin.de

Wir sind natürlich erleichtert, dass mit dem heutigen Beschluss berücksichtigt wurde, dass das HAU schon durch fehlende Bundesmittel stark belastet ist. Gleichzeitig sind wir nach wie vor besorgt und alarmiert. Was passiert mit unserer Gesellschaft, wenn Diversität und Inklusion und eine Kultur, die sich positiv transformieren will, politisch offenbar nicht gewünscht sind? Dabei geht es nicht nur darum, dass wir solidarisch sind mit denjenigen, die nicht mehr berücksichtigt werden. Auch wird für die Kultur der Kampf um Arbeitsräume, d.h. auch Probenräume, und um Anträge härter werden. Das wird auf Kosten der Qualität und der Entwicklung von Kunst gehen! Wir können doch nicht nur alte Formen wiederholen, sondern wir müssen auch kreativ bleiben, etwas riskieren und neue Wege gehen können. Mit Perspektive auf den Doppelhaushalt 2026/27 kann ich nur hoffen, dass die Politik einen anderen Weg einschlagen wird. Das Problem ist einfach diese Sparvorgabe von 130 Millionen, die aus meiner Sicht viel zu hoch für den Kulturbereich ist. Und vor allem muss mit den Akteur*innen besser – oder überhaupt – gesprochen werden.

Annemie Vanackere, Intendantin und Geschäftsführerin HAU Hebbel am Ufer

Arbeitskreis Berliner Kinder- und Jugendtheater

Der Arbeitskreis der Berliner Kinder- und Jugendtheater kritisiert die Kürzungen im Haushalt 2025, die trotz punktueller Verbesserungen auf Kosten anderer Kultureinrichtungen weiterhin Kinder- und Jugendtheater sowie die kulturelle Jugendarbeit gefährden. 

Das Theater- und Tanzangebot für Kinder und Jugendliche wird neben den größeren Häusern durch eine lebendige und vielfältige freie Szene bestehend aus mittleren und kleineren Produktionsorten sowie einer großen Anzahl von Gruppen und Einzelkünstler*innen gestaltet und vorangetrieben. Die Haushaltstitel für die Freie Szene sind zur großen Erleichterung der betroffenen Gruppen von den Kürzungen ausgenommen. Trotzdem hat der Prozess um die Sparmaßnahmen gravierende Auswirkungen, denn angesichts der ohnehin prekären Bedingungen sorgten die Debatten für existenzielle Ängste. Und die Unsicherheit bleibt, da Zuwendungsbescheide für Projekte im Jahr 2025 noch nicht ausgestellt sind und weitere Kürzungsdebatten befürchtet werden.  Hierdurch könnten folgende Theater bedroht sein: Theater Strahl, das Weite Theater, das Theater o.N., das FELD Theater für junges Publikum, das Fliegende Theater, das Figurentheater Grashüpfer, das Schlossplatztheater, die Jugendtheaterwerkstatt Spandau und die Zitadelle Puppet Company, das Theater Jaro, das Platypus Theater die Tanzkomplizen, Morgenstern, die Gruppe florschütz&döhnert und viele weitere Orte und mobile Theater. Weitere Einschnitte könnten Schließungen und das Ende zahlreicher künstlerischer Karrieren zur Folge haben.

Die Rücknahme der Kürzungen für das Atze Musiktheater, das GRIPS Theater und das Theater an der Parkaue begrüßen wir, doch es fehlen Mittel für Tarif- und Inflationsausgleich, was trotzdem Stellenabbau und Angebotsreduktion wahrscheinlich macht.

Deshalb fordern wir nach den heutigen Beschlüssen einen sofortigen Nachtragshaushalt für 2025, um die kulturelle Infrastruktur für Kinder und Jugendliche zu sichern. Die Kürzungen zeigen eine mangelnde Wertschätzung für die junge Generation – die Zukunft unserer Stadt!

Arbeitskreis Berliner Kinder- und Jugendtheater

Jacob Höhne, Intendant und Geschäftsführer des RambaZamba Theaters

Das RambaZamba ist eines der bekanntesten und erfolgreichsten inklusiv arbeitenden Theater in Deutschland und Europa. Das Herz des Theaters bilden seine 35 Schauspieler:innen, die alle mit einer Behinderung leben. Sie arbeiten hier mit Künstler:innen wie Tomás Saraceno und Regiegrößen wie Leander Haußmann, Jorinde Dröse oder Milan Peschel zusammen. Auf der Bühne stehen sie zusammen mit Angela Winkler, Eva Mattes, Ilse Ritter, Jan Bülow, Margarita Broich, Samuel Koch u.v.a. Nach der Behindertenrechtskonvention von 2006, die in Deutschland im Jahr 2009 ratifiziert wurde, haben Menschen mit Behinderung ein Recht auf die freie Wahl und Ausübung eines Berufes. Für die Schauspieler:innen des RZt gibt es keine alternativen Arbeitsorte. Sie können sich nicht einfach an einem nicht-inklusiven Theater bewerben. 

Das RZt ist durch die Kürzungen ganz konkret bedroht: Die Struktur des RZt ist defizitär, Einsparungen von 5 bis 10 % wären absolut verheerend für diesen Ort. Der Hauptteil der Ausgaben betrifft das Personal. Die Personaldecke ist jetzt schon so dünn, dass es keine Stellen gibt, die man streichen kann. Ein Budget für Produktionen ist nicht vorhanden. Die aktuellen Kostensteigerungen sowie die Inflation bedeuten faktisch eine laufende Kürzung, da sie in der Förderung nicht mitbedacht bzw. angeglichen werden. Gleichzeitig realisiert das Theater notgedrungen die Produktionen über Projektförderungen. Da auch diese gekürzt werden sollen, droht hier eine Katastrophe.

Dieses strukturelle Defizit ist sicher auf viele andere Institutionen und Gruppen übertragbar. Ich bin davon überzeugt, dass wir nicht oft genug darauf hinweisen können und müssen. Die Stadt Berlin lebt nur durch die Kultur. Ohne geht es nicht.

Jacob Höhne, Intendant und Geschäftsführer RambaZamba Theater

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