So war es bei Berlin Art präsentiert von Mastercard Priceless Cities

Ausstellung „original bauhaus“ in der Berlinischen Galerie

Foto: Lena Ganssmann

Berlin Art präsentiert von Mastercard Priceless Berlin führte im September in die Ausstellung „original bauhaus“ in der Berlinischen Galerie.

Dass hier gerade eine Revolution angezettelt wurde, war nicht klar, als Walter Gropius 1919 in Weimar das Staatliche Bauhaus gründete. Heute, 100 Jahre später, weiß man, dass die Kunstschule ein „gamechanger“ war. Eine Revolution, die nicht nur Design und Architektur grundlegend veränderte, sondern auch die Lehre und das Lernen.

„Eine eingeschworene Community waren die Schüler und Lehrer des Bauhauses“, erzählt Adriana Kapsreiter, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bauhaus-Archiv, gleich am Anfang unserer Tour. „Ein Kollektiv voller Idealismus, lauter junge Wilde.“ Adriana Kapsreiter brachte uns die berühmte Kunstschule mit einem derart begeisterten Spirit nahe, dass man unwillkürlich dachte, so könnten auch in der Zeit der Weimarer Republik die Ideen der Bauhäusler die Menschen mitgerissen haben.

14 Fallbeispiele mit rund 700 Objekten hat das Bauhaus-Archiv für seine Jubiläumsausstellung in der Berlinischen Galerie installiert (das eigene Haus ist ja wegen Renovierung geschlossen). Zum Beispiel die Treppe als „Meeting-Point“. Walter Gropius hatte in der Bauhausschule Nummer zwei, die er selber als Architekt in Dessau baute, die Treppen extra breit angelegt, damit sich Lehrer und Schüler dort treffen und auf den Stufen in Gruppen miteinander sprechen konnten, ohne einander zu stören. Vernetzung im Jahr 1926. Eine große Idee. Oskar Schlemmers berühmtes Gemälde vom Treppenhaus in Dessau ist jetzt in der Berlinischen Galerie in einer Kopie von Casca Schlemmer zu sehen.

„Produktion ­– Reproduktion“ ist das Thema, unter das Adriana Kapsreiter ihre Führung stellte, ein Komplex, der auch die Bauhäusler enorm beschäftigte. Zum Beispiel bei den Tee-Extraktkännchen von Marianne Brandt. Acht gibt es davon auf der Welt, sieben hat die Ausstellung versammelt, allesamt von Brandt handgefertigt. Dabei sehen die Kännchen aus wie industrielle hergestellt, denn die Bauhausstudentin war eine Meisterin der Metallbearbeitung und konnte mit dem Hammer perfekte glatte Oberflächen schaffen. Nicht ganz freiwillig hatte sie dieses Können erworben, denn weil sie sich als einzige Frau in die Männerdomäne Metallwerkstatt hineingekämpft hatte, wurde sie dort vor allem mit der niedrigsten Arbeit betraut – und das hieß dengeln, dengeln, dengeln.

Denn auch wenn viele Frauen am Bauhaus studierten, die Haare kurz trugen und ihre Kleider im Sommer die Oberarme bis zu den Schultern entblößten, waren sie doch vor allem in der Weberei aktiv, gestalteten Stoffe und Teppiche. Die Bauhaus-Männer dachten sicher emanzipierter als die meisten ihrer Zeitgenossen, doch auch sie wollten ihre Machtstellung nicht einfach aufgeben.

Und dennoch sollten die Frauen am Bauhaus gleichberechtigt studieren, produzieren, diskutieren und fröhlich sein. Die Bauhaus-Partys waren legendär. So wurde auch gefeiert, als Gertrud Arndt den Teppich für Walter Gropius‘ Direktorenzimmer fertig hatte und dort einen sensationellen Eindruck machte. Gropius war begeistert. Doch leider ist der Teppich verschollen und so zeigt die Ausstellung einen anderen, typisch geometrischen, farbigen Teppich von Gertrud Arndt.

Ein anderes tolles „original bauhaus“-Stück ist der Junggesellenschrank von Josef Pohl, entworfen 1930. Die Weltwirtschaftskrise hatte Deutschland erfasst, dieses einfache, aber schöne Kistenmöbel konnte die gesamte Kleidung eines Arbeiters aufnehmen – und es stand auf Rollen, damit sein Besitzer mit seinem Hab und Gut leichter umziehen konnte. Was offensichtlich häufig nötig war.

Der dänische Künstler Sigurd Larsen hat dazu den „Junggesellenschrank by hand“ entworfen, ein Schrank aus verschiedenen Materialien, bei dem man die modularen Elemente des Schranks ertasten soll. Das ist eines von insgesamt zwölf zeitgenössischen Kunstwerken, die speziell für diese Ausstellung entstanden sind.

Ein anderes ist „Eine Million“: Die Berliner Künstlerin Uli Aigner will eine Million Porzellangefäße von Hand herstellen. Jedes Gefäß hat eine Nummer und so soll über die Jahre in Netzwerk von Besitzer*innen entstehen. Handarbeit statt Industriewaren, Vernetzung ja, aber nicht nur digital, sondern auch analog durch Porzellanschüsseln – ein hochinteressantes Projekt, das Uli Aigner hier angeht. Und von dem man auch Stücke im Shop in der Berlinischen Galerie erwerben kann, ebenso wie den im Prestel Verlag erschienenen, empfehlenswerten Katalog zu „original bauhaus“.

Text: Stefanie Dörre

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