Kommentar

Hohe Nebenkosten in Berlin: Der Senat muss mit anpacken

Die anziehenden Gaspreise werden sehr wahrscheinlich die Nebenkosten in Berlin weiter in die Höhe treiben, so viel ist absehbar. Ebenso ist absehbar, dass sich viele Mietende diese nicht leisten können. Es dürfte zu Zahlungsrückständen kommen. Und klar, kommt eine Person einen Monat nicht hinterher, summiert sich das im nächsten und im nächsten und im nächsten. Vonovia und die Berliner Wohngesellschaften haben bereits angekündigt, wie sie bei Zahlungsrückständen vorgehen wollen. Wirklich helfen wollen sie aber nicht.

Was kann der Berliner Senat gegen steigende Nebenkosten tun? Foto: Imago/Sabine Gudath

Hohe Nebenkosten in Berlin: Rauswürfe wird es wohl nicht geben

Mit Sympathie ist es so eine Sache, ist sie vorhanden, dann eher flatterhaft. Oft reicht schon eine Kleinigkeit, eine kleine Aussage, und sie ist verschwunden. Gut, dass Wohnungsunternehmen ohnehin nicht als besonders sympathisch gelten. Doch sollte Vonovia nur wenig davon gehabt haben, dürfte dieses Bisschen verloren sein. Bei einem Investorentag soll der Branchenriese verlautbart haben, Mieter:innen notfalls zu kündigen, sollten sie über mehrere Monate ihren Zahlungsverpflichtungen, etwa für die stark gestiegenen Nebenkosten, nicht nachkommen.

Mittlerweile revidierte Vonovia-CEO Rolf Buch die Aussage. Sollten Mieter:innen im Falle einer finanzielle Schieflage auf das Unternehmen zugehen, werde auch nach einer Lösung gesucht, Ratenzahlung zum Beispiel. Mangelnde Gesprächsbereitschaft führe indes zur Kündigung. Der Senat verkündete wiederum mit großem Tamtam, Mieter:innen vor einer Kündigung zu schützen, vorausgesetzt, sie wohnen bei einer der landeseigenen Wohnbaugesellschaften. Das beträfe 360.000 Wohnungen, bei Vonovia wären es rund 40.000.

Während der Immobilienkonzern sich darum bemüht, das angeschlagene Image zu verarzten, hübscht der Senat seines auf. Letztlich benutzen beide dafür ähnliche Mittelchen. Mietende können Rückstände in Raten bezahlen, Stundungen sollen auch möglich sein. Allerdings sind Betroffene in öffentlichen Wohnungen besser geschützt, da bei ihnen das Wohnraumversorgungsgesetz greift. Wohnungsunternehmen in öffentlicher Hand sind demnach dazu verpflichtet, bei einer Räumung eine Wohnalternative zu bieten. Wird nicht bezahlt und das Verhältnis aufgekündigt, droht wenigstens nicht Obdachlosigkeit.

Theoretisch könnte der Senat für noch mehr Schutz sorgen und ein Mietenmoratorium beschließen, das Mieterhöhungen verhindert, geltend für private und öffentliche Wohnunternehmen. Der Gedanke kam bereits von Ulrike Hamann vom Mieterverein. Das ist aber eher unrealistisch. Realistischer ist hingegen ein Energiepreisdeckel vom Bund. Werden die Kostenverursacher ausgebremst, könnten die Nebenkosten, zumindest ein wenig, sinken. Selbiges gilt für andere Produkte wie Lebensmittel. Wäre der Bund besonders mutig könnte er hier noch die Mehrwertsteuer zeitweise abschaffen, das würde besonders die entlasten, die ohnehin wenig haben. Eine Kombination aus beiden wäre doch sympathisch.


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