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Spore Haus: An der Hermannstraße wächst ein Ort für alle

An der Neuköllner Hermannstraße eröffnet das Spore Haus – ein Ort, der etwas bewirken will. Im Neubau an der Hermannstraße nahe dem Friedhof der St.-Thomas-Gemeinde wird es um Umweltschutz und soziale Verantwortung gehen, um Kunst und Schönheit. Dahinter steht die Spore Initiative, die für den Kiez und für die Welt da sein will.

Blick ins Erdgeschoss im Spore Haus: Hier entsteht ein Ort für den Kiez und die Welt. Foto: Spore Initiative
Blick ins Erdgeschoss im Spore Haus: Hier entsteht ein Ort für den Kiez und die Welt. Die Installation im Raum heißt „KUXAÁN SÚUM – Das lebendige Seil“. Foto: Spore Initiative

„Übers Sorgetragen müssen wir noch viel lernen“, sagt die Spore-Gründungsdirektorin

Was macht die in Yucatán einheimische Melipona-Biene in der ersten Ausstellung eines neuen Kulturorts in Berlin? „Wir haben sie hierher gebracht, um eine dringende Geschichte zu erzählen. Eine, die uns sagt, dass die Zeit abläuft und wir uns gemeinsam um Beschützerinnen wie die Bienen kümmern müssen, damit die Erde überlebt“, sagt Antonia Alampi.„Und das Sorgetragen ist etwas, über das wir noch viel lernen müssen.“

Alampi ist Gründungsdirektorin von Spore, einer Initiative, die neue, ungewöhnliche Wege bahnen möchte und vieles zusammendenkt: Ökologie, Kunst, Regeneration, soziale Verantwortung, nachbarschaftliche Beziehungen, Gerechtigkeit im Kiez und genauso zwischen Globalem Norden und Süden.

Spore-Haus: Wow-Architektur an der Hermannstraße

Ein Anker der Spore Initiative ist in Neukölln, wo auf der Hermannstraße, Höhe U-Bahnhof Leinestraße, gerade ein großer Neubau (AFF Architekten) fertig geworden ist. Das Spore Haus. Wow-Architektur. Ein Haus wie ein Ausrufezeichen. Etagenhohe Fenster öffnen das Gebäude zur Straße und zum Garten hin. Das ist ein offenes, einladendes Haus, das zwei Welten verbindet. Vorne die trubelige, sehr urbane Hermannstraße. Hinten der aufgelassene Friedhof der Thomasgemeinde, der in einen Park übergeht. Ein Ort größter Biodiversität in der Stadt.

Das Auditorium im Spore Haus. Foto: Stefanie Dörre
Das Auditorium im Spore Haus. Foto: Stefanie Dörre

Wo Ökologie im Zentrum steht, wird nachhaltig gedacht. Die roten Backsteine des Neubaus stammen aus Abrisshäusern. Innen dominieren neben Glas vor allem Sichtbeton und Holz. An der Decke führen Betonstreben entlang, die an Bienenwaben erinnern. Das sieht schön aus, ist aber auch innovativ. Das Haus hat zur Straße hin keine Pfeiler, sein ganzes Gewicht lastet auf der Gartenseite und wird über diese organisch gebaute Betonstruktur abgefangen. „Spore Decke“ heißt sie intern.

Hans Schöpflin steht hinter der Spore Initiative

Gegründet und finanziert hat die Spore Initiative Hans Schöpflin. Er konzipierte sie gemeinsam mit Osvaldo Sánchez, einem kubanischen Kurator. „Die Entstehung der Spore ist von Beginn an davon geprägt gewesen, denjenigen zuzuhören, die an erster Stelle vom durch den Klimawandel verursachten Notstand betroffen sind. Das Vorhaben hat mich dazu gebracht, in Frage zu stellen, wie wir philanthropische Initiativen angehen“, erklärt Hans Schöpflin.

