Können Berliner Restaurants und Biergärten bald wieder öffnen? Zumindest soll es zeitnah einen Modellversuch geben – in Mitte. Diese Pläne wurden zum Wochenanfang publik. Funktionieren soll die Öffnung der Restaurants in Mitte mit einem Zusammenspiel aus Apps, Tests und Hygienemaßnahmen. Der Zeitpunkt der Nachricht ist schwierig: Die Zahlen steigen, viele haben Zweifel, dass der Senat derzeit strikt genug ist.
Mitte will Restaurants wieder öffnen – mit drei Apps und Test
Die Industrie- und Handelskammer Berlin (IHK) erarbeitet derzeit zusammen mit dem Diagnostiknetzwerk BB und dem Bezirksamt Mitte ein Pilotprojekt, in dem ermittelt werden soll, wie und unter welchen Umständen die Berliner Gastronomie wieder öffnen kann – darüber berichtete zuerst exklusiv die „Berliner Morgenpost“. Vorbild? Tübingen – die süddeutsche Stadt hat unter der Bedingung eines negativen Corona-Tests den Menschen erlaubt, wieder Restaurants zu nutzen.
Wer negativ getestet wurde, kann einen Tagespass bekommen – und dann neben der Gastronomie der Stadt zum Beispiel auch Kinos nutzen. Das Angebot ist limitiert, die üblichen Abstands- und Hygieneregeln gelten selbstverständlich weiter. Am Wochenende gab es entsprechend Bilder von vergnügten Menschen in Tübingen, die zivilisiert an richtigen Tischen Speisen und Getränke zu sich nahmen, anstatt wie zuletzt überall üblich an irgendwelchen Mauern und auf öffentlichen Bänken mit To-go-Essen zu picknicken.
Stephan von Dassel (Grüne), Bezirksbürgermeister von Mitte, schwebt nun vor, in Berlin Ähnliches zu ermöglichen. Funktionieren soll das durch ein Zusammenspiel von drei Apps:
- Luca – Luca ist die Kontaktnachverfolgungsapp, in die auch die Fantastischen Vier investiert haben und die möglicherweise bundesweit Standard wird. Sie speichert Begegnungen ab – und informiert, wenn Corona-Gefahr besteht. Ein bisschen wie die Corona-Warn-App, nur mit mehr Funktionen. Wobei die Luca-App durchaus umstritten ist.
- Eine Ticket-App – mit dieser werden dann Tische und Termine bei den teilnehmenden Restaurants gebucht.
- Eine Diagnose-App, die den Test dokumentiert. Wer getestet ist, bekommt einen zeitlich limitiert gültigen QR-Code, mit dem er dann nach Gutdünken durch die Stadt tollen und die gebuchten Restaurants aufsuchen darf. Heyho!
Machbarkeit wird derzeit geprüft – Start schon Mitte April?
Die „Morgenpost“ zitiert Jörg Nolte, Geschäftsführer Wirtschaft und Politik bei der IHK: „„Dieses Pilotprojekt soll dazu dienen, herauszufinden inwieweit sichere Öffnungen stattfinden können, ohne dass dadurch das Infektionsrisiko signifikant steigt.“ Weil sich alles noch in der Entwicklung befindet und die Machbarkeit sowie das Zusammenspiel aller Faktoren und Apps erst noch gesichert werden muss, dauert es noch, bis es losgeht – erhofft wird sich im Projektteam wohl ein Start Mitte April.
So oder so hat der Bezirk Mitte angekündigt, dass sobald Außengastronomie wieder geöffnet werden darf, locker mit den Terrassen umgegangen wird – was Größe und Nutzung öffentlicher Flächen anbelangt. Auch werde dann kein Geld verlangt von den Gastronom*innen, ein Entgegenkommen in schwierigen Zeiten.
Für die Gastronomie Berlins ist das alles ein kleiner Hoffnungsschimmer. Denn dass es zeitnah wie im vergangenen Sommer heißt „Machet auf Tür und Tor“, ist unwahrscheinlich. Negative Tests dürften als Eintrittsgrundlage für alles mögliche in der näheren Zukunft verlangt werden. Die Rückkehr zur Zettelwirtschaft auf Vertrauensbasis zur Kontaktverfolgung wie 2020 ist quasi ausgeschlossen.
Kultur-Testlauf beendet – guter Zeitpunkt für Testlauf in Restaurants?
Ein vergleichbares Projekt lief gerade in der Kulturwelt – und wurde nun vorerst wegen der hohen Zahlen gestoppt. Unter anderem hatte es ein Konzert in der Philharmonie gegeben – so lief es. Insgesamt ist die Situation derzeit in der Stadt eher schwierig: Eigentlich hätte es aufgrund der Entwicklung der Fallzahlen ein Zurück geben müssen, ein drei Wochen alter Fahrplan der Ministerpräsidentenkonferenz hatte das vorgesehen.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller hatte aber keine Lust darauf, bereits gelockerte Bereiche wieder zu schließen, setzt stattdessen auf Testpflicht. Kanzlerin Angela Merkel kritisierte das öffentlich. Überhaupt machen die Bundesländer ein bisschen, was sie wollen. Trotz aller Warnungen von Expert*innen und entgegen der Ratschläge aus der Wissenschaft ist die Marschrichtung gefühlt nur vorwärts.
Inwiefern die Zahlen in Berlin, wie oft prognostiziert, noch weiter steigen und wie sich das dann auch auf mögliche Pilotprojekte auswirkt, lässt sich nur schwer beantworten. Die Gastronomie der Stadt jedenfalls dürfte dringend hoffen, dass sich es einen zeitnahen Weg zur Öffnung gibt. Genau wie alle anderen auch.
Langsam nur geht es mit den Impfungen in Berlin voran. Noch länger warten als Restaurants müssen sicher Berliner Clubs: Fotoband zeigt Innenleben verlassener Feierorte.