In Kooperation mit dem Berliner Verein „Mein Grundeinkommen“ sucht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Rahmen des neuen Pilotprojekts Grundeinkommen Teilnehmer*innen für eine dreijährige Studie. 120 Menschen werden so ab Frühling 2021 je 1.200 Euro im Monat erhalten.
„Die Corona-Pandemie hat vielen bewusst gemacht, wie wichtig starke Sozialsysteme und eine wirklich universelle Grundsicherung für die gesamte Gesellschaft sind“, sagt Marcel Fratzscher, Präsident des DIW in Berlin. Schon lange wird die Debatte zu einem bedingungslosen Grundeinkommen geführt. Macht es faul? Oder doch produktiv?
Vor- und Nachteile wurden an vielen Stellen diskutiert. Der Verein Mein Grundeinkommen e.V., Initator des Pilotprojekts Grundeinkommen, sammelt schon seit 2014 per Crowdfunding Spenden, die in Verlosungen an registrierte Nutzer*innen in Form eines einjährigen Grundeinkommens in Höhe von 1.000 Euro monatlich ausgeschüttet werden. Bedingungslos, also ohne jegliche Auflagen oder Verpflichtungen.
Der Verein hat bisher mehr als 650 Menschen ein Grundeinkommen ausgezahlt. Die Auswirkungen der zusätzlichen 1.000 Euro im Monat dokumentierte er mit dem im Jahr 2019 erschienenen Buch „Was würdest du tun?“ und mit qualitativen Interviews. Diese lieferten zwar Hinweise auf die Verbesserung der Lebensqualität, ließen jedoch – auch wegen der zwölfmonatigen Laufzeit des Grundeinkommens – keine wissenschaftlich fundierten Rückschlüsse zu.
Finanziert durch Privatspenden
„Wir wollen wissen, ob es sich lohnt, noch mehr Zeit und Energie zu investieren“, sagt Michael Bormeyer, Initiator von Mein Grundeinkommen e.V., in einer Pressemitteilung. Ein fester Stamm von über 141.000 privaten Spender*innen spendet aktuell an dem Berliner Verein. So kommen mittlerweile monatlich über 618.000 Euro zusammen, von denen ab Studienstart etwa ein Viertel an das das Pilotprojekt Grundeinkommen fließen soll.
Um mehr über die tatsächliche Wirkung eines bedingungslosen Grundeinkommens zu erfahren, sollen ab Frühjahr 2021 dann 120 Studienteilnehmer*innen für einen Zeitraum von drei Jahren je 1.200 Euro monatlich erhalten. Am 18. August startete die Bewerbungsphase als Studienteilnehmer*in. Bei dieser können sich interessierte Meschen ab 18 Jahren mit festen Wohnsitz in Deutschland online registrieren.
Wenn eine Millionen Bewerbungen erreicht sind beziehungsweise am 10. November 2020, endet der Bewerbungszeitraum. Dann werden Menschen aus unterschiedlichen soziokulturellen Clustern ausgewählt, die ein bedingungsloses Grundeinkommen erhalten.
Die einzige Bedingung ist das Ausfüllen von Fragebögen
Der Betrag von 1.200 Euro richtet sich nach der Armutsgefährdungsgrenze, die in Deutschland im Jahr 2018 bei 1.135,67 Euro pro Monat lag. Die quantitativen Studien, im Rahmen derer die Teilnehmer*innen alle sechs Monate einen Fragebogen ausfüllen müssen – die einzige Bedingung dieses bedingungslosen Grundeinkommens –, wird vom DIW durchgeführt. Außerdem wird es eine Vergleichsgruppe mit 1.380 Personen geben, die zwar kein Geld erhalten, aber die gleichen Fragebögen ausfüllen. Darüber hinaus plant das Forschungsinstitut, freiwillige Tiefeninterviews zu führen sowie die Stressbelastung der Teilnehmer*innen zu messen.
In Berlin entfachte außerdem immer wieder eine Debatte über ein sogenanntes solidarisches Grundeinkommen als Gegenentwurf zu HartzIV. Seit Juli 2019 wird dieses Berlin erprobt, ist jedoch im Gegensatz zum bedingungslosen Grundeinkommen an Auflagen wie die Aufnahme einer Beschäftigung geknüpft und hat das übergeordnete Ziel, Langzeitarbeitslose wieder in die Arbeitswelt zu führen.
Das Pilotprojekt Grundeinkommen von Mein Grundeinkommen e. V. und dem DIW ist hingegen an keine Anstellung oder soziale Gruppe gekoppelt. Was die Studienteilnehmer*innen mit den 1.200 Euro machen, ob sie arbeiten, sich selbst verwirklichen oder sich eine Auszeit gönnen – das bleibt ihnen überlassen.
Soziales Engagement in Berlin:
Das Grundeinkommen wurde vor allem während der Corona-Pandemie, von vielen Seiten gefordert. Eine Berliner Modedesigerin forderte im April 2020 ein Grundeinkommen für sechs Monate. Auch kleine Projekte, Künster*innen und Initiativen brauchen immer noch Hilfe. Hier lest ihr, wie ihr sie unter die Arme greifen könnt. Und hier findet ihr noch tolle Möglichkeiten für soziales Engagement in Berlin.