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Berliner Legende

Zum Tod von Rolf Eden: Ein Blick ins Leben der Berliner Ikone

Er war Berlins berühmtester Nachtklubbesitzer, eine Großstadtikone, sein Lebensstil war (angeblich) Hugh Hefner, sein Kleidungsstil (wirklich) Tom Wolfe: Rolf Eden starb kürzlich im Alter von 92 Jahren. Als einer der wenigen deutschen Clubbetreiber schaffte er es, sich international einen Namen zu machen. Vielleicht lag es an seinem Auftreten, vielleicht an seinem Einfluss auf das West-Berliner Nachtleben im Nachkriegsdeutschland. Mit Ella Fitzgerald soll er getanzt, mit den Rolling Stones gefeiert haben. Manche mögen sein Auftreten, seinen blonden Haare plus weißem Anzug und seinen Rolls Royce schräg gefunden haben, doch er war wie er war, eben ein Unikat.

Vor einiger Zeit hat unser Autor Heiko Zwirner den Mann besucht. Mit seinem Text konnte er einen Einblick in die Lebenswelt des Rolf Eden geben. Wir haben ihn ausgegraben, als eine Erinnerung an die besondere Begegnung und eine Art Kondolenzschreiben.

Rolf Eden in seinem Zuhause. Foto: Imago/Charles Yunck

Rolf Eden: Ehemaliger Boulevardliebling, selbstgefällige Trash-Ikone

Eines muss man ihm lassen: Er hat die Berliner Amüsierkultur geprägt wie kein zweiter. Bei einem Hausbesuch öffnet Rolf Eden nun seine Fotoalben und gewährt einen Einblick in eine lange zurückliegende Ära, die für ihn nie wirklich zu Ende gegangen ist.

Früher oder später musste ja so ein Spruch kommen. „Das ist das Arbeitszimmer“, sagt Rolf Eden, als er die Tür zu seinem Schlafgemach öffnet. „Hier haben viele Frauen hart für mich gearbeitet.“ Der Playboy, das ist seine Lieblingsrolle. Hat ihm immer viel Presse eingebracht. Das Allerheiligste im zweiten Stock seiner Bauhaus-Villa in Dahlem erinnert allerdings eher an eine Junggesellenhöhle als an das Anwesen eines Playboys. Auf dem Fußboden ist ein dicker roter Teppich ausgelegt, in dem man fast bis zu den Knöcheln versinken kann. Das Bett verfügt über eine integrierte Stereoanlage und einen riesigen Spiegel an der niedrigen Decke. Irgendwann im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts mag diese Einrichtung mal ein Statussymbol gewesen sein. Seither hat sich hier oben offensichtlich nicht mehr viel verändert. Im Treppenhaus, das zum Schlafzimmer führt, hängen 20 Ölgemälde. Die Bilder haben alle ein Motiv: einen strahlenden Rolf Eden.

Der alternde Schürzenjäger im weißen Anzug. Die selbstgefällige Trash-Ikone. Der Liebling des Boulevards. Der Mann, der in Talkshow-Auftritten die Prostitution verteidigt und anschließend Viagra-Pillen an die Mitglieder des Fernsehteams verteilt. Sein reaktionäres Frauenbild. Sein trauriges Potenz-Gehabe. Die vielen Kerben in der Bettkante. Kennt man alles, hat man alles schon gelesen, hat man alles schon gehört. Denkt man. Doch nun wirft Peter Dörflers Dokumentarfilm „The Big Eden“ ein ganz anderes Licht auf den Mann. Er zeigt Rolf Eden als einen Menschen, der sein familiäres Umfeld über die Jahre mit Geld und guter Laune pflegt, als liebevollen Vater von sieben Kindern, die er konsequenterweise mit sieben verschiedenen Frauen gezeugt hat. Die älteste Tochter ist schon über 60, der jüngste Sohn war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten gerade mal 13 Jahre alt. Sie alle scheinen ihn sehr zu mögen, auch wenn er alles andere als ein perfekter Vater war. Wenn man diesen Film gesehen hat, ist es schwer, etwas Gemeines über Rolf Eden zu schreiben. Mit eleganten Überblendungen beschwört Dörfler die besten Tage seines Protagonisten herauf, und er nimmt sich an den richtigen Stellen Zeit für seine Figuren.

Nach seiner Weltpremiere auf der letzten Berlinale kommt der Film jetzt in die Kinos, und deshalb hat Eden zum Hausbesuch eingeladen. PR in eigener Sache, das war schon immer sein Spezialgebiet. Vor der Einfahrt steht ein schwarzer Rolls-Royce Convertible, Kennzeichen B-RE 6000. Rolf Eden öffnet die Tür und gibt dabei ganz den Rolf Eden, den man erwartet: rosa Pullover, weiße Hose, weiße Slipper. „Darf ich Ihnen den Mantel abnehmen?“ Im überraschend kompakten und auf sympathische Weise unaufgeräumten Wohnbereich klimpert ein elek­trisches Klavier vor sich hin, bis Rolf Eden findet, dass es genug geklimpert hat. Er serviert Nescafй mit Kondensmilch der Marke Bärenmarke, auf dem Tisch steht eine Schale mit Butterkeksen.

Immer im Mittelpunkt: Rolf Eden

Seine Wohnung sieht aus wie ein Rolf-Eden-Museum, dessen Kurator ein wenig den Überblick verloren hat, weil es so viel zu zeigen gibt. Ohne erkennbare Ordnung sind die Wände mit Fotos, Zeitungsausschnitten und anderen Memorabilia aus fünf Jahrzehnten vollgekleistert. Immer im Mittelpunkt: Rolf Eden. Am Schlagzeug. Als Moderator einer Misswahl im Big Eden. Mit nacktem Oberkörper am Strand. Umgeben von Blondinen. Kurze Haare und Hornbrille. Weit aufgeknöpftes Hemd und schulterlange Matte. Monströse Dauerwelle. Schon anhand der Frisur kann man erraten, in welchem Jahrzehnt das Foto entstanden ist. Ein langweiliges Leben sieht anders aus.

Geschäftsmann und Playboy Rolf Eden in einem Restaurant, Deutschland 1960er-Jahre. Foto: Imago/United Archives

Rolf Eden wird sich Zeit nehmen, hieß es vorher, aber er macht keine Termine vor 13 Uhr. Rolf Eden, der Langschläfer. Er geht noch immer drei, vier Mal die Woche aus, nicht selten bis vier oder fünf Uhr morgens. „Ist doch lustig.“ Vor zwei Tagen war er auf einer Geburtstagsparty in der Trompete am Lützowplatz und gestern Abend noch lange im Joe Beau Lais. „Ein Restaurant, ja, aber auch eine Diskothek. Gehen Sie mal hin, sehr guter Laden, gleich hier um die Ecke.“ Rolf Eden, der Lemmy Kilmister des Berliner Nachtlebens. Er hat einfach immer weiter gemacht.
Sein Handy klingelt ständig.

„Ja, okay, ist in Ordnung.“
„Ich muss nicht zu Cartier gehen, das ist nicht so wichtig.“
„‚Markus Lanz‘, wann mache ich den?“
„Dann haben wir ja noch Zeit. Gut, sehr gut. Bis später.“

Termine, Termine. Die Leute seien interessiert, sagt er, jeden Tag zwei bis drei Interviews. Rolf Eden ist nicht der allergrößte Geschichtenerzähler, aber wenn er so redet, dann ahnt man, dass er in seinem Leben oft instinktiv das Richtige getan hat.

Text: Heiko Zwirner


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