Nach jahrelangen Protesten hat das Landgericht Berlin einer Klage des Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg gegen die Betreiber*innen der „Potse“ am 7. Juli der Räumung zugestimmt. Nun will die „Potse e.V.“ Einspruch einlegen und besetzt unabhängig von dem Gerichtsurteil weiterhin das Jugendzentrum.
Auf der Potsdamer Straße 180 befindet sich seit den 1980er Jahren zusammen mit dem „Drugstore“ eines der ältesten selbstverwalteten Jugendzentren in Berlin. Der „Drugstore“ verließ nach der Kündigung bereits Anfang 2019 die Räumlichkeiten und wartet bis heute auf die vom Bezirk angebotenen Ersatzräume.
Die „Potse“ ist ein Veranstaltungsort für nicht-kommerzielle Partys und Konzerte und Treffpunkt für Jugendliche. Seitdem der Mietvertrag im Dezember 2018 ohne Verlängerung ausgelaufen ist und die Mitglieder nicht zur Schlüsselübergabe erschienen, werden die Räume durchgehend besetzt.
Der Bezirk versucht schon seit über vier Jahren vergeblich, geeignete Ersatzräume zu finden, in denen auch laute Konzerte und Bandproben stattfinden dürfen. Mit den bisher angebotenen Alternativen z.B. in der Potsdamer Straße 134 oder einem Hangar des Flughafens Tempelhof kam es zu keiner Einigung.
Besetzte Häuser als Symbol für Freiräume und Vielfalt
Besetzte Häuser werden immer mehr zum Symbol gegen die Mietenexplosion und Gentrifizierung. Sie stehen für den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum, Freiräumen und Vielfalt in der Stadt. In Berlin gibt es immer weniger Orte für Kiezkneipen, Häuserkollektive, Projekträume und Initiativen. Doch diese meist stark im Kiez verankerten Projekte setzen Zeichen im Kampf gegen die Verdrängung und sind wichtig für die Nachbarschaft, als Ort für vielfältige Kulturveranstaltungen und politische Vernetzung.
Die „Potse“ ist nicht das einzige links-autonome Projekt, das sich schon lange gegen Gentrifizierung in der Stadt wehrt – und auch gegen die eigene Verdrängung. Auch das anarcha-queer-feministische Hausprojekt „Liebig34“ in Friedrichshain und das Kiezkneipenkollektiv „Syndikat“ in Neukölln sind akut von der Zwangsräumung bedroht und haben beide dieses Jahr schon Räumungsurteile erhalten. Noch wurde keines der Häuser geräumt, der Termin für das „Syndikat“ ist allerdings bereits für den 7. August angesetzt.
Zusammen mit der bedrohten Kreuzberger Kollektivkneipe „Meuterei“ schrieben die drei Kollektive als Teil des Bündnisses „Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“ am 16. Juli einen offenen Brief an die verantwortlichen Politiker*innen. In diesem heißt es: „Wir machen uns große Sorgen um den sozialen Frieden in unserer Stadt. (…) Die Räume des seit über 40 Jahren bestehenden freien Jugendzentrums verkauft die öffentliche Hand an private Investoren. Den Jugendlichen werden lediglich Ersatzräume zur stillen Nutzung angeboten. Für Jugendliche, die keine Schachturniere veranstalten, sondern Punkmusik für Punks.“
Ende Juni besetzten Aktivist*innen ein leerstehendes Gebäude auf dem Dragoner-Areal in Kreuzberg und forderten, dass das Haus der „Potse“ und dem „Drugstore“ zur Verfügung gestellt wird. Noch am selben Tag wurde die Besetzung von der Polizei geräumt.
Aktionen wie diese wird es in Zukunft wahrscheinlich vermehrt geben, um gegen das Verschwinden selbstverwalteter Räume in Berlin zu protestieren und beständig Druck auf die Politik auszuüben.
Wer mehr über besetzte Hausprojekte erfahren will, hier haben wir 12 besetzte Häuser in Berlin, die eine linke Geschichte der Stadt erzählen. Bevor Gentrifizierung und Verdrängung ein Thema war sah Berlin Mitte in den 1980er-Jahren und Prenzlauer Berg in den 1980er-Jahren so aus.