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Berlin verstehen

Risse, Brüche, Löcher: Diese Fotos zeigen, wie kaputt Berlin ist

In Berlin ist viel kaputt. Straßen, Hausfassaden, Denkmäler, Mülltonnen, Fahrräder. Das erregt die Gemüter. Berlinkritiker schimpfen schnell über die „desolaten Zustände“ in der Hauptstadt. Tatsächlich gehört das Kaputte aber zu einer Stadt dazu. In jedem Fall zu Berlin. Wo viele Menschen wohnen, wo Reibung entsteht, wo der Verkehr fließt und schlicht und ergreifend gelebt wird, dort ist Verschleiß. Auf der anderen Seite kommen Unfälle und Brände hinzu und ja, auch Vandalismus oder ganz banale Blödheit.

All das wirkt sich destruktiv auf den Stadtraum aus und die Risse, Löcher und Brüche sind die sichtbaren Zeichen der zerstörerischen Kräfte. Es ist nicht schön, oft unpraktisch oder peinlich und manchmal ist es sogar gefährlich. Aber wie heißt es so schön? Nobody is perfect! Hier sind 12 Fotos, auf denen man ein kaputtes Berlin sieht. Warum wir sie zeigen? Auch das ist die Stadt.


Fahrstuhl

Kaputter Fahrstuhl zur Unterführung am Messedamm. Foto: Imago/Petra Schneider
Kaputter Fahrstuhl zur Unterführung am Messedamm. Foto: Imago/Petra Schneider

Der Messedamm und die dazugehörigen Unterführungen gehören zu den ungewöhnlichsten Orten, die an die sonderbar-bunte Architektur West-Berlins erinnern. Damals, als der Bierpinsel in Steglitz und die poppig-schrillen U-Bahnhöfe der U7 als Zukunftsentwürfe in die graue Mauerstadt gestellt wurden und für etwas frischen Wind sorgten. Heute ist die Ecke aber genauso verhasst wie als Kulisse für Musikvideos und Instagram-Posts beliebt. Ah so, der Fahrstuhl funktioniert nicht. Kaputtgegangen, passiert. Hoffentlich kommt bald der Wartungsdienst.


Straße

Kaputt in Berlin: Kaputt in Berlin: Straßenschlagloch. Foto: Imago/Steinach
Kaputt in Berlin: Straßenschlagloch. Foto: Imago/Steinach

Ein Loch in der Straße, ein Loch im Zahn. Beides ist recht häufig und beides ist recht lästig. Hier hat jemand mit einer simplen Kreidezeichnung beide störenden Löcher in einen Zusammenhang gestellt. Gute Idee. In Berlin sind die „eigenen Schlaglöcher“ besonders sympathisch, jene im Kiez, die man seit Jahren kennt und instinktiv umfährt. Man gewöhnt sich an vieles und sicherlich eher an ein Loch im Asphalt als eines im Backenzahn. Trotzdem ist es auch ganz schön, wenn die Straßen repariert werden und auch die „eigenen“ Schlaglöcher verschwinden.


Baudenkmal

Rundlokschuppen am Pankower Tor, Pankow. Foto: Imago/Schöning
Rundlokschuppen am Pankower Tor, Pankow. Foto: Imago/Schöning

In Berlin stehen viele leere Häuser herum, sogar verlassene Villen und Plattenbauten existieren noch. Die große Zeit des Leerstands und der Brachen ist zwar vorbei, aber der Rundlokschuppen am Pankower Tor, an der Ausfahrt der A114 im Norden Berlins, ist ein Markenzeichen. Das Kaputte in Berlin zeigt sich in vielen Formen, hier nagte der Zahn der Zeit an einem Gebäude, das ausgedient hat.


