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Kommentar

#BiWeek 2021: Bisexuelle werden unsichtbar gemacht – von allen Seiten

Diese Woche ist #BiWeek 2021, und am 23. September ist Celebrate Bisexuality Day. Das ist richtig und wichtig, denn Bisexuelle werden von allen Seiten diskriminiert und unsichtbar gemacht. Höchste Zeit, dass sich das ändert, findet unsere Autorin.

#BiWeek 2021: Die Diskriminierung und das Unsichtbar-Machen muss aufhören.
Die Flagge der Bixsexuellen ist aus den Biangles entstanden, bereits bestehenden Symbolen der Community. Foto: unsplash/Delia Giandeini

Kaum Anerkennung für Bisexuelle – #BiWeek 2021 will das ändern

Pink, lila, blau. Das sind die Farben der Bisexual-Pride-Flagge. Sie ist in den sozialen Netzwerken in der letzten Woche besonders oft zu sehen gewesen, denn es ist #BiWeek 2021. Am 23. September ist ihr Höhepunkt, der Celebrate Bisexuality Day. Die Flagge hat 1998 der Amerikaner Michael Page kreiert, weil er sich, wie viele andere Bisexuelle, mit der klassischen Regenbogenflagge nicht vollends identifizieren konnte und etwas schaffen wollte, das die Sichtbarkeit von Bisexuellen erhöht. Denn obwohl Bisexuelle die größte Gruppe innerhalb der LGBTQIA-Community sind, erfahren sie kaum Anerkennung – innerhalb und außerhalb der Szene.

Das muss sich ändern. Diskriminierung aufgrund ihrer Sexualität betrifft auch bisexuelle Menschen. 58 Prozent der Teilnehmer:innen einer amerikanischen Studie gaben an, bei der Arbeit mit biphobischen Witze konfrontiert gewesen zu sein. Einer weiteren amerikanischen Studie sind sie von Angststörungen und Stimmungsschwankungen nicht nur häufiger als hetero-, sondern auch als homosexuelle Menschen betroffen. Das belegt auch eine weitere amerikanische Studie, die bisexuellen Menschen eine generell eine schlechtere psychische Gesundheit bis hin zu Suizidgedanken attestiert.

„Ein bisschen bi schadet nie“

Die Wurzel des Problems liegt also nicht, wie sonst so oft, hauptsächlich in der Mehrheitsgesellschaft – sondern auch bei Schwulen und Lesben. Immer wieder tun die, wie auch Heterosexuelle, Bisexualität als eine Phase ab. Es dauere nicht mehr lange, und man werde sich schon noch als homosexuell outen, heißt es dann oft. Oder andersherum: Man stehe nicht wirklich auf das gleiche Geschlecht und wolle nur ein bisschen wild sein. „Ein bisschen bi schadet nie“, aber in Wahrheit wisse man doch, wo man hingehöre. Die Folge ist Diskriminierung von mehreren Seiten.

Interessant ist: Bisexuellen Männern wird eher unterstellt, sie seien eigentlich schwul, während bisexuelle Frauen eher als Heteras gesehen werden, die sich nur ein wenig ausprobieren wollen. Das belegt eine jüngst veröffentlichte Studie im European Journal of Social Psychology. Warum das so ist, erklärt die Studie nicht.

Eigentlich stehen also doch irgendwie alle Bisexuellen auf Männer, scheinen sowohl die Heteros, als auch viele Schwule und Lesben zu denken. Die Kirsche auf der Torte sind die Männer, die das alles als wohlwollend bis sabbernd betrachten, solange die Frauen gängigen Schönheitsidealen entsprechen, also lange Haare, dicke Brüste und eine schmale Taille haben, und beleidigend werden, wenn es nicht so ist.

Bisexuelle sind im Alltag mit weniger Schwierigkeiten konfrontiert als andere in der Community

Doch egal, ob wer diese Annahmen macht und ob die Menschen sie bewusst machen oder nicht, ob letztlich Sexismus die Ursache für so ein Denken ist, oder nicht: Der Effekt ist in beiden Fällen derselbe. Sie sprechen bisexuellen Personen die Fähigkeit ab, ihre eigene Sexualität zu erkennen und zu benennen. Und sie machen Bisexuelle weniger sichtbar, verstecken sie, schließen sie aus.

Um das klarzustellen: Selbstverständlich verhalten sich nicht alle so, vor allem nicht in der LGBTQIA-Community. Außerdem haben Bisexuelle vor allem denjenigen queeren Menschen, die nicht straight-passing sind, die also nicht als hetero durchgehen können, weil sie zum Beispiel ihre Homosexualität gar nicht verstecken können oder wollen, einen schwerwiegenden Vorteil. Von trans Frauen und Männern ganz zu schweigen, Stichwort Intersektionalität. Vor allem bisexuelle Personen mit andersgeschlechtlichen Partner:innen stehen im Alltag objektiv vor weniger Schwierigkeiten als Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen oder Menschen, die gerade ihr Geschlecht angleichen.

Immer mehr junge Menschen identifizieren sich als bi

Trotzdem richtet Gerede a la „Eigentlich stehst du doch auf…“ Schaden an. Ich als bisexuelle Person habe mich lange gefragt, ob ich mich so nennen darf. Ab wann bin ich bisexuell? Wenn ich etwas mit einer Frau gehabt habe oder erst, wenn ich mit einer eine Beziehung, wenigstens eine Affäre gehabt habe? Oder schon, wenn ich mich sexuell auch von Frauen angezogen fühle, auch wenn ich noch nie mit einer Frau im Bett war? Ich würde sagen letzteres. Die LGBTQIA-Vereine sagen das auch, zurecht.

Die Angst davor, von anderen queeren Menschen als eine, die nur ein ihre wilde Phase hat, gesehen zu werden, hat mich trotzdem davor zurückgehalten, mich bisexuell zu nennen. Andererseits würde ich ebenso wenig einigen heterosexuellen Menschen nicht auf die Nase binden, dass ich auch auf Frauen stehe. Die Kraft und die Nerven sind es mir einfach nicht wert.

Der Fakt, dass sich ungefähr ein Viertel der Vertreter:innen der Generationen Y und Z nicht als komplett hetero identifizieren, deutet darauf hin, dass einerseits die Ängste, sich zu outen kleiner werden und andererseits die Menschen sich über Sexualität mehr Gedanken machen. Das ist gut. Aber es gibt noch andere Fakten. Nämlich die über die Diskriminierung von Bisexuellen und über die Gefahr, dass ihre psychische Gesundheit an dem Umgang der Gesellschaft mit ihrer Sexualität nimmt. Und genau wegen dieser Zahlen und Fakten und weil jedes Leid empörend ist, brauchen wir die BiWeek und den „Celebrate Bisexuality Day“. Für mehr Sichtbarkeit und weniger Diskriminierung.


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Immer wieder gibt es Gewalt gegen trans Menschen im ach so toleranten Berlin. Gegen Transphobie müssen wir den Aufstand proben, meint unsere Autorin. Auf vielen Partys in Berlin konsumieren die Gäste viel GHB oder GBL. Aber die Modedroge GHB ist gefährlich, weil sie schwer zu dosieren ist und manche Menschen Dinge tun lässt, die sie später bereuen. In Berlin leben einige erfolgreiche queere Musiker:innen. LUNA und Lie Nings Weg geht steil nach oben. Wir haben sie interviewt. Immer neue Texte zu queeren Themen findet ihr hier.

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