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Spätis sonntags wieder auf: Zwischen Bar-Ersatz und Lebensretter – gerade in Corona-Zeiten

Retter in der Not, Verführer in der schwächsten Stunde. Der Späti ist in Berlin so unersetzlich wie unerlässlich. Die guten Spätis führen von Kaviar bis Klopapier so ziemlich alles. Die besten Spätis haben selbst dann noch ein Bier für einen, wenn man eigentlich schon nach Hause sollte. In Zeiten des Corona-Virus ist der Späti von noch einmal neuer gesellschaftlicher Relevanz.

Späti und Corona: Gäste vor einem geöffneten Geschäft – bitte gehen Sie weiter. Foto: tip berlinb
Späti und Corona: Gäste vor einem geöffneten Geschäft – bitte gehen Sie weiter. Foto: tip berlin

Gerade beschnitten um die Sonntagsöffnung, darf nun doch wieder aufgesperrt werden, Pandemie siegt über Gesetze, Pandemie sorgt für Vernunft. Denn die Sonntagsschließung zu beschließen, das war noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Nun ist sie bis Mitte April aufgehoben.

Das ist ein Gewinn für die Betreiber*innen und die Menschen, die sich längere Wege sparen können. Spätkauf statt Kaufland, wenn es nur um eine Dose Ravioli oder eine Packung Kippen geht. Das minimiert die Zahl der potenziellen Kontakte.

Spätis und Corona: Nachlässige Krisen-Gewinner

Gleichzeitig muss man bemerken, dass gerade einige Spätis in Mitte, Kreuzberg, Friedrichshain, die in den vergangenen Jahren das Konzept „Barersatz“ für sich entdeckt haben, das alles noch nicht ganz so streng nehmen mit dem Abstand und so. Gerade an den wärmeren Abenden zum Wochenstart saßen vor einigen Läden grüppchenweise Menschen. Prosteten sich zu. #flattenthecurve und #stayathome? Hübsche Hashtags, aber offenbar keine ernstzunehmende Empfehlung für die Spät-Fans.

Wobei: Es sind nicht nur junge Leute, die ihren unstillbaren Sozialdrang ausleben. Es sind auch ältere Leute, oft Herrengruppen, die sich ihr Feierabendbierchen zusammen nicht madig machen lassen wollen. Der Spät hat längst die Funktion der alten Eckkneipe übernommen.

Natürlich ist es für die Betreiber*innen schön, wenn Geld reinkommt. Und wenn die Leute gleich vor den Kühlschränken Platz nehmen, trinken sie vielleicht noch ein Kaltgetränk mehr, vielleicht vier. Der moderne Späti als Lebensgefühl hat in seiner zweifelhaften Konkurrenz zur Bar ja inzwischen sogar gern mal Kundentoiletten. Aber ein bisschen Vernunft sei doch gewünscht. Stühle wegstellen, Bänke einklappen. Derzeit muss niemand groß vor einem Späti rumhängen, es sei denn, er muss kurz nach Luft schnappen oder wartet, bis der*die Partner*in fertig eingekauft hat, damit die Betreiber*innen wenigstens nur einem Kontakt ausgesetzt sind.

Social Distancing gilt auch am Party-Späti

Social Distancing und Isolation müssen nicht bedeuten, dass man nicht mehr aus dem Haus kann, mal eben an die frische Luft. Zumindest vorerst nicht. Bis es uns die doch verboten wird, weil einige finden, ein bisschen am Späti chillen, das ist doch okay, sind doch nur drei Freund*innen. Die dann aber wieder ein paar treffen. Und die dann auch wieder. Und so weiter.

Es kann eine weitere Glanzstunde des Spätis werden, diese Zeit, in der sie unsere Lebensretter, unser Halt sein können. Ein bisschen Nähe, ein bekanntes Gesicht in der Isolation. Zu dem wir sogar ganz offiziell gehen dürfen. Möge dieser lichte Moment nicht von Umnachteten getrübt werden. Spätis und Corona – das kann zusammen funktionieren. Aber nur, wenn alle mitmachen.


Corona-Themen-Spezial: Die tip-Redaktion hat Tipps und News zusammengetragen – auch, wie man mit leeren Klopapierrollen bastelt. Apropos: Um für jene Hilfe zu finden, die unbedingt zu Hause bleiben müssen, haben wir „tip berlin hilft“ eröffnet – Hilfesuchende und Helfer können hier zusammenfinden. Berlin informiert online über alle Entwicklungen auf der Homepage der Stadt.

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