Fahrkartenautomat

Kaputt in Berlin: Gesprengte Fahrkartenautomaten auf dem S-Bahnhof Attilastraße. Foto: Imago/Frank Sorge
Gesprengte Fahrkartenautomaten auf dem S-Bahnhof Attilastraße. Foto: Imago/Frank Sorge

In diesem Fall ist es nicht die Vergänglichkeit gewesen, hier schlugen Vandalen zu. Auch die zerstörerische Energie der Stadtbewohner trägt einen guten Teil dazu bei, dass Berlin hier und da kaputt ist. Als Stadt ist Berlin natürlich nicht kaputt und wer das behauptet, hat keine Ahnung! Aber klar, Vandalismus ist ein Problem. Am S-Bahnhof Atillastraße waren sogar kriminelle Vandalen am Werk, die den Fahrkartenautomaten einfach aufgesprengt haben, um an das Geld im Inneren zu kommen.


Reklameschild

Kaputtes Reklameschild mit Firmenlogo der deutschen Post DHL an einem Einkaufszentrum in Hohenschönhausen. Foto: Imago/Christian Spicker
Kaputtes Reklameschild mit Firmenlogo der Deutschen Post DHL an einem Einkaufszentrum in Hohenschönhausen. Foto: Imago/Christian Spicker

Und hier schmiss offenbar ein böser Vandale ein Postschild ein. Gedankenlos schaute er wahrscheinlich in einer finsteren Nacht dem Stein nach, den er warf und dem Leuchten ein Ende bereitete. Kaputt. Dann bleibt das Schild eine Weile so hängen, ärgert die Anwohner, bis die Firma kommt und es wieder ersetzt und irgendwann alles wieder vom Neuen. Der Kreislauf des urbanen Lebens. Nervig, in Singapur will man aber auch nicht leben, oder? Dort ist quasi jede Ecke kameraüberwacht.


Fahrrad

Fahrradleiche in Kreuzberg. Foto: Imago/Schöning
Fahrradleiche in Kreuzberg. Foto: Imago/Schöning

Fahrradleichen, ausgediente Drahtesel, Ersatzteile, die mit einer Kette an Laternenpfahl hängen. Berlin gleicht einem gigantischen Fahrradfriedhof. Würden in ähnlicher Stückzahl auch ausgediente Autos in den Straßen rumstehen, würden wir alle auf einem Schrottplatz leben. Aber zum Glück sind es dann doch nur Fahrräder und diese Relikte haben sich mittlerweile gut ins Stadtbild eingepasst. Kaputt in Berlin im Zeichen der Verkehrswende. Und hier haben wir noch einige lustige Berlin-Fotos für euch zusammengestellt.


Parkbank

Kaputt in Berlin: Kaputte Parkbank in Berlin. Foto: Imago/Christian Spicker
Kaputte Parkbank in Berlin. Foto: Imago/Christian Spicker

Es könnte Konzeptkunst sein. Eine Parkbank ganz nach dem Geschmack von Marcel Duchamp. Absurd, weil sie ihrer Funktion komplett beraubt in der Landschaft steht und doch erstaunlich, wie uns allein die Form der Seitenstützen sofort das gesamte Objekt vors Innere Auge führt. Ein Moment künstlerischer Kontemplation. Übrigens kann auch Sperrmüll, den kaputten Objekten in der Stadt nicht ganz unähnlich, zu kunstkritischen Überlegungen inspirieren.


Denkmal

Riss an einer Stele am Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Foto: Imago/Christian Spicker
Riss an einer Stele am Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Foto: Imago/Christian Spicker

Häuser, Straßenbelag, Stadtmöbel, all das kann kaputt gehen. Weil Vandalen am Werk waren, weil die Zeit ihren Tribut folgte, weil Unfälle oder Naturkatastrophen, etwa Brände oder Stürme, die Dinge zerstörten. Diese Stele am Denkmal für die ermordeten Juden Europas hat einen Riss. Das Material hielt nicht stand. Auch ein Grund für die Risse, Brüche und Löcher in der Stadt: Pfusch am Bau. In diesem speziellen Fall ist die Sache besonders delikat und auch peinlich.


