Wohnungsmarkt

Mietendeckel ab 23.11 vorerst bindend: Was ihr jetzt wissen müsst

Gute Nachrichten für Mieter – zumindest vorerst: Am 23. November tritt die zweite Stufe des Berliner Mietendeckels in Kraft. Das heißt, dass Menschen, die vermieten, überhöhte Forderungen absenken müssen. Allerdings ist dies vorerst noch kein Grund zur Freude. Denn im kommenden Jahr könnte es ein böses Erwachen geben. Was ihr jetzt wissen müsst, was der Mieterbund rät.

Mietdeckel soll auf dem Berliner Wohnungsmarkt helfen: Altbau gegen Neubau, aber immer gern mit saftigen Mieten. Foto: Imago Images/Sabine Gudath

Mietendeckel: Zweite Stufe setzt ein – das bedeutet Absenkungen

Mit dem Begriff „Mietendeckel“ wurde eine knackige Abkürzung gefunden. Sperrig klingt es, das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin. Das „MietenWoG Bln“ soll ab 23. November in seiner zweiten Stufe dafür sorgen, dass niemand in Berlin Mond-Mieten zahlt. Konkret bedeutet dies:

  • Vermieter müssen ihren Mietern die Miete senken, insofern diese zu hoch ist
  • Berechnet wird auf Grundlage des Mietspiegels und den entsprechenden maximalen Quadratmeter-Preisen in der entsprechenden Lage. Vereinfachtes Beispiel: Im Stadtteil Entenhausen liegt der Schnitt bei 10 Euro pro Quadratmeter. Der Vermieter verlangt aber 20. Nun muss er die Miete entsprechend nach unten korrigieren
  • Allerdings: Der Richtwert bei Bestandsmietverträgen ist nicht haargenau die Obergrenze pro Quadratmeter, sondern diese plus 20 Prozent.
  • Für unser Beispiel bedeutet das: 10 sind der maximale Quadratmeterpreis, 20 Prozent von 10 Euro sind zwei Euro – der Vermieter darf also 12 Euro pro Quadratmeter verlangen.

Grundsätzlich gilt das für Bestandsmietverträge, die vor dem 23. Februar 2020 geschlossen wurden. Alle, auf die das zutrifft und die zu viel Miete bezahlen, haben ein Anrecht auf die Absenkung. Alle, die ab diesem Stichtag Verträge für Wohnraum unterzeichnet haben, müssten in einer idealen Welt maximal das zahlen, was im Rahmen der Verordnung des Mietendeckels vorgesehen ist.

Allerdings: Es kann sein, dass Vermieter die Menschen fälschlicherweise zu höheren Kosten haben wohnen lassen – dann allerdings ist das Absenkungsverfahren um „Quadratmeterpreis + 20 Prozent“ nicht der richtige Weg.

Ein Demonstrant bei einer Demo Mitte November gegen den Verkauf von Häusern und Wohnungen in Neukölln. Foto: Imago Images/Bildgehege

Anspruch für Bestandsverträge im Mietendeckel anders als für neue

„Wer nach dem 23. Februar unterschrieben hat, der muss das nicht in Anspruch nehmen – denn er hat einen höheren Anspruch“, erklärt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins dem tipBerlin. Denn für diese Verträge gelte die 20-Prozent-Aufschlag-Regel gar nicht. Würde also bei unserem Beispiel bedeuten:

Wurde der Vertrag über 20 Euro pro Quadratmeter bei einem mit dem Mietendeckel nun zulässigen Preis von 10 Euro pro Quadratmeter

  • vor dem 23. Februar geschlossen, kann der Wohnungsvermietende 10 Euro plus 20 Prozent verlangen
  • ab dem 23. Februar geschlossen, kann der Wohnungsvermietende 10 Euro verlangen – aber nicht mehr

Gewohnheitsgemäß liegt bei solchen Dingen der Teufel im Detail. Denn es kann durchaus sein, dass Nachbarn unterschiedlich viel zahlen: Die Berechnung des zulässigen Preises erfolgt nicht bloß über den Quadratmeterpreis. Es fließen viele Faktoren ein, von Ausstattung der Wohnung (etwa Einbauküche) und des Hauses (zum Beispiel Fahrstuhl) bis zu Baujahr, Isolation, Sanierungen und so weiter.

