Malerei

Zurück im Spiel: Lotte Laserstein in der Berlinischen Galerie

Die Berlinische Galerie würdigt mit Lotte Laserstein eine Malerin, die zu Unrecht in Vergessenheit geriet

Foto: Lotte-Laserstein-Archiv / Krausse / Lotte Laserstein / VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Dass sie eine große Malerin war, stand für Lotte Laserstein nie zur Debatte. Noch bevor sie zu den ersten Berliner Akademiestudentinnen überhaupt zählte, lernte sie bei dem Berliner Secessionskünstler Leo von König. Die Malerei hatte sie bereits als achtjähriges Mädchen entdeckt, war in der Malschule ­ihrer Tante in Danzig gefördert worden. Dort erfuhr sie, dass auch Frauen malen und damit ihr Geld verdienen können.

Später porträtierte sich die Künstlerin immer wieder im Malerkittel und mit Farb­palette in der Hand. Einige dieser Bilder hängen nun in der Ausstellung „Lotte Laserstein. Von Angesicht zu Angesicht“, die ab 5. April in der Berlinischen Galerie zu sehen sein wird. „Laserstein zeigt souverän ihr Können auf handwerklicher Ebene“, sagt Kuratorin Annelie Lütgens. „Sie war eine Atelierkünstlerin mit protestantischer Arbeitsmoral.“

Im Berlin der Weimarer Republik wurde Lotte Laserstein (1898–1993) zu ihrer eigenen Marke, war im Deutschen Künstlerbund und anderen wichtigen Vereinen vertreten. Ihre realistischen Gemälde waren so erfolgreich, dass sie mit Arbeiten von Max Liebermann und Oskar Kokoschka ausgestellt werden sollten. Doch bevor es dazu kommen konnte, musste die Künstlerin, die nach den antisemitischen Bestimmungen der Nationalsozialisten als jüdisch galt, 1937 auswandern. Sie ging nach Schweden. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet sie in Vergessenheit. Wie konnte das nach solch einer erfolgversprechenden Karriere geschehen?

Doktorarbeit mit Folgen

Lütgens sieht die Antwort in Lasersteins Stil. Die Kunst der Nachkriegszeit wurde immer abstrakter und suchte ihre Berechtigung in dem Geistigen. Doch Laserstein malte weiterhin figürlich-realistisch Menschen im Alltag. Empfehlungen und Mundpropaganda sicherten ihr in Schweden ein Einkommen als Auftragsmalerin. Ausstellungen sollte sie jedoch erst wieder 1987 haben. Laserstein wurde von einer englischen Galeristin zufällig wiederentdeckt, die eigentlich nach Kunst von Lasersteins ehemaligem Professor suchte. „England war schon immer eigen, was den Kunstgeschmack angeht“, sagt Lütgens, „die repräsentative Porträtmalerei hat sich dort eher gehalten als in Deutschland.“

Doch sogar nach Galerieausstellungen in England hat es weitere 16 Jahre gedauert, bis Lasersteins Kunst hierzulande zu sehen war. Maßgeblich dafür war die Dissertation der Kunsthistorikerin Anna-Carola ­Krausse. Sie richtete zudem 2003 eine Ausstellung über Laserstein im Charlottenburger Verborgenen Museum aus, das sich auf vergessene Künstlerinnen spezialisiert hat.

Und das heutige Publikum zeigt, dass es Lotte Laserstein wiederentdecken möchte. Die Ausstellung in der Berlinischen Galerie war zuvor im Frankfurter Städel Museum zu sehen, mit über 100.000 Besuchenden ein Erfolg. Nun kommt sie an den Ort, an dem Lasersteins Karriere begann, und das dank eines erneuten Zufalls: Ein Ausstellungsort in Schweden, an den die Schau wandern sollte, sagte kurzfristig ab, Frankfurt ­fragte daher vor knapp einem halben Jahr bei Lütgens an. Nach ihrer Schau über ­Jeanne Mammen, einer weiteren Künstlerin aus dem Berlin der Weimarer Zeit, konnte Lütgens nicht Nein sagen. Voraussichtlich ganz zur Freude des Publikums in der Hauptstadt.

Berlinische Galerie Alte Jakobstr. 124–128, ­Kreuzberg, 5.4.–12.8., Mi–Mo 10–18 Uhr, 10/ erm. 7 €, 1. Mo/ Monat 6 €, bis 18 J. frei

Anna-Carola Krausse: Lotte Laserstein. Meine einzige Wirklichkeit. Fröhlich & Kaufmann, Berlin 2018, 248 S., 29,90 €

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