Antisemitische Schmierereien in Schöneberg, rechtsradikale und geschichtsrevisionistische Parolen am Sowjetischen Ehrendenkmal in Buch: die hässliche Fratze des Rechtsextremismus zeigte sich in Berlin in der vergangenen Woche gleich mehrfach.
Erst vor wenigen Tagen, am 19. Mai, wurde das Denkmal für die zerstörte Synagoge in der Münchener Straße in Schöneberg mit einem Hakenkreuz und anderen NS-Symbolen beschmiert. Am Wochenende wurde nun auch das Sowjetische Ehrenmal in Buch Ziel eines rechtsradikalen Angriffs. In der Nacht zum Samstag, dem 23. Mai, verunstalteten Unbekannte das Mahnmal mit zahlreichen Hakenkreuzen und dem Begriff “Mörderschweine”.
Das Datum für die Schmierereien scheint nicht zufällig gewählt zu sein: vor zwei Wochen fanden in ganz Berlin und so auch am Ehrenmal in Buch antifaschistische Kundgebungen im Zusammenhang mit dem Tag der Befreiung am 8. Mai statt. Auch war für den 23. Mai ein Gedenken an den vor 20 Jahren von Neonazis ermordeten Sozialhilfeempfänger Dieter Eich geplant, das auch stattfand.
Rechtsextremismus in Berlin: Denkmäler als Angriffsziel
Nach Aussage des Bunds der Antifaschist*innen (VVN-BdA) soll das Denkmal schon seit Jahren ein Angriffsziel für Rechte gewesen sein. Letztes Jahr zum Beispiel wurde die Pyramide am Rande des Schlossparks Buch zum 8. Mai mit schwarzer Farbe beschmiert.
Neonazis aus dem Umfeld der Pankower NPD sollen “zumindest indirekt” zu Angriffen aufgerufen haben, so VVN-BdA in einer Mitteilung. Gisela Grunwald, eine Vertreterin des Vereins, erklärte am Samstag dazu: „Diese widerliche Schändung des Pankower Ehrenmals ist ein weiterer Ausdruck der mörderischen Ideologie [der Pankower Neonaziszene].“ Es sei unerträglich, so Grunewald, dass die Sicherheitsbehörden der „überschaubaren“ Neonazi-Szene in Pankow keinen Einhalt gebieten könnten.
Rechsextremistische Angriffe sind in Berlin leider keine Einzelfälle
Alles leider keine Einzelfälle, wie aus Zahlen der Opferberatungsstelle Reach Out hervorgeht. 390 Gewalttaten zählte sie in Berlin für 2019, 91 mehr als im Vorjahr. Dieses Jahr sorgt die Corona-Pandemie für einen weiteren Anstieg an diskriminierenden Vorfällen: „Tagsüber traue ich mich gar nicht mehr raus“, erzählte eine Betroffene unserer Redakteurin. daneben bildete sich im Umfeld der sogenannten „Hygienedemos“ die neurechte Querfront am Rosa-Luxemburg-Platz.
Neben Buch ist insbesondere das südliche Neukölln betroffen: seit Jahren sehen sich Nachbar*innen, die gegen Rechtsextremismus und Rassismus eintreten, als Zielscheibe einer rechtsextremen Angriffsserie. Mittlerweile zählt die Serie schon mindestens 55 Angriffe. Aufklärung? Festnahmen? Auch hier Fehlanzeige.
„Offenes Neukölln“ gegen rechtsextreme Übergriffe in Berlin
Dagegen tritt unter anderem das Bündnis Neukölln ein. Darunter haben sich Organisationen, Initiativen, Gewerkschaften, Parteien und Religionsgemeinschaften wie auch zahlreiche Einzelpersonen zusammengeschlossen. Deren Festival „Offenes Neukölln“ findet dieses Jahr zum vierten Mal statt – aufgrund der Corona-Pandemie allerdings größtenteils online.
„Lesung, Musik, Diskussion – das geht auch online“, so die Veranstalter in einem Tweet. Und so findet das (Online-)Festival vom 5. bis 7. Juni 2020 trotz Pandemie statt. Denn eine der besten Waffen gegen Rechtsextremismus ist noch immer: Zusammenhalt.
Mehr zu Verschwörungstheorien und „Hygienedemos“
Ein ehemaliger Theaterintendant hat ein unangenehmes Interview gegeben, das Alexander Karschnia in seinem Gastkommentar in Zusammenhang mit den Demos sieht. Gegen die Querfront formiert sich jetzt Widerstand: Berliner*innen protestieren gegen Rechte und Verschwörungstheorien.