Corona-Schnelltests hätten nicht nur das Potenzial, unser Weihnachtsfest 2020 zu retten. Vielen Menschen erscheinen Antigen-Schnelltests mittlerweile als die einzige Möglichkeit, sich ohne schlechtes Gewissen den Herausforderungen ihres Alltags zu stellen. Trotzdem: Das Thema Schnelltests bleibt bundesweit, wie auch in Berlin, undurchsichtig. Dafür eröffnen alternative Schnelltest-Stellen, zum Beispiel im Technoclub KitKat. Muss dieser Teststellen-Wildwuchs wirklich unser Fest retten, oder wo bleibt die offizielle Weisung von oben?
Der Einsatz der Mund-Nasen-Maske wurde in diesem Frühjahr von einer schier endlosen öffentlichen Diskussion begleitet. Die Fronten waren verhärtet: Masken schützen gar nicht wirklich vor einer Ansteckung, sagten die einen. Doch, tun sie, sagten die anderen. Nein, tun sie nicht. Doch, tun sie, aber nur mit Vorbehalt. So ging es hin und her.
Mittlerweile, nach Monaten in der Pandemie, ist die Alltagsmaske der Grundpfeiler für die von der Bundesregierung gerne und vielfach unterstrichenen AHA-Regeln, der Grundlage für Deutschlands Pandemie-Bekämpfung.
Die Schnelltest-Diskussion erinnert an die um die Mundschutze
Ähnlich wie um die Mundschutze wird seit einigen Wochen um die richtige Teststrategie gestritten. Den wenigsten dürfte die sich täglich ändernde Faktenlage zu den Corona-Schnelltests bekannt sein. Stattdessen gibt es viele Fragen: Wem sollen die Schnelltests zur Verfügung stehen? Gibt es denn genügend Tests? Wer darf sie durchführen? Und am allerwichtigsten: Sind Schnelltests überhaupt sicher genug oder bergen sie Risiken?
In der letzten und wohl wichtigsten dieser Fragen scheinen Bund und Länder mittlerweile einen Konsens gefunden zu haben: Es ist definitiv besser, mit 95-prozentiger Sicherheit sagen zu können, dass man Corona-positiv ist, als verschnupft und mit schlechtem Gewissen zwischen Supermarkt und Kita zu pendeln.
Die logische Konsequenz also: Schnelltests sollen in den kommenden Wochen deutschlandweit verstärkt zum Einsatz kommen – in Pflegeeinrichtungen wie Krankenhäusern und Altenheimen. Aber auch in Schulen, wo die Situation durch die Schnelltests entschärft werden soll und der Senat jetzt nach einem Vorschlag der Bildungsverwaltung angekündigt hat, acht mobile Testteams durch die Stadt schicken.
Und auch wer als Corona-Verdachtsfall gilt, kann seine Quarantäne-Zeit durch die Durchführung eines Antigen-Schnelltests künftig von 14 auf zehn Tage verkürzen.
So weit, so gut. Für die breite Bevölkerung, also all jene, die „nur“ versuchen, ihr normales Leben zu meistern und dabei nicht Freunde und Familienangehörige zu infizieren, die möglicherweise einer Risikogruppe angehören, bleibt ein Corona-Schnelltest jedoch noch immer schwer zugänglich.
Wilder Westen auf dem Schnelltest-Markt
Statt offizieller Teststellen drängen private und – ganz Berlin-like – alternative Angebote auf den Markt. Ob Corona-Schnelltest-Zentrum am Moritzplatz oder Schnelltest-Stelle im KitKat-Club: Die Durchführung der Tests scheint bei all diesen Stellen vorschriftsmäßig zu sein, ärztliches Personal ist vor Ort, überwacht die Abstriche und wertet die Tests aus.
Die Rahmenbedingungen jedoch erscheinen teilweise reichlich unkonventionell. Das Thema Schnelltests bleibt sogar für das Corona-Sorgenkind Berlin undurchsichtig. Und auch wenn es irgendwie lustig ist und zu Berlin passt: Kann es sein, dass zum jetzigen Zeitpunkt der Pandemie ein Schnelltest im KitKat die einzige Option bleibt, um Oma und Opa unter dem Weihnachtsbaum unter die Augen treten zu können?
