Schwimmende Anarcho-Insel

Neu-Lummerland in der Rummelsburger Bucht löst sich auf

Die schwimmende Anarcho-Insel Neu-Lummerland in der Rummelsburger Bucht, Refugium für Freigeister und Lebenskünstler*innen, löst sich auf. Immer wieder hatte es Probleme mit Anwohner*innen gegeben. Letztlich gaben aber anscheinend interne Probleme der schwimmenden Wagenburg den Todesstoß.

Neu-Lummerland in der Rummelsburger Bucht löst sich auf
Die Sauna war wohl das Herzstück von Neu-Lummerland. Foto: Lena Ganssmann

Die Hausboot-Insel Neu-Lummerland auf der Rummelsburger Bucht löst sich laut Tagesspiegel auf. Im Interview mit der Tageszeitung sagt Bewohner Ronny zur Auflösung: „Wir haben beschlossen, dass wir alle unsere eigenen Wege gehen wollen. Hin und wieder sind Dinge verschwunden und das Gemeinschaftsgefühl war nicht mehr so stark.“

Der Besitzer des Ankers, an dem die Boote und die selbstgebaute Sauna, das Herzstück von Lummerland, hingen, habe ihn irgendwann weiter verschenkt. Der neue Besitzer wiederum habe die meisten Boote mit einer Machete vom Anker getrennt. Der Neue habe nicht verstanden, dass Lummerland ein Ort frei von Hierarchien sein sollte. Das Gefühl der Gemeinschaftlichkeit sei damit verschwunden, erzählt Ronny im Interview.

Die schwimmende Anarcho-Insel war ein Ort zum Experimentieren, ein Ort, an dem Menschen alternative Lebensentwürfe erprobt haben und an dem die oberste Regel war, sich klar gegen rechts zu positionieren. Unser Redakteur Martin Schwarzbeck schrieb über Lummerland 2018 in seiner Reportage, es sei ein Ort zwischen Ausbruchsfantasie und „schwimmender Favela“.

Foto: Imago Images/Pemax

In den letzten Jahren gab es immer wieder Ärger um die Lummerland. 2018 brannte es ab. Die Bewohner*innen bauten es wieder auf und tauften es Neu-Lummerland. Die größte Gefahr für die schwimmenden Wagenburg schien aber trotzdem immer von außen zu kommen: vom Senat, der trotz anhaltender Proteste, zwei Großdemos und mehr als 35.000 Gegen-Unterschriften am Bebauungsplan für die Rummelburger Bucht festhielt – Neu-Lummerland spielte da keine Rolle.

Groß-Aquarium statt Neu-Lummerland in Rummelsburger Bucht

Nach dem Plan, den die damalige Berliner Regierung vor über 17 Jahren beschlossen hatte, soll ein großes Aquarium, das „Coral World“ mit exotischen Meerestieren zum Angucken, in die Bucht gebaut werden. Dafür muss und musste bereits, bis auf die neuen Häuser am Ufer mit hochpreisigen Wohnungen drin, fast alles weichen, was bisher in der Bucht ansässig war: der Kulturort Rummelsbucht und ein schwimmendes Jugendzentrum, zahlreiche Bäume und ein Obdachlosencamp. Das Aquarium wird, wenn es gut läuft, jedes Wochenende tausende Tourist*innen in die Rummelsburger Bucht ziehen. Ob da noch Platz für Lummerland gewesen wäre und ob die Bewohner*innen überhaupt Lust gehabt hätten, dort noch zu bleiben, ist fraglich.

Auf der anderen Seite hatten die Lummerländer*innen immer wieder Streit mit einigen Bewohner*innen der Neubauten am Ufer der Bucht. Zuletzt, im April, hatte das Bezirksamt Lichtenberg ein Festmach- und Liegeverbot verhängt, sodass niemand mehr anlegen konnte — auch die Bootsleute von Lummerland nicht. Die Anwohner*innen der Rummelsburger Bucht hatten sich immer wieder über nächtliche Partys auf Lummerland und Neu-Lummerland beschwert. In einem rbb-Beitrag klagt ein Anwohner über Müll an den Ufern und „Saufereien, Pöbeleien und Partys des Nachts.“

Jetzt ist Ruhe in der Rummelsburger Bucht. Ob das das Ufer, die Bucht und den ganzen Stadtteil attraktiver macht, steht auf einem anderen Blatt.


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