Wegen der Corona-Pandemie sind fast alle Flüge von und nach Berlin gestrichen. Mit Tegel und Schönefeld sind aktuell beide Hauptstadtflughäfen geöffnet, zumindest noch. Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) brachte die vorzeitige Schließung von Tegel ins Spiel – und erhielt nun die Absage und Unterstützung des Flughafen-Chefs. Trotz fehlender Passagiere. Kollatz hatte dabei auch die emotionale Komponente vergessen, meint unser Autor Max Müller.
Vor wenigen Wochen noch hätte das kaum einer für möglich gehalten. Wo auch immer man auf der Welt hinschaut, ähneln sich die Bilder: verwaiste Schalter, leere Gates und Anzeigentafeln, auf denen fast alle Flüge als gecancelt markiert sind. Die Corona-Krise trifft kaum eine Branche so hart wie die Luftfahrt. Airlines haben den Betrieb auf ein Minimum reduziert, ihre Crews auf Kurzarbeit gesetzt und Flugzeuge abgestellt, allein der Transport von Gütern wird noch abgewickelt.
In anderen Städten wurden deshalb bereits erste Flughäfen geschlossen, in der französischen Hauptstadt etwa machte Paris-Orly zugunsten von „Charles de Gaulle“ dicht. Den Betrieb zweier Airports aufrecht zu erhalten? Es hätte sich nicht gelohnt.
Auch Tegel und Schönefeld erleben einen massiven Einbruch, nicht einmal 3000 Fluggäste kommen pro Tag in die beiden Hauptstadtflughäfen. Vorerst bleibt aber alles beim Alten. Denn auch, wenn sich inzwischen auch Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup für eine temporäre Schließung und somit eine Millionen-Ersparnis aussprach – die Eigner der Flughafengesellschaft kamen seiner Forderung nicht nach.
Orly ist bereits zu, Tegel bleibt geöffnet
Statt eines Flughafens an der Belastungsgrenze gleicht Tegel dieser Tage eher einer Geisterstadt. Die Parkplätze sind leer, die Taxifahrer längst abgezogen, die Geschäfte geschlossen. Nur ab und an verirrt sich ein Passagier an den Flughafen, um einen der wenigen Restflüge zu nehmen, die nach Frankfurt, nach Zürich, nach Paris gehen. Zuletzt kamen noch viele gestrandete Urlauber zurück, doch auch deren Zahl sinkt rapide. Die meisten Rettungsflüge wurden bereits durchgeführt.
Da in Tegel eh in wenigen Monaten Schluss sein soll, insofern denn der siebente BER-Eröffnungstermin eingehalten werden kann, lag es für einige nahe, den citynahen Airport zuerst dicht zu machen. Das zumindest sieht die Landespolitik so, die schon zuvor wenig Sympathie für Tegel aufwies und einen von der FDP initiierten, später dann erfolgreichen Volksentscheid missachtete.
„Wenn die Corona-Krise rasch vorbei ist, wird es wieder zu einer Eröffnung von Tegel kommen. Wenn es länger dauert, wird es dazu nicht mehr kommen“, sagt Finanzsenator Matthias Kollatz in einem Interview mit der B.Z. – da noch ausgehend davon, dass eine kurzfristige Schließung kommen könnte.
Tegel bleibt geöffnet: Bund lehnt Schließung ab
Was auf Landesebene denkbar war, wurde von der Bundespolitik offenbar abgelehnt – wohl auch weil Tegel in der Vergangenheit zu den wichtigsten Flughäfen in Deutschland gehörte. Und von hier noch immer die meisten Regierungsflieger abheben.
Nicht unterschätzt werden kann bei diesen Gedanken spielen, dass die Schließung auch emotionale Reaktionen hervorrufen würde. Viele Berliner hängen an ihrem Tegeler Flughafen: Sie loben die schnelle Erreichbarkeit und die kurzen Wege vor Ort, sind mitunter angetan von der brutalistische Architektur. Und es darf auch nicht die geschichtliche Relevanz vergessen werden: Tegel war Teil der Luftbrücke, das Tor zur freien Welt, als West-Berlin von der DDR umschlossen war.
Die Tegel-Fans würden sich ein anderes Ende für ihren Airport wünschen als ein plötzliches. Und haben nun wieder Chancen. Tegel ist noch nicht tot zu kriegen. Und wer weiß – wenn das mit der Eröffnungen des neuen BER ganz überraschend wieder einmal daneben geht, lebt Tegel vielleicht doch noch eine Weile weiter.