Schnelltest im KitKat-Club
Im Techno-Club KitKat, wo Pandemie-bedingt Ruhe herrscht, soll es ab dem 4. Dezember also wieder betriebsam werden, wenn eine Ärztin und geschultes Personal hier Mund-Rachen-Abstriche nehmen und die Patient*innen dann innerhalb von 20 Minuten über ihren Gesundheitszustand informieren.
Dass in Berlin überhaupt Schnelltest-Stellen eröffnen, ist angesichts der Überforderung von Laboren und Arztpraxen wünschenswert. Dass es sich dabei teils um alternative Einrichtungen handelt, zeigt jedoch nicht nur, dass Berlin kreativ wird, wo es muss, sondern es zeigt die Dringlichkeit der Situation, die die Politik langsam erkennen sollte.
Die Test-Kapazitäten sind ausgereizt, so kurz vor dem Weihnachtsfest braucht es schnellere, effizientere Methoden als die herkömmlichen. Das Corona-Sorgenkind Berlin macht sich selbstständig, auch ohne eine Schnelltest-Strategie von oben, aber das kann es ehrlich gesagt nicht sein.
Es gibt genügend Schnelltests für alle, aber bald werden die Teststellen überlaufen sein
Seitdem klar ist, dass Corona-Schnelltests – zumindest auf dem Papier – in der Pandemie-Bekämpfung eingesetzt werden müssen, wurde die Frage laut: Gibt es denn genügend Tests für alle? Und wieder: Es erinnert nochmals an die Mundschutz-Debatte von Anfang des Jahres.
Die Antwort lautet: Ja. Seit dem Aufkommen der Diskussion wurde die Schnelltest-Produktion in der Industrie sukzessive nach oben gefahren. Reichte im Oktober die Schnelltest-Kapazität lediglich für vulnerable Risikogruppen aus, stehen jetzt, kurz vor Weihnachten, genügend Antigen-Schnelltests für die breite Masse zur Verfügung. Lediglich die logistische Verteilung und das Einsetzen dieser Schnelltests sollte die Politik noch vor Hindernisse stellen.
Gegen die Idee, Antigen-Schnelltests auch in Apotheken zu verkaufen und so medizinisches Personal zu entlasten, wehrt sich die Politik noch. Schließlich verbietet es das Infektionsschutzgesetz, „In-vitro-Diagnostika an Laien abzugeben, die dem direkten oder indirekten Nachweis einer meldepflichtigen Erkrankung dienen“.
Wer als Corona-Verdachtsfall gilt oder positiv ist, muss dem Gesundheitsamt gemeldet werden. Führt eine Privatperson einen Schnelltest jedoch zuhause selber durch und wertet diesen auch selber aus, lässt sich nicht überprüfen, ob er oder sie den Befund auch dem Gesundheitsamt meldet. Es besteht das Risiko, dass er oder sie einen Verdacht oder gar positiven Befund nicht meldet – um beispielsweise die Quarantäne-Zeit zu umgehen.
Braucht es Gesetzesänderungen für den Schnelltest zuhause?
Ohne eine Gesetzesänderung wird man also in absehbarer Zeit auch für einen Corona-Schnelltest immer noch zu einer Teststelle gehen müssen. Allerdings ist hier oft kein Termin nötig und man erhält das Ergebnis, zumindest im Fall des Antigen-Tests, nach einer halben Stunde.
Es spricht also sehr viel für Schnelltests, auch oder vor allem in Berlin. Zudem ist zu erwarten, dass es nur eine Frage weniger Tage oder Wochen ist, bis die bisher existierenden Schnelltest-Stellen auch an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen.
Weihnachten im Schatten von Corona? Darauf stellen wir uns alle ein, eine spontane, mutige Schnelltest-Strategie, die von oben kommt, könnte dieses etwas traurig Weihnachtsfest jedoch noch zu einem guten Ende für ein Scheiß-Jahr werden lassen.
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