So war es bei tip Backstage präsentiert von Mastercard Priceless Berlin

40 Jahre ufaFabrik:

Trotz Jubiläum ging es bei tip-Backstage präsentiert von Mastercard Priceless Berlin weniger um die Vergangenheit des Kultur- und Lebensprojektes als vielmehr um seine zukunftsweisende ökologische Infrastruktur

Bei einem Kulturzentrum, das aus der Hippiezeit hervorgegangen ist, darf man erwarten, dass die Begrüßung von Gästen eher unprätentiös verläuft. „Hallo, ich bin Frido“, stellt sich dann auch Fridolin Hinde, ein bärtiger Mitdreißiger und seit vier Jahren Geschäftsführer der ufaFabrik in Tempelhof sehr nahbar den Teilnehmenden der tip-Backstage-Tour präsentiert von Mastercard Priceless Berlin vor. Hinde hat den Stil der ufaFabrik, des 1979 in Tempelhof gegründeten Kultur- und Lebensprojektes quasi mit der Muttermilch aufgesogen: er wurde in das Zentrum hineingeboren, wuchs hier auf und verließ es mit 19 Jahren als er ein Studium der Volkswirtschaft begann.

40 Jahre ufaFabrik wird in diesem Jahr gefeiert, Grund genug nicht nur das Erfolgsrezept in Sachen Kulturveranstaltungen der nach wie vor einzigartigen Einrichtung kennenzulernen. Die Kommunard*innen haben ihr Projekt von Anfang an auch umweltgerecht gedacht: So war die ufa-Bäckerei eine der ersten Biobäckereien der Stadt. Dementsprechend soll die ökologische Infrastruktur der Einrichtung auch Schwerpunkt der Backstage-Tour über das 18.500 Quadratmeter große Gelände zwischen Viktoriastraße und Teltowkanal sein.

Doch zunächst liefert Frido erst einmal einen kurzen geschichtlichen Abriss zur Entstehung der Anlage zunächst unter der Universum-Film Aktiengesellschaft (Ufa) in den 1920er Jahren, die auf dem Gelände ein Kopierwerk ansiedelte, bis hin zur friedlichen „Wiederinbetriebnahme“ des Areals am 9.Juni 1979, durch eine bis dahin in Kreuzberg unter dem Namen „Fabrik für Kultur und Sport“ agierenden Kommune: Man brauchte Platz, um ein Konzept zu realisieren, das nicht nur gemeinsames Wohnen, Arbeiten, Kultur machen, Lernen und einen pfleglichen Umgang mit der Umwelt beinhaltete. Man wollte auch einen Ort der Begegnung schaffen – unter anderem für die nähere, aber auch weiter entfernte Nachbarschaft.

Dass die Anlage in Tempelhof aber nicht immer unter so einem guten Stern stand, kommt bei einem ersten Rundgang zur Sprache. Der gediegen holzvertäfelte Varieté-Salon war ursprünglich ein Kino-Vorführsaal – und diente während der Nazizeit unter anderem dazu, die Inhalte von neu produzierten Spielfilmen auf ihre Linientreue hin zu überprüfen. Inzwischen wird der 200 Quadratmeter große Raum als Mehrzwecksaal mit flexibler Bestuhlung genutzt. Musiker, Comedians oder Theatergruppen treten hier auf.

Doch nun steht das eigentliche Thema, die Ökologie, im Fokus des Rundgangs. Denn nach dem Verlassen des Varieté-Salons geht es, immer dem Duft nach frischem Brot hinterher, schnurstracks zur Biobäckerei. Vollkornbrot in diversen Variationen, so Fridolin Hinde, ist nach wie vor die wesentliche Backware, die vor Ort geknetet und gebacken wird. Wie zum Beweis warten hinter einem Glasfenster reihenweise Kastenbrote auf ihren Abtransport. Bis zur freundlichen Übernahme der Bäckerei durch die Bio-Supermarktkette LPG wurden die Brote ausschließlich auf Märkten und im Naturkostladen der ufaFabrik verkauft. Inzwischen sind die Brote natürlich auch bei der LPG zu haben.

Gleich gegenüber der Bäckerei versteckt sich unter einem vorwiegend mit Nutzpflanzen begrüntem Areal eine Zisterne. Nachdem das dort gesammelte Regenwasser einen biologischen Wasserfilter durchlaufen hat, so erklärt Frido, wird es als Nutzwasser beispielsweise für die Toilettenspülung eingesetzt. Hilfreich, um nicht nur Kosten für Leitungswasser zu sparen, sondern um den Verbrauch des flüssigen Rohstoffes stärker in Kreisläufen zu denken.

Doch die Geschenke der Natur nutzt man in der ufaFabrik auch bei der Energiegewinnung. Frido verweist zum einen auf ein 1995 in Betrieb genommenes, kleines Windrad, mit dem getestet werden sollte, inwieweit innerstädtische Windräder Sinn machen, führt die Gruppe zum anderen dann aber erst am Café Olé und dem Gästehaus vorbei zu einer Treppe, die zum begrünten Dach mit Photovoltaikanlage führt. Und einen luftigen Ausblick auf das ufa-Gelände ermöglicht.

Zunächst wecken die hier ebenfalls angelegten Hochbeete das Interesse der Besucher*innen. Tomaten, Basilikum und Zucchini wachsen hier in Kästen, die nach Bedarf mit einem transparenten Deckel geschlossen werden können. Eine Art Trampelpfad führt dann weiter zu der Solaranlage, die aus zwölf verschiedenen System besteht und vor rund 20 Jahren als Forschungsanlage zusammen mit der TU Berlin gestartet wurde. Bis zu 53 Kilowatt Strom werden hier an sonnigen Tagen emmissionsfrei erzeugt – was die Stromkosten der ufaFabrik bis zu 50 Prozent senkt. Vergleichsweise neu ist dagegen das Pilotprojekt Methangas und CO2, dessen ursprünglicher Teil einem Solarabsorber zur Warmwassererzeugung ähnelt. Tatsächlich aber sind es Algen, die auf einem Filtervlies wachsen und die per Photosynthese CO2 und Wasser in Methangas, einen beispielsweise zum Kochen nutzbaren Energieträger verwandeln.

„Wie war das noch Mal mit der Photosynthese“, scheinen sich einige der Tour-Teilnehmenden zu fragen und runzeln die Stirn nachdenklich. Es ist Schulstoff, der bei den meisten einige Jährchen zurückliegen dürfte. Egal, denn nun ist Zeit für den genießerischen Teil des Abends. Dem „Abstieg zur Erde“ folgt das Get-together mit Flammkuchen, Bier, Sekt und den Goodie-Bags in einem Gastraum neben der Sommerbühne. Eine letzte Stärkung vor dem großen Auftritt. Kein Geringerer als Tausendsassa Fil, Comedian, Sänger, Comic-Zeichner, erwartet in der mittlerweile vollbesetzten Sommerbühne nun die tip-Backstage-, aber auch weitere Gäste. Ein Ausklang des Abends, den nicht nur die Tour-Teilnehmenden immer wieder mit brüllendem Gelächter quittieren.

Text: Eva Apraku
Fotos: Lena Ganssmann

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