Mietrechner ermöglicht genaue Prüfung der rechtmäßigen Miete

Ganz konkret berechnen lässt sich der zulässige Quadratmeterpreis mithilfe des Berliner Mieterbundes. Online haben diese einen „Mietendeckel“-Rechner. „Die Vermieter müssen die Veränderung, so es eine gibt, ab dem 23. November weitergeben“, sagt Geschäftsführer Wild. Das könne auf zwei Wegen geschehen:

  • Ist der Vermietende zur Lastschrift berechtigt, muss er selbstständig den Betrag anpassen
  • Zahlen die Mietenden per Dauerauftrag, müssen sie diesen enstprechend anpassen

Die Haus- und Wohnungsbesitzer sollen über die Veränderung informieren, einige werden sich dies jedoch sparen, mutmaßt Wild. Er geht davon aus, dass einige auf das Unwissen ihrer Mieter hoffen – und schlicht weiter überhöhte Mieten kassieren.

Wild empfiehlt aber, die von den Vermietenden selbstständig mitgeteilte Änderungen noch einmal zu überprüfen. Auch der Senat will bis zum 23. November einen Mietendeckel-Rechner an den Start bringen.

Bauland ist in Berlin rar, neue Wohnungen sind auch wegen der Nachfrage entsprechend teuer. Der Mietendeckel soll regulieren. Foto: Imago Images/Sabine Gudath

Vorsicht: Der Mietendeckel kann immer kippen

Grundsätzlich ist das noch mit etwas Vorsicht zu genießen: Der Berliner Mietendeckel beschäftigt das Bundesverfassungsgericht – nachdem er in vorheriger Instanz als rechtens bewertet wurde, könnte es sein, dass das Oberste Gericht ihn noch kassiert. In diesem Fall, erklärt Wild, können die Vermietenden anstandslos alles zurückfordern, was zuvor seitens der Mietenden eingespart wurde. „Das kann bei ein paar Euro im Monat verkraftbar sein, wer plötzlich Tausende Euro nachzahlen soll, kann Probleme bekommen“, sagt er.

Deswegen empfiehlt sein Mieterverein dringend, dass Betroffene einer Absenkung genau bewerten, inwiefern sie eine mögliche Rückzahlung problemlos stemmen können. Andernfalls sollte das Geld 1:1 gespart werden – für den Fall einer Rückzahlung an den Vermietenden. „Wird der Mietendeckel als nichtig betrachtet, ist alles hinfällig, es braucht auch keine Übergangsregelung, der Vermieter kann direkt fordern.“ Das Verfassungsgericht soll im zweiten Quartal 2021 entscheiden.

Mietendeckel: Auch rückwirkend kann Geld gefordert werden

Grundsätzlich kann aber auch rückwirkend Geld von Vermieter*innen verlangt werden, sollten diese die Miete nicht abgesenkt haben. Bereits seit dem 23.2. besteht dazu die Möglichkeit, die neue Frist am 23.11. macht es nur zu einem Zwang für die Vermieter*innen, sich dem Mietendeckel anzupassen.

Wild selbst glaubt, dass der Mietendeckel Bestand haben könnte, ohne natürlich verbindliche Aussagen zu treffen: „Ausschließen können wir nicht, dass er gekippt wird.“


Der Wohnungsmarkt in Berlin treibt immer sonderbarere Blüten. Zuletzt wurden Badezimmer und Durchgangszimmer zu Mondpreisen angeboten. Generell hilft es inzwischen offenbar, bei der Wohnungssuche hübsch und willig zu sein – bedenkliche Anzeigen zeugen davon. Wer zum WG-Casting kommt, trifft auch teils absurde Anforderungen. Natürlich ist es ein Problem, dass in Berlin viele in den schönen Altbauten mit ihren wunderbaren Fassaden leben wollen. Wer eine Wohnung in Berlin sucht, findet hier Tipps.

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