Kommentar

Neue Berliner Stadtmarketing-Kampagne: Hat der Bär was geraucht?

Nach zwölf Jahren mottet der Senat jetzt die alte „Be Berlin“-Stadtmarketing-Kampagne ein. Am 12. September startet ihr Nachfolger: „#WirSindEinBerlin“ . Die neue Stadtmarketing-Kampagne bringt auch den Berliner Bären zurück auf die offiziellen Briefköpfe. Aber etwas ist an dem Wappentier anders. Hat der Bär irgendwas geraucht? Ein Kommentar von Erik Heier.


Neue Berliner Stadtmarketing-Kampagne: Vom Ich zum Wir. Quelle: Land Berlin
Neue Berliner Stadtmarketing-Kampagne: „Vom Ich zum Wir“. Quelle: Land Berlin

Im Bärenwald Müritz finden Bären ein neues Zuhause, die vorher unter unwürdigen Bedingungen gehalten wurden. Die gemeinnützige Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ hat an der Südspitze des Plauer Sees Westeuropas größtes Bärenschutzzentrum errichtet.

Vor einigen Jahren habe ich dort bei einem Besuch gelernt, dass Zirkusbären, die in der Manege ständig auf zwei Beinen tanzen müssen, oft schwere Haltungsschäden davontragen. Die Physis eines Bären ist eben nicht auf dauerhaftes Zweibeiner­tum ausgelegt. Außerdem sind viele Zirkusbären zuckerkrank, weil sie für das Stehen auf zwei Beinen mit süßen Leckerlis belohnt werden.

Höchst verhaltensauffällig sind die Tiere obendrein. Man kriegt einfach irgendwann einen Hau weg, wenn man ständig gegen die Vernunft über die Stränge schlägt.

Und damit sind wir bei der inoffiziellen Hauptstadt des Über-die-Stränge-Schlagens: Berlin.

Neue Berliner Stadtmarketing-Kampagne: Ein Bär wie Berlin

Der Senat mottet nämlich nach zwölf Jahren die alte „Be Berlin“-Stadtmarketing-Kampagne ein, die neue Kampagne „#WirSindEinBerlin“ startet am 12. September. Jetzt betonen die Imagesprüche das Gemeinsame in Unterschieden. Ein Beispiel aus der Kampagne, wirklich wahr: „Ich so: Second Hand. Du so: Second Benz. Wir so: Nachbarn.“ Einen anderen Claim aus der brandneuen Offensive, „Vom Ich zum Wir“, habe ich zuletzt Mitte der 80er bei meiner eigenen Jugendweihe in der DDR gehört.

Sind die Bären bekifft? Für Berlins neue Stadtmarketing-Kampagne wurde das Wappentier überarbeitet. Foto: Senatskanzlei Berlin
Sind die Bären bekifft? Für Berlins neue Stadtmarketing-Kampagne wurde das Wappentier überarbeitet. Foto: Senatskanzlei Berlin

Und noch ein alter Bekannter kehrt zurück: der Bär, Berlins Wappentier seit Ende des 13. Jahrhunderts. Der taucht jetzt wieder im Image-Logo auf. Die Agentur Jung von Matt hat dem Tier dafür allerdings Zähne, Zunge und Krallen entfernt und ihm stattdessen ein „leicht verschmitztes Lächeln“ verordnet. Jetzt sieht er aus, als habe er gerade irgendwas geraucht. Und steht natürlich auf zwei Beinen.

Ein Bär, der aufrecht auf dicke Hose machend auf seine Gesundheit scheißt und dabei auch noch wie bekifft grinst, passt so gut zu dieser Stadt, dass man eigentlich doch wieder „Be Berlin“ draufschreiben müsste.

Hoffentlich haben sie im Bärenwald Müritz noch einen Platz frei.


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