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Urban-Art-Tour durch Berlin: Der tip-Guide für Straßenkunst

Berlin ist die Sprüher-Hauptstadt mit unzähligen Graffiti, Murals, Throw Ups und Tags. In der ganzen Stadt verteilt finden sich moderne Wandmalereien, in bunter Farbe oder schlicht in Schwarzchrom – meist auf Hausfassaden, auf Dächern, S-Bahnen, Mülleimern, Brücken und Türmen. Urban Art kann gut sichtbar, aber auch in Hinterhöfen versteckt oder auf die Flachdächer der Stadt gemalt sein. Eines ist aber sicher, sie ist überall in der Stadt zu finden.

Urban Art in Berlin: Die East Side Gallery ist mit 1,3 Kilometern die längste Open-Air Galerie Deutschlands. Foto: Imago/Charles Yunck

Urban Art ist vielseitig, neben dem klassischen Graffiti gibt es viele Möglichkeiten, das Stadtbild mitzugestalten. Wir haben euch eine kleine Tour durch Berlin zusammengestellt, in der ihr die Hotspots der Graffiti-Szene zu sehen bekommt, Murals bestaunen, Dosen kaufen oder legal ein eigenes Piece erschaffen könnt. Ob ihr die Tour zu Fuß, mit der Bahn oder mit dem Fahrrad unternehmt, ist euch selbst überlassen. Um manche Spots jedoch besser zu sehen oder Fußweg einzusparen, lohnt es sich aber, im Besitz eines BVG-Tickets zu sein.


Start im Urban Nation Museum

Wir raten euch die Tour mit einem Besuch des Urban Nation Museum zu beginnen. Denn in der Bülowstraße eröffnete auf Initiative der Stiftung Berliner Leben und Gewobag-AG 2017 das Urban Nation Museum für Urban Contemporary Art in Berlin. Seit Mitte Juni 2022 wird die Ausstellung „Talking … & Other Banana Skins“ präsentiert und fordert mit urbaner und zeitgenössischer Kunst einen provokanten Dialog ein.

Das Museum eignet sich optimal als Einstieg, um an Street-Art und das Schaffen ihrer Künstler:innen herangeführt zu werden. Wenn ihr möchtet, könnt ihr euch im Vorhinein zu einer Tour durch das Museum oder durch den Kiez rund um das Museum anmelden. Falls nicht, ist vor Ort auch ein Online-Guide verfügbar.


Vom Museum an den Ort des Geschehens: Das Kottbusser Tor

Vom Urban Nation Museum gelangt ihr mit der U1/2/12 oder der U3 vom Nollendorfplatz direkt zum Kottbusser Tor. Vom Fenster der U-Bahn aus könnt ihr das riesige Mural von Apollo und Daphne an der Skalitzer Ecke Wassertorstraße anzuschauen, welches dort seit 2018 die zwei hohen grauen Hauswände schmückt.

Von der U1/2/12 und U3 aus kann das Mural bestaunt werden. Ihr fahrt aber in die andere Richtung, also Kopf nach links drehen. Foto: Imago/Emmanuele Contini

Das Kottbusser Tor bietet sich als erster urbaner Spot einfach aus dem Grund an, weil dort fast kein Gebäude steht, was keine Aerosol-Sprühfarbe auf der Fassade trägt. Richtet ihr euren Blick nach oben, seht ihr die kaligrafischen Schriftzüge von Berlin Kidz und Paradox. Die Eingangstüren sind zugetaggt von örtlichen Sprayern, und ihr findet viele Bombings von den bekanntesten Graffiti-Crews aus Berlin.

Geht ihr unter dem Zentrum Kreuzberg durch, sodass ihr euch auf der Adalbertstraße befindet, könnt ihr euch nach einigen Metern um 180 Grad drehen, und euch wird das riesige Throw-Up der ADHS-Crew in roten Buchstaben ins Auge fallen. ADHS steht für all day hustlers, und die Mitglieder der Crew machen ihrem Namen alle Ehre, denn haltet ihr die Augen offen, werden euch die vier Buchstaben noch öfters begegnen.


1UP vom Görli aus erspähen

Über die Oranienstraße, in der ihr euch das Mural „Nature Morte“ von Roa an einer der bekanntesten Kreuzberger Hauswände anschauen könnt, gelangt ihr zum Görlitzer Park.

Seit 2011 schmückt das Mural von Roa das Haus in der Oranienstraße 2A. Foto: Imago/Travel-Stock-Image

Macht ihr einen kleinen Schlenker in den Park, befindet sich links oben an einem der Häuser mit hellbrauner Fassade, ein großes Throw Up der 1UP-Crew. Wohl eine der bekanntesten Sprayercrews Berlins. 1UP steht für „One United Power“, wer und wie viele Mitglieder Teil der Crew sind, ist unbekannt, bekannt ist aber, dass sie sich mit ihren riesigen Pieces bereits an einer unüberschaubaren Zahl an Hausfassaden und Dächern zumindest zweitweise verewigt haben. Von dort aus könnt ihr entweder laufen oder wieder in die U1/2/12 oder U3 bis zum Schlesischen Tor fahren, von dort aus die Oberbaumbrücke nur einen Steinwurf entfernt.


