So war es bei Berlin Art präsentiert von Mastercard Priceless Cities

Im Deutschen Historischen Museum (DHM)

Das Deutsche Historische Museum (DHM) widmet sich der Deutschen Kolonialgeschichte

Foto: F. Anthea Schaap

Kleine Holzfiguren begrüßen die Besucher der Ausstellung. An Räuchermännchen erinnern die grob geschnitzten Skulpturen, halb comichaft, halb grobschlächtig sehen sie aus. So wurden die Europäer von den afrikanischen Künstlern, die sie vor mehr als hundert Jahren schnitzten, wahrgenommen. In acht Kapiteln zeigt das Deutsche Historische Museum die bislang umfassendste Schau zur deutschen Kolonialgeschichte. Ein dunkles Kapitel, über das man heute viel zu wenig weiß. Die geschichtliche Aufarbeitung der noch düsteren NS-Zeit war sicherlich dringlicher. Die Auseinandersetzung mit dem deutschen Kolonialismus war dennoch überfällig.

„Es hat ja nicht den Kolonialismus gegeben“, sagt Dr. Arnulf Scriba. Der Chefkurator führte die Teilnehmer der Zitty Art präsentiert von Priceless Berlin anderthalb Stunden lang außerhalb der Öffnungszeiten persönlich durch die Ausstellung. Kolonialismus bedeutete neben Eroberung, Handel und Schreckensherrschaft auch Wissenschaft. 500 Objekte wurden hier auf rund 1000 Quadratmeter zusammengetragen, die unterschiedliche Aspekte der Kolonialgeschichte beleuchten. Etwa die „Reichskolonialuhr“ aus dem Jahr 1905, dessen Ziffernblatt von zwei Schlangen gehalten wird, die auch die Uhrzeit der Kolonien anzeigen. Darüber ein Spruch: „Kein Sonnenuntergang in unserem Reich“. In einem nachgebauten „Kolonialherrenzimmer“ hängt ein Gemälde vom Kilimandscharo, „dem höchsten Berg Deutschlands“, wie man damals sagte. Zu sehen ist auch Erschreckendes, wie die Nilpferdpeitsche, mit der die deutschen Kolonialherren die afrikanischen Ureinwohner wie ungezogene Kinder zu züchtigen pflegten. Kleine Zinnfiguren bilden diesen Akt nach, es waren Spielzeugfiguren für deutsche Kinder, die den kolonialen Zeitgeist auf diese Weise schon von klein auf eingeimpft bekamen. Doch es formierte sich auch Widerstand, sogar in Deutschland. Denn auch hierzulande wusste man von dem Völkermord an den Herero, wie in deutschen Zeitungen abgebildete Fotografien belegen. Die Schau zeigt jedoch, dass es auch Handlungsspielräume für alle Beteiligten gegeben hat. Schließlich war man auch auf Kooperation mit den Einheimischen angewiesen.

Obwohl die Kolonialzeit nur 30 Jahre dauerte, prägte sie Politik und Gesellschaft über Jahrzehnte. So befasst sich das letzte Kapitel mit der Gegenwart und dem heutigen Bewusstsein zur Kolonialgeschichte: Afrikanische Aktivisten verlangen von den Deutschen Entschädigung. Afrodeutsche setzen sich für die Umbenennung von Straßen ein, wie der Mohrenstraße in Berlin Mitte. Auch die Frage, welche Stücke ausgestellt werden sollen, hat sich gewandelt: Der goldene „Sarottimohr“ durfte noch hinein in die Schau; „Trophäen“, wie die geflochtenen Zöpfe, die man den unterdrückten Chinesen abgeschnitten hatte, eher nicht. „Vor zehn Jahren hätte man so etwas noch gezeigt“, sagt Scriba.

Es war eine tolle Führung, die mit anderthalb Stunden doch nur anreißen konnte, was es alles über die Zeit zu erfahren gibt. Viele Besucher hatten Lust wiederzukommen, um sich noch einmal ganz in Ruhe in die vielen Fotos, Filmaufnahmen und Schriftstücke zu vertiefen. KIR

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