Kommentar

Jede Verbesserung der Luft zählt: Tempo 30 hat nur Vorteile

Tempo 30 hat einen positiven Effekt auf die Luftqualität und auf den Verkehrsfluss, das hat nun die Auswertung des Versuchs auf fünf Berliner Hauptverkehrsstraßen ergeben, den der Senat seit 2018 durchgeführt hat. Trotzdem und wie schon zu Beginn des Projekts, wettert die Opposition. Und man möchte fragen, ob sie eigentlich pauschal alle hassen, die nicht Auto fahren.

Tempo 30 auf Straßen wie der Hauptstraße in Schöneberg hat nur Vorteile
Die Hauptstraße in Schöneberg ist eine der fünf Hauptverkehrsadern, auf denen der Senat 2018 Tempo 30 einführte. Foto: Imago/Stefan Zeitz

Tempo 30 hat die Luft in Berlin besser gemacht

Als der Berliner Senat 2018 im Rahmen eines Pilotprojekts Tempo 30 auf fünf Hauptverkehrsadern einführte, war der Protest bei Politikern der Opposition (in diesem Fall steht hier ganz bewusst nur die männliche Form) laut: Das Ganze sei eine „Luftnummer“ befand Kai Wegener (CDU, damals MdB). AfD-Verkehrsexperte Frank Scholtysek bezeichnete das Projekt als „inszenierte Schmierenkomödie“ der „rotrotgrünen Autohasser“.

Die Auswertung des Versuchs auf Potsdamer Straße, Leipziger Straße, Tempelhofer Damm, Kantstraße und Hauptstraße beweist nun das Gegenteil. Auf allen Straßen, mit Ausnahme der Potsdamer Straße, hat sich die Stickoxidbelastung, verringert – um bis zu 3,8 μg/m³ (Mikrogramm pro Kubikmeter) Außenluft. Aus diesem Wert seien schon andere mögliche Einflüsse wie sauberer gewordene Autos oder besondere Wetterlagen herausgerechnet worden, heißt es seitens des Senats.

Höchstens 3,8 Mikrogramm pro Kubikmeter Außenluft: Angesichts von Ausgangswerten zwischen 41,2 und 51,6 Mikrogramm pro Kubikmeter erscheint diese Verbesserung vielleicht nicht der Rede wert. Manche mögen gar so weit gehen und die Tempo-30-Maßnahme, so wie der CDU-Verkehrspolitiker Oliver Friederici gegenüber dem rbb, als Klientelpolitik der Grünen bezeichnen.

Berliner 30-Zonen: Jede Verbesserung der Luftqualität zählt

Und genau das ist der Punkt, wo man diese Menschen, die Wegeners und Friedericis und alle anderen, die gegen Tempo 30 wettern (bei AfD-Politikern wie Scholtysek scheint Hopfen und Malz verloren), fragen müsste, ob Egoismus bei ihnen eigentlich ein Selbstzweck ist. Ob sie genau das tun, was sie selbst den Grünen immer vorwerfen, nämlich pauschal hassen, und zwar alle, die nicht Auto fahren. Denn wer Rad fährt, weiß: Jede Verbesserung der Luft auf Hauptverkehrsstraßen ist eine, die zählt. Vor allem wenn, wie in diesem Fall und entgegen der ganzen düsteren Prophezeiungen, keine Autos die Nebenstraßen der Magistralen verstopften. Das könnte daran liegen, dass durch die Maßnahme der Stop-And-Go-Verkehr auf vier der fünf Straßen weniger und der Verkehrsfluss besser wurde.

Eigentlich ist das Ganze also eine Win-Win-Win-Situation: Autofahrer:innen kommen während der Rush-Hour besser vorwärts, Radfahrer:innen müssen weniger schlechte Luft atmen und Anwohner:innen weniger Lärm (und natürlich ebenfalls weniger Abgase) ertragen. Einschränkungen gibt es einzig für jene, die die Straßen befahren, wenn weniger los ist und dann langsamer fahren müssen. Eine Einschränkung, die man hinnehmen könnte, zum Wohl vieler Anderer, könnte man meinen. Vor allem dann, wenn sie bedeutet, die Gesundheit anderer Menschen weniger zu belasten.

Anstatt gegen die Tempo-30-Zonen zu wettern, sollte man deswegen eher darüber nachdenken, die ganze Stadt in eine einzige Tempo-30-Versuchszone zu verwandeln. Vielleicht hätte das ja noch mehr positive Effekte, wie zum Beispiel weniger Verkehrstote.

P.S.: Die Autorin fährt selbst von Zeit zu Zeit Auto.


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