Installation des Zufallsspiels Schere-Stein-Papier auf der Oberbaumbrücke

Nach Einbruch der Dunkelheit kann der Installation beim Schere-Stein-Papier spielen zugeschaut werden. Foto: Imago/Joachim Schulz

Die Oberbaumbrücke ist die Verbindung zwischen Friedrichshain und Kreuzberg. Bleibt man kurz in der Mitte der Brücke stehen, kann man einer Street-Art-Installation beim Schere-Stein-Papier-„Spielen“ zuschauen. Seit 1997 soll das zufallsgeschaltete Neonspiel an den Grenzübergang von 1972 bis 1989 erinnern und ist eine künstlerische Aufarbeitung mit der Willkür von politischen Entscheidungen und deren Tragweite. Die Street-Art-Installation ist aber erst nach Einbruch der Dunkelheit sichtbar.


Legale Urban Art: Die East Side Gallery

Am Ende der Oberbaumbrücke geht nach links die East Side Gallery ab, die ihr entspannt entlangspazieren könnt. Die dauerhafte Open-Air Galerie ist mir 1,3 Kilometern die längste in Deutschland und wurde 1990 von 118 Künstler aus 21 Ländern bemalt.

Der Trabant, das Auto der DDR, ist eines der bekanntesten Motive an der East Side Gallery. Foto: Imago/agefotostock

Die populärsten Motive sind unter anderem der Trabant, der die Mauer durchbricht, und der Bruderkuss zwischen Honecker und Breschnew. Auf dem Rückweg könnt ihr auf der anderen Seite der Mauer entlang der Spree gehen und euch dann von der Oberbaumbrücke aus Richtung Warschauer Straße aufmachen.


Der Melting Pot für Street Art: Das RAW-Gelände

Das große Gelände hinter der Warschauer Straße ist der Schmelztiegel für zeitgenössische Kunst in Berlin. Der ganze Ort ist Urban Art. Keine Wand und keine Hausfassade der fast verfallenen Backsteingebäude ist farblos, die bunten Bilder springen einem, egal wohin man, guckt ins Auge. Von politischen Sprüchen aus dem linken Spektrum über aufwendige Pieces mit Comic-Art-Charakter zu detailreichen Schwarz-Weiß-Arbeiten bietet das RAW-Gelände allen Street-Art-Interessierten eine abwechslungsreiche Straßen-Leinwand zum Bestaunen, entdecken und drüber philosophieren.

Eine leere Wand ist auf dem RAW-Gelände nicht zu finden. Foto: Imago/Votos-Roland Owsnitzki

Außerdem befindet sich auf dem Gelände die Kunstgalerie Urban Spree, welche nicht nur ein Ausstellungsort ist, sondern auch Räume für Workshops zur Verfügung stellt und einen Kunst-Shop betreibt. Zudem können im dazugehörigen Biergarten bei einer kalten Molle die wieder neu gestalteten Seitenwände betrachten.

  • Urban Spree, Revaler Straße 99, Friedrichshain, Mo-Do 14-0 Uhr, Fr 14-3 Uhr, Sa 12-3 Uhr, So 12-0 Uhr, www.urbanspree.com

Graffiti von der Ringbahn aus bestaunen

Nach einem Kaltgetränk oder Kaffee im Biergarten der Urban Spree, oder in einer der anderen Bars auf dem RAW-Gelände, bietet es sich an, sich zum Ostkreuz zu begeben und in die Ringbahn S42 Richtung Gesundbrunnen einzusteigen. Sichert euch einen Fensterplatz, am besten in Fahrtrichtung links, und lasst eure Blicke über die unzähligen bunten Hausfassaden schweifen.

Von der Ringbahn aus können viele der bekanntesten Graffiti gesichtet werden. Foto: Imago/ Schöning

SECH, NHS, Mr. Paradise Paradox, 1UP, alle haben sie sich hier mit ihren Graffiti einen Platz oft in angsterregenden Höhen an den Mauern gesichert und machen die Fahrt in der Ringbahn zu einer kleinen Urban-Art-Tour auf Gleisen. Meidet die Hauptverkehrszeiten, sonst könnte es voll und stickig werden.


Sprühdosen kaufen in Prenzlauer Berg und Sprühen im Mauerpark

Wenn ihr daran interessiert seid, euch selbst mal an der GraffitI-Kunst zu versuchen, dann könnt ihr bei der S-Bahnstation Schönhauser Allee aussteigen und Writers Corner einen Besuch abstatten. Der Graffiti-Shop bieten eine große Auswahl an Graffiti-Cans und das Personal berät euch gerne dabei, die richtigen Sprühdosen und Farben auszuwählen. Wenn ihr euch mit Dosen eingedeckt habt, ist es bis zur legalen Wand im Mauerpark nur noch ein Katzensprung, und so könnt ihr als Krönung der Graffiti-Tour euer erstes eigenes Piece kreieren. Vielleicht habt ihr ja Glück und trefft auf Sprüher:innen, die euch ein paar gute Tipps geben können.


Mehr zum Thema

Euch sind die politischen Wandsprüche in Berlin aufgefallen? Wir haben uns angeschaut wer hinter den politischen Wandsprüchen steckt. Berlin gilt als die Sprayer-Hauptstadt, wir haben uns mit dem Gründer der Graffiti-Lobby getroffen und ihn gefragt was er dazu sagt. Und das sind 12 Murals in Berlin, die wir lieben. Mehr zum Thema Stadtleben lest ihr hier.

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