Künstlerischer Dialog

„Transverse Wave“ im me Collectors Room

Die Welt ist eine Welle: Die Ausstellung „Transverse Wave“ bringt Arbeiten von Mary Bauermeister und Rashid Al Khalifa in einen Dialog, verknüpft durch Stockhausen-Sounds

Ausstellungsansicht, links im Bild die Arbeiten von Khalifa, rechts und zentral Mary Bauermeister. Foto: Eric Bell / Mary Bauermeister, Rashid Al Khalifa and Simon Stockhausen / Installationsansich t/ me Collectors Room Berlin

„Wenn wir mit unseren Eltern Urlaub am Meer gemacht haben“, erzählt Simon Stockhausen, „hat meine Mutter immer Unmengen Steine gesammelt. Bei der Rückfahrt saß unser Auto dann fast auf der Hinterachse auf.“ Seine Mutter, das ist die Künstlerin Mary Bauermeister, zweite Ehefrau von Karlheinz Stockhausen. Simon wurde 1967 geboren. Wie sein Vater Komponist, hat er nun eine einstündige Auftrags-Komposition zur Ausstellung „Transverse Wave“ geschrieben. Diese führt Arbeiten Bauermeisters, Rheinländerin Jahrgang 1934, mit denen des 1952 geborenen Rashid Al Khalifa aus Bahrain zusammen.

Die launige Anekdote Simon Stockhausens wirkt entlastend. Denn die neue Musik, eng mit dem Namen seines Vaters verknüpft, gilt ja als eher anstrengend und spaßbefreit. Doch diese Ausstellung eröffnet so viele Ebenen, dass das Konkrete und Abstrakte, das Lustige und Ernste zusammenpassen.

Wenn Sie also als Besucher*in diese Ausstellung betreten, denken Sie sich erst einmal eine lange Diagonale von der Tür zum Ausstellungraum nach rechts hinten. Links von dieser imaginären Linie sind die Werke Bauermeisters. Gleich am Eingang hängt die zwei mal zwei Meter große „Steingeburt“ an der Wand: vom Meer oval geschliffene, auf Holz aufgeklebte Steine, die Mary Bauermeister zur Bildmitte hin zu immer höheren Steintürmen aufgebaut hat. Op Art, aber eben nicht gemalt, sondern real 3D und aus dem natürlichen, von der Natur quasi kunstvoll bearbeiteten Stein – der gleichzeitig ein klassisches bildhauerisches Material ist.

Natur trifft auf Aluminium

Auf der rechten Seite der Diagonalen hängen die skulpturalen Wandarbeiten Rashid Al Khalifas, die sich ebenfalls dreidimensional in den Raum wölben. Doch sein Material ist nicht natürlich, sondern industriell gefertigt: beschichtetes Aluminium. In meterlangen horizontalen Metallwellen stecken Unmengen von Aluplättchen in unterschiedlichen Größen und formen mit Licht und Schatten, je nach Standpunkt, ganz unterschiedliche abstrakte Bilder. Und wenn man langsam an den Wellen vorbeigeht, wirken sie wie ein Film.

Eine der Wellen hat rote, blaue und grüne Streifen. Sie wirkt von links betrachtet wie eine Folge horizontaler Farbbänder und von rechts wie unbehandeltes Alu. Farbig sind auch die hängenden Gitterskulpturen in Grün, Blau und Rosa, die filigrane Schatten auf den Boden werfen. Auch hier wird die Härte des Material konterkariert durch die Farben und die Lust am Spiel, die Al Khalifas Arbeiten durchzieht.

Stockhausens Sound-Loop nimmt die Materialien instrumental auf. Er setzt für Al Khalifas Position Metallophon und Becken ein, für Bauermeister hat er unter anderem das Geräusch sich an der Küste brechender Wellen aufgenommen sowie Holzinstrumente genutzt. Holz ist bei Bauermeisters Skulptur „Howevercall“ zentral, ein angekokelter Stamm bildet die Mitte der Arbeit. Der Baum ist tot, und doch trägt er düstere Früchte.

Nur scheinbar im Gegensatz dazu stehen die Wandkästen mit hinterleuchteten Bettlaken, vielmals geflickt. In ihnen wurden Menschen gezeugt und geboren, sind Menschen gestorben. Kreislauf des Lebens. Gefunden hat Bauermeister die Laken Anfang der 1960er-Jahre auf Sizilien, sie hingen auf einer Wäscheleine im gleißenden Sonnenlicht. Licht und Sound, das sind letztendlich auch nichts anderes als Wellen. 

me Collectors Room Auguststr. 68, Mitte, Mi–Mo 12–18 Uhr, bis 31.1., 8/ erm. 4 €, frei bis 18 Jahre und für Hartz IV-Empfänger 

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