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So war es bei tip Backstage präsentiert von Mastercard Priceless Berlin

Gebaute Transparenz in der Akademie der Künste

Manchmal sagt ein Bauplan mehr als tausende Worte. Carolin Schönemann, Leiterin der Sektion Baukunst an der Akademie der Künste (AdK), teilte ihn zu Beginn unserer tip-Backstage Tour in der AdK an alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus. Der Plan zeigte das Haus am Pariser Platz im Zustand von 1907. Das Auffälligste: Das Gebäude wird von einem „Umlauf“ umschlossen, von einer Gasse, die sich wie ein großes U um die Ausstellungs- und Sitzungssäle legt. Beim Eingang rechts fuhr man mit der Kutsche ins Gebäude hinein, stieg im geschützten  Innenraum aus und die Kutsche fuhr links zum Ausgang wieder raus. So blieben Max Liebermann und seine Kollegen von der Akademie auch beim Regen oder Schneefall warm und trocken, wenn sie mit Zylinder, Gehrock und Gamaschenschuhen zu einer Akademiesitzung zusammenkamen.

Lauter Honoratioren. Die wichtigsten Köpfe der Sektionen Bildende Kunst, Musik, Baukunst, Darstellende Kunst und Literatur fanden sich am Pariser Platz zusammen, um über die Kultur in Preußen zu beraten und sie zu lenken. Heute wird diese Einteilung ergänzt um die Sektion Film- und Medienkunst. 1696 gegründet, gehört die Akademie der Künste in Berlin zu den ältesten europäischen Kulturinstitutionen überhaupt. Wer hier Mitglied ist – derzeit sind es 411 – hat sich in der Kunstwelt bereits einen bedeutenden Namen gemacht und wird durch eine Wahl bestimmt. Bettina Huber, Präsidialsekretär, hat sich für tip Backstage präsentiert von Mastercard Priceless Berlin die Zeit genommen, uns die Arbeit der Akademie zu erklären. Diese versteht sich als Diskursforum für wichtige kulturelle Fragen. Die Akademie hat aber auch beratende Funktion, wenn es um wichtige politische Themen geht, die mit den Künsten in Zusammenhang stehen. Zum Beispiel den Wiederaufbau des Stadtschlosses, wobei sich die AdK-Meinung in dem Falle nicht durchgesetzt hat.

Altehrwürdig ist also fast eine Untertreibung, wenn man von der Akademie der Künste Berlin spricht. Die Geschichte des heutigen AdK-Gebäudes geht auf das Jahr 1734 zurück, da stand das Brandenburger Tor noch lange nicht. Die Akademie zog 1907 in das Haus ein. Auf die Blütejahre unter dem Präsidenten Liebermann (ab 1918) folgten dunkle Jahre, die Akademie wurde bereits 1933 „gleichgeschaltet“ und musste umziehen. Albert Speer, Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Berlin, richtete dort seine Dienststelle ein. Wo vorher die Ausstellungshallen waren, baute er nun seine Architekturmodelle vom Größenwahn „Germania“.

Zurück ins Jahr 2019. Mit riesiger Detailkenntnis und sehr lebhaft in der Darstellung führte uns Carolin Schönemann durchs Haus. Wir stehen im ersten Ausstellungssaal, Carolin Schönemann drückt sich an eine Wand. „Hier“, sagt sie, „war das Gefängnis.“ Sie hat die Füße eng beisammen, steht auf einem Karree, das vielleicht einen Quadratmeter groß ist. In der Struktur des Fußbodens ist es markiert. Ja, nach dem Mauerbau waren die Grenzsicherungstruppen der DDR in diesem Raum in der AdK untergebracht. In den Räumen dahinter arbeitete damals die Akademie. Carolin Schönemann, die schon vor der Wende an der AdK gearbeitet hat, kann von den Soldaten noch aus eigenem Erleben erzählen. In den Grenztruppenraum führte bloß eine winzige kleine Tür, durch die man nur gebückt gehen konnte. „Mindestens ein Mensch starb hier“, sagt sie. 1971 wurde der Gefangene Dieter Beilig an dem Ort auf der Flucht erschossen.

Wir gehen in den Keller der Akademie, wo von zwei Faschingsfesten Ende der 50er Jahre noch großartige Wandmalereien von so bedeutenden Malern wie Harald Metzkes, Manfred Böttcher und ernst Schroeder erhalten sind. Sie waren damals Meisterschüler, in dem Gebäude waren Ateliers, es wurde gelehrt. Wir gehen durch alle Etagen bis hinauf in die Clubräume, von der Dachterrasse hat man einen fantastischen Blick über den Pariser Platz, quasi auf Augenhöhe mit Viktoria und der Quadriga.

Im Jahr 2005 wurde das von Günter Behnisch mit und über Teilen des alten Gebäudes errichtete Haus eingeweiht. Viel Glas hat er verbaut, in dem sich die Innen- und Außenwelt verbinden und gegenseitig spiegelt. Das Haus ist gebaute Transparenz, jede Treppe hat andere Stufenmaße, nichts ist normiert. Ein freies Denken – das ist der Geist dieses Hauses und der Akademie der Künste.

Text: Stefanie Dörre
Fotos: Lena Ganssmann

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