Kommentar

Teufelsberg und Abhörstation: Bloß nicht noch mehr Büros

Der Politiker Josef Kim von der SPD Grunewald, will, dass Berlin die Abhörstation Teufelsberg von den privaten Eigentümern zurückkauft. Die nämlich wollen auf dem Berg offenbar Büros, Ateliers, eine Ausstellung und Gastronomie entstehen lassen. Unsere Autorin findet: Der Rückkauf ist eine gute Idee – wenn danach mit dem Berg auch verantwortungsbewusst umgegangen wird.

Eine der wichtigsten Berliner Landmarken: die Abhörstation auf dem Teufelsberg.
Eine der wichtigsten Berliner Landmarken: die Abhörstation auf dem Teufelsberg. Foto: Imago/Mehrdad Samak-Abedi

Abhörstation auf Teufelsberg symbolisiert das wilde Berlin der 1990er

Die vielen Graffitis, die immer noch spürbare Präsenz der Siegermächte, der Verfall: Orte, die wie der Teufelsberg die einzigartige Atmosphäre des Nachwende-Berlins verströmen, gibt es nicht mehr viele in der Stadt. Ein Besuch der Abhörstation Teufelsberg, Berlins höchster Erhebung, nimmt einen mit in eine Zeit, als das Leben noch wilder war, die Freiräume, in denen Menschen ihr Ding machen konnten, noch zahlreich und die Stadt noch nicht so geleckt.

Nachdem die Briten und die Amerikaner ihre „Field Station Berlin“ 1991 verlassen hatten, drohte dem Relikt des Kalten Kriegs zunächst ein Schicksal, das zu viele besondere Orte in Berlin ereilt hat. Die Investorengemeinschaft Teufelsberg (IGTB) wollte die Abhörstation abreißen und Luxuswohnungen, ein Hotel mit Tagungszentrum und Gastronomie‑, Büro und Gewerbeeinrichtungen auf den Berg bauen. Doch sie kam nie weiter, als die Gebäude zusätzlich zu beschädigen. Und die Baugenehmigungen verfielen 2004.

Um zu verhindern, dass diese Schreckensvision doch noch Wirklichkeit wird, hat jetzt der Grunewalder SPD-Kreisdelegierte Josef Kim bei der Kreisdelegiertenversammlung seiner Partei den Antrag gestellt, das Gebäude zurückzukaufen. Das war früher nämlich für einen Spottpreis von 5,2 Millionen D-Mark an die Investorengemeinschaft verscherbelt worden.

Der Teufelsberg besteht aus drei historischen Schichten

Schon mehrmals hat das Land versucht, das Gelände zurückzukaufen, zuerst 2014, unter der Federführung des damaligen Stadtentwicklungssenators Michael Müller (SPD). Fünf Millionen bot er der Investorengemeinschaft. Doch die verlangte das Dreifache.

Damit blieb der Status Quo bestehen, mit einer Änderung, einer grundlegenden allerdings, die vier Jahre später eintrat: Seit Oktober 2018 steht der gesamte Teufelsberg unter Denkmalschutz. Denn der Teufelsberg ist ein Denkmal, das an noch viel mehr erinnert, als an die Schrecken des Kalten Krieges: 1937 hatten die Nazis begonnen, ihre wehrtechnische Fakultät in den Grunewald zu bauen, die dort als Teil einer künftigen Hochschulstadt und der Welthauptstadt Germania entstehen sollte.

Teufelsberg: Die ehemalige Abhörstation steht auf Trümmern der Stadt. Foto: Imago/Joko

Die Bauten, selbst größenwahnsinnig, wurden wortwörtlich vom Größenwahn, der Kriegstreiberei und Zerstörungswut ihrer Schöpfer begraben, als man nach dem Krieg mit einem Drittel der zerstörten Gebäude Berlins den höchsten Trümmerberg der Stadt aufschüttete. Mit dem Denkmal wird also drei verschiedenen historischen Schichten gedacht: der absurden Idee von Germania, der durch die Nazis zerstörten Stadt und dem Kalten Krieg.

Erst alles richtig machen und es dann zerstören?

Jetzt ist das einzigartige historische Denkmal erneut in Gefahr: Die Investorengemeinschaft hat nämlich schon wieder einen Bauvorbescheid für Büros, Ateliers, Ausstellungsräume und Gastronomie beim Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf beantragt. Höchste Zeit also, den Rückkauf einzutüten, entweder mit Verhandlungsgeschick oder, wenn es nicht anders geht, dann eben indem Berlin mehr als fünf Millionen zahlt.

Die alte Abhörstation auf dem Teufelsberg ist ein Unikat, ein Stück wildes Berlin, das die Freiheit, die Alles-Ist-Möglich-Stimmung, die Wir-Gestalten-die Stadt-Stimmung der 1990er atmet und gleichzeitig an die Grauen des Kalten Krieges und die Teilung der Stadt erinnert – die wiederum die wilden 1990er erst möglich gemacht hat.

Man kann der SPD Charlottenburg-Wilmersdorf, wo der Antrag eingebracht worden ist, nur wünschen, dass sie erfolgreich ist. Denn auch wenn Josef Kim anklingen lassen hat, er könne sich vorstellen, die Gebäude abzureißen und das Gelände zu renaturieren, ist seine Fraktion gegen einen ja ohnehin hypothetischen Abriss, wie der Fraktionsvorsitzende Alexander Sempf und die Sprecherin für Kultur, Christiane Timper, dem tipBerlin bestätigten. Man könne sich stattdessen vorstellen, die Gebäude sensibel zu sanieren, im Einklang mit dem Denkmalschutz, und ein Museum sowie einen kleinen Gastro-Betrieb dort einziehen zu lassen.

Ob das der richtige Weg für den Teufelsberg ist, ob nach der Sanierung der einzigartige Charme der verfallenen Schutzkuppeln, die einst die Parabolantennen versteckten, erhalten bleibt, ist zweifelhaft. Sicher ist dafür: Lieber der Stadt und der SPD die alte Abhörstation anvertrauen, als eine Investorengemeinschaft ausgerechnet dort, auf dem wunderbaren Teufelsberg, mehr Büros bauen zu lassen.


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Andere Stimmung, aber auch schön: Nicht weit vom Teufelsberg liegt der Teufelssee, wo auch immer wieder tierische Besucher vorbeischauen. Die Abhörstation erinnert an eine Zeit, in der West-Berlin eine Insel war. Diese 12 Bilder zeigen die geteilte Stadt im Jahr 1981. Nach dem Mauerfall kamen die 1990er und damit eine wilde Zeit mit vielen Partys. Diese 12 Clubs gehörten zu den besten der 1990er in Berlin.

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