Das Vermögen der Familie Schöpflin hat seinen Ursprung in einem 1907 in Lörrach eröffneten Gemischtwarenladen, der zum Versandhandel wurde. Hans Schöpflin, Nachfahre in dritter Generation, ist als erfolgreicher Unternehmer lange Zeit in Kalifornien tätig gewesen. Soziale Verantwortung, demokratische Prozesse und Umweltgerechtigkeit sind ihm wichtige Anliegen und waren Anstoß für die Gründung der Panta Rhea Stiftung in den USA im Jahr 1998 und der Schöpflin Stiftung in Deutschland im Jahr 2001.

V.l.: Stiftungsbeirätin Lisl Schöpflin, Spore-Direktorin Antonia Alampi und Vorstand Hans Schöpflin. Foto: Dario J Laganà

Das gesellschaftliche Engagement von Hans Schöpflin reicht von Suchtprävention bis zu Projekten für partizipative Stadtentwicklung. Jetzt kommt die Spore hinzu. Antonia Alampi hat dort vor über zwei Jahren angefangen, vorher war sie unter anderem Kuratorin in Kairo und Co-Direktorin bei Savvy Contemporay, hat Themen wie Dekolonialisierung und Kunst aus dem Globalen Süden in Berlin durchgesetzt. Das internationale, sehr diverse Spore-Team ist mittlerweile auf 14 Mitarbeitende angewachsen, zu den Festangestellten kommen Freelancer. Mit dieser Power kann man einiges bewirken.

Spore hat bereits vor der Eröffnung des Hauses Workshop-Reihen mit Berliner Schulen gestartet. Dabei geht es nicht darum, ein vorgefertigtes Bildungsprogramm für möglichst viele Schulklassen auszurollen, sondern jeder Workshop ist anders, ein Feld für Experimente. „Wir ko-produzieren Prototypen für Formate“, sagt Alampi. Zum Beispiel zur Bienenhaltung.

Zur Spore gehört ein Garten hinterm Haus, der auch ein bisschen Farm ist, denn es wird hier auch um Ernährung, Heilpflanzen, Bienenzucht und Ökologie gehen. Foto: Spore Initiative

Die Spore stülpt generell niemandem etwas über, sondern unterstützt immer die Protagonist:innen vor Ort darin, eigene Projekte umzusetzen. Das können die  Schüler und Schülerinnen aus Berlin mit ihren Vorschlägen sein oder Communitys aus Indien, Mexiko oder der Karibik mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen. Die Spore Initiative hilft ihnen dabei, zum Beispiel wunderschön illustrierte Bücher oder Brettspiele zu produzieren, wie das über die wichtigsten einheimischen Gemüse- und Obstsorten in Yucatán, die dort vor allem bei den Kindern immer mehr von Junk-Food verdrängt werden.

Die Kraft der Schönheit

Alles ist mit Sorgfalt, Wertigkeit und Liebe zum Detail gemacht, das ist Spore wichtig. Was auch für die Innenausstattung des Hauses gilt. Der Großteil der Möbel ist, Prinzip Nachhaltigkeit, Secondhand. Aber eben wunderschön und wertvoll. Noch so ein ungewöhnliches, aber tolles Prinzip der Initiative. Hier stehen keine billigen Möbel, deren Zerstörung durch herumrennende Kinder beim Kauf schon mit einkalkuliert wurde, sondern man traut den Kids etwas zu: Sie werden erkennen, dass es eine gute  Erfahrung ist, eine glasierte Keramikschale, eine Sichtbetonwand oder ein von einem Berliner Tischler angefertigtes Vollholzregal anzufassen, vielleicht sogar zu streicheln.

Das Haus und die Möbel verweisen auf die Kraft der Schönheit und auf eine Praxis, nämlich Handwerk und Handarbeit, Sorgfalt und Sorge um unsere Erde. So verbindet sich das Haus an der Hermannstraße mit den Imker:innen in Yucatán.


Über das Spore Haus

Ein offenes Haus für alle und jeden, ohne Eintritt, das will und wird die Spore sein. Allerdings muss man sich für Workshops und andere Veranstaltungen voranmelden. Ohne Anmeldung ist die Spore am Wochenende geöffnet, es gibt Veranstaltungen, Kunstausstellungen, das Café ist offen. Hinter dem Haus entsteht ein Lerngarten.

  • Spore Initiative Hermannstr. 86, Neukölln, Eröffnung: Sa 22.4.2023, mehr Infos auf der Website

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