Jahrzehntelang hatte Berlin eine Mitte, die keine war. Ein Rangierbahnhof, der in der geteilten Stadt zunächst überflüssig und bald verwunschen verwildert geworden war. Eine Brache. Und Berlin war ja einmal die Stadt, in der aus den Brachen, wenn schon keine blühenden Landschaften, so doch wunderbare Möglichkeitsräume erwuchsen. Ein solcher wurde der Park am Gleisdreieick. Ein Mitmachpark mit Sportgeräten für Menschen von 8 Monaten bis 88 Jahren. Nur das mit dem Kulinarischen wurde irgendwie vergessen. Aber dafür gibt es ja, auf einem künftigen Baugrundstück gleich zwischen Park und U-Bahn-Aufgang das temporäre BRLO Brwhouse.
Und das war an diesem Abend ein doppelter Gastgeber. Als Gasthaus und als Brauerei. Wobei unser kulinarischer Stadtspaziergang Kiezgourmet präsentiert von Mastercard Priceless Berlin erst einmal hinter den Kulissen, genauer in der Brauerei verschwinden sollte, Wie genau funktioniert das, mit dem Gersten- (oder Weizen-)Malz, mit den (weiblichen) Hopfendolden und der Hefe? Für den schnellen Durst sorgte das gefilterte und mineralisierte Berliner Leitungswasser, mit dem auch die Biere der 2015 gegründeten Brauerei BRLO gebraut werden. Anschließend wurde dann das Bier verkostet, besser gesagt: gepairt. Wir verkosteten frischen und getrockneten Apfel zur Weißen, crispes Toastbrot und Champignon zum Hellen (was die Hefenoten betont) und fermentierten Schwarzen Knoblauch zum dunklen und eher süßen Stout. Ja, Bier kann – auch an einem derart heißen Abend – viel mehr als Durst löschen.
Apropos heiß: Sophia und Xenia von Oswald hatten ein, zwei Straßenecken weiter die perfekte Küche für dieses Wetter parat. Rocket + Basil heißt ihr noch sehr, sehr junges Tagesrestaurant in der Lützowstraße, dass die Frühstückskompetenz der unter anderem in Australien aufgewachsenen Schwestern, zuvor haben sie an verschiedenen Berliner Orten Das Brunch ausgerichtet, mit der herzhaften Küche ihrer einen persischen Heimat verbindet. Exemplarisch der Reis mit seiner Knusperkruste Tahdig, der aufwendig gewaschen, gekocht, gebacken wird. Gemeinsam mit dem Gurken-Minz-Joghurt und einem so fleischigen wie garantiert antibiotikafreien Kikok-Hähnchen schmeckte all das herzhaft und herzlich, hochsommerlich und frisch. Eine intuitive Mahlzeit, die auf eine lokale Küche verwies und gleichzeitig mit diesem Thema spielte. Ein leckerer Teller in einer klaren, charmanten und auf eine lässige Art stilsicheren Atmosphäre. Ein neuer Lieblingsort in der Stadt, der eigens für uns nun auch mal am Abend geöffnet hatte.
Ein etablierter Lieblingsort ist das BRLO Brwhouse mit seinem Biergarten und Gastgeber Ben Pommer. Wobei: Zunächst wurde an der Eisbude Halt gemacht, um bei Rosa Canina, der biozertifizierten unter den neuen naturnahen Berliner Eismanufakturen auf ein saisonales Erdbeersorbet einzukehren. Eigentlich produziert Rosa Canina im Bötzowviertel (und in einer Gläsernen Manufaktur in der Kreuzberger Markthalle Neun), auch im BRLO Biergarten gibt es aber diese verkaufslukengroße Dependance.
Der zweite Hauptgang des Abends kam dann aus der Küche von Ben Pommer und aus dem Smoker, der einerseits stilbildend für diese etwas andere, vor allem kulinarischere Brauhausgastronomie ist. Andererseits stilbildend ist der Fokus aufs Gemüse, das diesmal als gesmokter und noch immer frischer Brokkoli auf den Teller kam. Dazu, quasi als Beilage, langsam gegarte, zarte und fettrandig saftige Short Rips. Im Glas: ein Naked, also ein alkoholfreies Bier. Erstaunlich wie das schmecken kann, wenn ein Braumeister, bei BRLO heißt der Michael Lempke, so lustvoll mit den Hopfenaromen spielen darf. Noch verspielter schmeckte derweil die fast limonadige MaMa Weiße zum Dessert, eine Berliner Weiße, bei der Maracuja und Mango gleich mit in den Sud gekommen sind. Von wegen also Biermixgetränk.
Kurzum: Dieser viel zu heiße Juni führte unseren Kiezgourmet präsentiert von Mastercard Priceless. Berlin an dreieinhalb Orte, an denen es sich, an jedem auf seine Weise, herrlich in der Hitze aushalten lässt, im Biergarten, im persischen Restaurant, an der Eisbude. Gut, in der Brauerei selbst war es schon sehr, sehr warm. Aber jetzt wo wir wissen, wie gutes, handwerkliches Bier gebraut wird, müssen wir es ja nur noch trinken.
Text: Clemens Niedenthal
Fotos: Lena Ganssmann