Telefonzelle

Kaputt in Berlin: Kaputte Telefonzelle in Lichtenberg. Foto: Imago/Steinach
Kaputte Telefonzelle in Lichtenberg. Foto: Imago/Steinach

Eigentlich haben öffentliche Telefonzellen ausgedient. Seit jeder Mensch ein Smartphone in der Tasche hat, muss man den Münzfernsprecher (gibt es eigentlich noch Telefonkarten?) nicht mehr ansteuern. Wir sind ja ohnehin unentwegt am Kommunizieren. So bieten die Überbleibsel aus einer anderen Zeit, eine gute Angriffsfläche für zerstörungswütige Fieslinge. Irgendwann ist der Spaß vorbei, dann kommt die Telekom und baut das letzte Telefonhäuschen ab.


Brandwand

Beschädigte Brandmauer in Schöneberg. Foto: Imago/Schöning
Beschädigte Brandmauer in Schöneberg. Foto: Imago/Schöning

In Zeiten der Mauer und eigentlich noch bis in die 2000er-Jahre hinein, war halb Berlin nicht saniert. Der Putz blätterte von den Fassaden, graubraune und schmutziggelbe Wände, an denen pockennarbige Ausbuchtungen die Ziegelstein-Struktur des Hauses offenbarten, sah man überall. Seit die Mietpreise explodierten und der Immobilien-Boom unaufhaltbar scheint, sind die maroden Mietskasernen nach und nach verschwunden. Berlin ist heute deutlich weniger kaputt als früher, aber dafür auch deutlich teurer. Man kann nicht alles haben.


Briefkasten

Aufgebrochener Briefkasten am Mierendorfplatz. Foto: Imago/STPP
Aufgebrochener Briefkasten am Mierendorfplatz. Foto: Imago/STPP

Wollte da jemand den bösen Brief an die oder den Ex doch nicht wegschicken und brach den Briefkasten auf, um ihn herauszuklauben? Oder frönten Bösewichte plumper Gewaltfreude und hauten den gelben Kasten deshalb klein? Wer weiß es schon. Glücklicherweise bleibt so ein Briefkasten nicht lange kaputt, schon bald kommt ein freundlicher Handwerker und repariert das Teil.


Mülleimer

Kaputt in Berlin: Kaputter Mülleimer Tiergarten. Foto: Imago/Michael Eichhammer
Kaputter Mülleimer Tiergarten. Foto: Imago/Michael Eichhammer

Jede Gesellschaft hat auch ihre dunklen Seiten. Gewalt und Zerstörungswut gehören zur unserer Kultur dazu, man muss es nicht gut finden, aber es ist wohl so. Die Delikte sind nervig, dumm, kosten viel Geld und das Ergebnis ist auch noch ein Schandfleck. Doch ganz offensichtlich existiert ein destruktiver Impuls, der blind um sich schlägt. Man muss ihn im Zaum halten, das ja, aber einen totalitären Überwachungsstaat mit radikaler Zero-Tolerance-Politik und drakonischen Strafen für kleinste Vergehen – etwa das Kaputttreten eines Mülleimers im Park – kann man sich auch nicht wirklich wünschen. Das dürfte selbst für die Law-and-order-Fans im Endeffekt keine erstrebenswerte Welt sein, in der man gerne leben würde.

Berlin ist kaputt. Hier und da. Nicht überall! Niemand ist perfekt und es gibt sicherlich viele andere Städte, die sauberer und weniger der Vergänglichkeit und dem Vandalismus ausgesetzt sein mögen. Aber wir sind hier auch lockerer, toleranter, lustiger, kunstsinniger und feierfreudiger. Etwas kaputt darf man schon sein, nur sollte die Sache nicht umkippen, dann wird es unangenehm. Wir Berliner scheinen die Sache aber ganz gut im Griff zu haben! Und zum Abschluss noch ein Song der vielleicht wichtigsten Band, die diese Stadt je hervorgebracht hat: Ton Steine Scherben: „Macht kaputt was euch kaputt macht“.


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