Kommentar

Wohnraummangel in Berlin: Wenig Hoffnung für Giffeys Bündnis

Endlich werden Wohnraummangel und steigende Mieten bekämpft! Das Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen wird in Kürze tagen. Die Justice League des Berliner Wohnungsmarktes könnte also bald einen ersten, richtigen Schlachtplan erstellen. Nur blöd, dass die Regierende Bürgermeisterin, also die Person am Kopfende des Konferenztisches, Franziska Giffey ist – und die ähnelt mehr Lex Luthor denn Clark Kent. Bisher wirkte sie Investor:innen deutlich wohlgesonnener als irgendwelchen Enteignungswünschen. Nun ist aber nicht nur Giffey vertreten, sondern es sind unter anderem auch der Mieterverein, Gewerkschaften, Genossenschaften und Wohnungsunternehmen wie Vonovia in dem Bündnis dabei. Bleibt also die Frage, was genau das kommende Treffen bringt. Ein Kommentar.

Mietsteigerungen: In Berlin ebenso häufig vertreten wie Dönerbuden und Touris. Foto: Imago/photothek

Bündnis für Bauen und Wohnen: Häusle baue ist keine optimale Lösung für den Wohnraummangel

Berlins Wohnungsmarkt birgt viele Baustellen: Verdrängung, Wohnraummangel, explodierende Mieten. Das Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen (passend zur Giffey’schen Nomenklatur) soll sich diesen Problemen annehmen. Für die erste Tagung stehen vor allem zwei wichtige Punkte an: den Wohnungsbestand schnell erhöhen und die Mietpreise bremsen. Klingt erstmal vielversprechend, fast schon euphorisierend. Da kommt doch glatt Bewegung rein.

Für den ersten Punkt mag das sogar stimmen. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sagte dazu: „Wir wollen Genehmigungsverfahren und Planungsprozesse beschleunigen, Wohnbauflächen ausweisen und die soziale Wohnbauförderung weiterentwickeln.“ Klingt, bis auf die letzten beiden Punkte, nach den Markt entfesseln und das Problem löst sich von allein. Ein Märchenklassiker des Neoliberalismus.

Neubauten werden allerdings immer teurer, allein aufgrund notwendiger Vorschriften, zum Beispiel zu Energiestandards. Hinzu kommen gestiegene Rohstoffpreise unter anderem wegen Lieferengpässen. Die Mehrwertsteuer rausgerechnet, sollen die Baukosten laut statistischem Bundesamt im November 2021 um 11,6 Prozent gestiegen sein. Um die Kosten auszugleichen, werden die Mieten wahrscheinlich entsprechend angepasst. Doch dagegen möchte der Bau- und Entwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) vorgehen.

Er wünscht sich einen freiwilligen fünfjährigen Mietenstopp. Erleichterungen beim Neubau dienen dabei als Gegenleistung. Freiwilligkeit ist bekanntlich etwas, das auf dem freien Markt schon immer funktioniert hat. Ein schöner Wunsch, durchaus. Aber was ist, wenn Vermieter:innen dem nicht nachkommen wollen? Wird das Projekt „Wohnraummangel beseitigen“ dann ein Fall für den Aktenvernichter?

Irgendwie nicht schlüssig

Es ist eine schwache Position, aus der der Senat verhandelt. Die überwältigende Mehrheit der Teilnehmenden sind Vermietende, bei der Tagung sind Vonovia, Gesobau, der Bundesverband freier Wohnungsunternehmen, der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen Genossenschaften und die IHK vertreten. Fehlt theoretisch nur noch Harry Gerlach mitsamt quietschbuntem Thron.

Dem gegenüber sitzt der Mieterverein, die Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ fehlt hingegen, zumindest ist von der keine Rede. Bezirksämter und die zuständigen Senatsverwaltungen bilden wahrscheinlich das vermittelnde Neutrum. Immerhin ist gerade Franziska Giffey für ihre Neutralität in Sachen Wohnraum bekannt. Sind wir ehrlich, viel Hoffnung macht das Treffen nicht gerade. Auch nicht mit Blick auf die Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, vormals Architektin für Luxusimmobilien, die ebenso Bauen als Lösung predigt.

Na ja, geplant sind sowieso nur erste Verhandlungsgespräche. Erst Ende Juni soll es zu einer verbindlichen Vereinbarung kommen. Nur nach aktuellem Stand wird das auch nicht viel bringen. Beschleunigte Bauvorhaben mögen zwar früher oder später neuen Wohnraum schaffen, aber reichen wird das nicht, vor allem nicht für alle, die mit wenig Geld in der Tasche auf der Suche nach einer dauerhaften Unterkunft sind. Wenigstens können Mieter:innen darauf hoffen, dass Eigentümer:innen ihre Preise nicht erhöhen. Für sie bleibt wahrscheinlich alles beim Alten. Schön.


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